Année politique Suisse 1984 : Economie / Crédit et monnaie
Banken
Die Banken konnten 1984 sowohl auf geschäftlicher als auch auf politischer Ebene Erfolge verzeichnen. Allen fünf Grossbanken gelang es, ihren Reingewinn nochmals massiv zu steigern (Zuwachsraten zwischen 12% und 21 %). Die 71 von der Nationalbank monatlich erfassten Institute erhöhten ihre Bilanzsumme um 10%. Dazu trug neben wechselkursbedingten Bewertungsgewinnen auf Dollarpositionen auch die mit der lebhafteren Wirtschaftstätigkeit anwachsende Kreditvergabe namhaft bei. Auf der Passivseite nahmen infolge des Anstiegs der Geldmarktsätze in erster Linie die Festgeldkonten zu. Auf ähnliche Ursachen lässt sich der ebenfalls starke Volumenanstieg bei den nicht in den Bilanzen erscheinenden Treuhandgeldern zurückführen; hier spielte allerdings auch die Höherbewertung der amerikanischen Währung mit
[11].
Im politischen Bereich stand vorerst die
Volksabstimmung über die Bankeninitiative der SPS im Mittelpunkt des Interesses. Da es sich dabei nach Ansicht der Banken um einen grundlegenden Angriff nicht nur auf ihre eigene Stellung, sondern auf die Wirtschaftsverfassung und die Freiheitsrechte des Einzelnen handelte, erstaunt es nicht, dass der Abstimmungskampf mit grossem personellem und materiellem Einsatz geführt wurde. Dabei kam den Banken zugut, dass sie als wichtige Wirtschaftsbranche ohnehin seit Jahren in den Massenmedien Imagepflege betreiben (z.B. regelmässige Anzeigeseiten in der Presse sowie TV-Spots) und nun auf diesem Weg ihre Meinung zu den vom Volksbegehren aufgeworfenen Fragen verbreiten konnten
[12]. Da sie sich hüteten, die Bankeninitiative in der Fernsehwerbung direkt zu erwähnen — dies wäre gemäss den Statuten des Werbefernsehens unerlaubte politische Propaganda — lehnten das EVED und auch das Bundesgericht eine von der SP eingereichte Beschwerde ab
[13].
Unter den Parteien fand die SP lediglich bei der äusseren Linken und der NA Unterstützung; dazu gesellte sich noch als einziger wichtiger Verband der SGB. In der Abstimmung vom 20. Mai wurde das Begehren
mit 464 637 Ja zu 1 258 964 Nein deutlich abgelehnt
[14]. Eine unmittelbar nach dem Urnengang vorgenommene Analyse auf Befragungsbasis ergab, dass es der SP nicht einmal gelungen war, ihre eigenen Sympathisanten eindeutig für ihren Vorstoss zu erwärmen. Bei den Entscheidmotiven der Befürworter überwog der Wunsch nach einer effektiveren Bekämpfung der Steuerhinterziehung das Interesse an einer Abwehr von sogenannten Fluchtgeldern. Für die Mehrheit der Gegner war die Furcht vor einer Bedrohung der Privatsphäre ausschlaggebend; daneben wurde auch die Gefahr einer Beeinträchtigung schweizerischer Wirtschaftsinteressen relativ häufig erwähnt
[15].
Mit diesem klaren Entscheid waren allerdings die bankpolitischen Auseinandersetzungen keineswegs beendet. Nach der Durchführung eines Vernehmlassungsverfahrens zu einem Expertenentwurf für eine
Totalrevision des Bankengesetzes beschloss der Bundesrat, eine vermutlich rascher realisierbare Teilrevision vorzunehmen. Ein zügiges Vorgehen hält er nicht nur für nötig, um die anlässlich der Behandlung der Bankeninitiative abgegebenen Versprechen einzulösen, sondern auch um bestimmte Mängel in den bestehenden Regelungen auszumerzen. Dabei geht es seiner Meinung nach in erster Linie darum, die Vereinbarung über die Sorgfaltspflicht der Banken bei der Entgegennahme von Geldern ins Gesetz zu überführen sowie mittels neuer Publikationsvorschriften die Transparenz der Bankbilanzen zu verbessern. Ferner soll der Regierung die Kompetenz zur Einführung einer obligatorischen Einlagenversicherung zugestanden werden
[16]. Da allerdings die Banken — die ohnehin eine Totalrevision vorziehen würden — gerade diese Neuerungen bekämpfen, muss doch mit einer recht langwierigen Ausmarchung gerechnet werden
[17].
Auf keine grundlegenden Einwände traf demgegenüber die angestrebte rechtliche Regelung der sogenannten
Insiderproblematik. Durch die Schaffung einer strafrechtlichen Norm würde die Gewährung von Rechtshilfe zugunsten von Staaten ermöglicht, in denen die gewinnbringende
Verwendung von Geschäftsgeheimnissen an der Aktienbörse bereits heute verfolgt wird (beispielsweise USA). In der Vernehmlassung äusserten die Angefragten lediglich Detailkritik am Vorentwurf des EJPD. So wurde namentlich der zivilrechtliche Teil zurückgewiesen; in diesem war davon ausgegangen worden, dass die von den Börsentransaktionen betroffene Gesellschaft — und nicht etwa die uneingeweihten übrigen Aktionäre — als Geschädigte zu betrachten sei. Gefordert wurde im weitern die Ausdehnung des Täterkreises auf Dritte, die vom Verrat von Insiderwissen profitieren (sogenannte Tippees). Der Bundesrat ging auf diese Einwände ein und beauftragte im Herbst das EJPD mit der Ausarbeitung eines Gesetzesentwurfs
[18].
Trotz des guten Geschäftsgangs häuften sich von seiten der Banken die Klagen über eine Gefährdung der Konkurrenzfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz. Als ein immer mehr ins Gewicht fallender Nachteil wurden diverse
steuerliche Belastungen (namentlich die Stempelabgabe auf dem Verkauf von Wertpapieren) ins Feld geführt. Von neutralen Beobachtern wurde zugestanden, dass in den letzten Jahren die Standortvorteile der Schweiz in der Tat relativiert worden seien. Der Grund dafür sei jedoch kaum in einem weniger günstigen Steuerklima zu finden, sondern liege vielmehr bei den Anstrengungen anderer Länder (insbesondere Grossbritanniens) und bei der teilweisen Einschränkung der Geltung des Bankgeheimnisses infolge der Unterzeichnung von Rechtshilfeabkommen bzw. der zwischen den Banken und den USA geltenden Insiderkonvention
[19].
[11] Gewinne: NZZ, 8.3.85. Bilanzen: SNB, Geschäftsbericht, 77/1984, S. 30 ff.
[12] Den Inhalt der Initiative sowie die von beiden Seiten vorgebrachten Argumente haben wir in früheren Jahresberichten ausführlich dargestellt (SPJ, 1982, S. 61 sowie 1983, S. 77 f.). Siehe dazu ferner für die Gegner SKA, Bulletin, Mai 1984 und für die Befürworter SPS, Die Bankeninitiative, Bern 1984 sowie Aktion Finanzplatz Schweiz-Dritte Welt, Argumentendossier, Bern 1984.
[13] Zur Imagewerbung der Banken vgl. TAM, 12.5.84. Beschwerde: Vr, 16.1.84; NZZ, 18.1.84; Bund, 10.3.84 (EVED); TW, 10.4.84; TA, 16.3.85 (Bundesgericht).
[14] Abweichende Parolen kantonaler Parteien: LdU/SG und TG, EVP/BS und AG (Ja); NA/BS (Nein). Der CNG gab keine Empfehlung ab (vgl. Dokumentation im Forschungszentrum für schweiz. Politik, Bern). Resultat: BBl, 1984, II, S. 989 f.; Presse vom 21.5.84.
[15] Vox, Analyse der eidgenössischen Abstimmung vom 20. Mai 1984, Zürich 1984.
[16] NZZ, 5.7.84 ; 7.7.84. Zum Expertenentwurf und zur Vernehnlassung siehe SPJ, 1982, S. 61 und 1983, S. 78. Vgl. ferner O.Stich, «Nach der Abstimmung über die Bankeninitiative », in Documenta, 1984, Nr. 2, S. 12 ff. sowie ders., «Gardinenpredigt an die Schweizer Bankiers», in Rote Revue, 63/1984, Nr. 11, S. 3 ff. Auch die Nationalbank sprach sich für eine zügige Revision aus, da sich bei der Einhaltung des Gentlemen's Agreement über die Sorgfaltspflicht gewisse Ermüdungserscheinungen ausmachen liessen (BaZ, 25.5.84; NZZ, 8.6.84).
[17] Schweiz. Bankiervereinigung, Jahresbericht, 72/1983-84, S. 42 ff. Vgl. ebenfalls SBG, Banken im Spannungsfeld der Politik, Zürich 1984. Als Gegenprojekt zu der von ihnen abgelehnten Einlageversicherung schufen die Banken einen freiwilligen Fonds zur Abdeckung von Gläubigerverlusten (NZZ, 13.1.84; 13.4.84; Schweiz. Bankiervereinigung, Jahresbericht, 72/1983-84, S. 48 f.).
[18] Vorentwurf: SPJ, 1982, S. 61 und 1983, S. 78. Vernehmlassung: Ww, 22.3.84; TA, 3.4.84. EJPD: Presse vom 25.10.84. Mit der Einreichung eines Rechtshilfegesuches der USA gegen eine Zürcher Finanzgesellschaft wurde die Aktualität dieses Themas erneut illustriert. In einem früheren Fall hatte das Bundesgericht die Gewährung von Rechtshilfe gutgeheissen, da hier der auch in der Schweiz strafbare Tatbestand des Verrats von Geschäftsgeheimnissen vorlag (NZZ, 24.7.84; BaZ, 25.7.84; Bund, 19.12.84).
[19] Banken : NZZ, 18.10.84; 7.11.84 ; TA, 7.11.84; Rainer E. Gut, «Der Schweizer Finanzplatz im Wandel», in Schweizer Monatshefte, 64/1984, S. 111 ff.; vgl. auch die Motion Feigenwinter (cvp, BL) in Verh. B vers., 1984, V, S. 45. Analysen: Bund, 16.9.84; Ch. F. Puhr, «Franc suisse et marché international des capitaux», in Revue économique et sociale, 42/1984, S. 103 ff.
Copyright 2014 by Année politique suisse
Ce texte a été scanné à partir de la version papier et peut par conséquent contenir des erreurs.