Année politique Suisse 1984 : Economie / Politique économique générale / Wettbewerbspolitik
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Konsumentenschutz
Gestützt auf den 1981 neu in die Verfassung aufgenommenen Artikel über den Konsumentenschutz gab der Bundesrat zwei Gesetzesentwürfe in die Vernehmlassung. Der eine betrifft den Ausbau der Konsumenteninformation und will die Voraussetzungen für eine einheitliche Deklaration von Waren und Dienstleistungen schaffen sowie den Konsumentenorganisation für ihre Aufklärungstätigkeit (Tests u.ä.) Bundesbeiträge ausrichten. Mit dem zweiten will die Regierung einige Bestimmungen auf dem Gebiet des Vertrags- und Wettbewerbsrechts zugunsten der Konsumenten abändern. So soll beispielsweise für ausserhalb von Geschäftslokalen abgeschlossene Kaufverträge ein während sieben Tagen geltendes Widerrufsrecht eingeführt werden. Von den angefragten Organisationen sprachen sich diejenigen der Konsumenten und der Arbeitnehmer durchwegs positiv aus. Gemischt fiel demgegenüber die Reaktion der Detaillisten und der Unternehmer aus. Während der Abschnitt über die Verbesserung der Konsumenteninformation nur Teilkritiken herausforderte — so etwa an der Unterstellung der Dienstleistungen unter die Deklarationspflicht — wurde gegen die vorgesehenen vertragsrechtlichen Neuerungen grundsätzliche Opposition angemeldet [32].
Sehr harzig geht es mit der Erarbeitung eines neuen Gesetzes über das Konsum- und Kleinkreditwesen voran. Sechs Jahre nach der Veröffentlichung des Gesetzesentwurfs legte die Ständeratskommission ihrem Plenum einen Gegenentwurf vor. Dieser enthält gegenüber der 1982 vom Nationalrat verabschiedeten Fassung— und erst recht gegenüber dem ursprünglichen Projekt des Bundesrates — einige materielle Entschärfungen. Die wichtigste betrifft die Ausdehnung der höchstzulässigen Laufdauer von 24 auf 36 Monate. An einem Verbot der Kettenverschuldung (Aufnahme von Krediten zur Rückzahlung von früheren Darlehen) möchte hingegen die Kommission festhalten. Obwohl mit dieser auch stilistisch gestrafften Form die meisten Anliegen der Banken und des Gewerbes berücksichtigt waren, zeigte eine starke Minderheit der Standesvertreter gar keine Lust, überhaupt auf dieses Geschäft einzutreten. Sie begründeten ihre Haltung damit, dass sich dank der freiwilligen Regelungen der Banken das Problem entschärft habe. Nötig ist heute ihrer Meinung nach lediglich die Missbrauchsbekämpfung und nicht mehr allgemeine Vorschriften, die einen unverhältnismässigen Eingriff in die Vertragsfreiheit des Einzelnen darstellten. Trotz dieser Argumente entschied sich der Ständerat mit knappem Mehr für den Alternativvorschlag seiner Kommission [33].
 
[32] Presse vom 1.6.84; SGB, 30, 18.10.84; NZZ, 9.11.84 (Konsumenten); wf, Dok., 19,1.84; 10.12.84; Schweiz. Detaillisten-Zeitung, 10, 22.10.84. Vgl. auch SPJ, 1981, S. 62. Die beiden wichtigsten Konsumentenorganisationen (Schweiz. Bund für Konsumentenschutz bzw. Stiftung für Konsumentenschutz) konnten im Berichtsjahr ihr zwanzigjähriges Bestehen feiern (NZZ, 3.4.84 und Presse vom 11.5.84).
[33] Amtl. Bull. StR, 1984, S. 171 ff. ; SPJ, 1978, S. 59 und 1982, S. 62. Vgl. auch Schweiz. Detaillisten-Zeitung, 6, 22.6.84 (contra) und P. Favre, De la nécessité d'une protection sociale en matière du crédit d la consommation, Lucerne 1984 (pro). Für die Banken ist auch eine Höchstlaufzeit von 36 Monaten zu kurz ; zur Zeit weisen 41 % der Kredite eine längere Dauer auf (Schweiz. Bankiervereinigung, Jahresbericht 72/1983-84, S. 66 ff.).