Année politique Suisse 1984 : Chronique générale / Finances publiques
 
Finanzausgleich
Der bundesstaatliche Finanzausgleich ruht auf drei Säulen: der Abstufung der Bundesbeiträge nach der Finanzkraft der Kantone, der differenzierten Verteilung der Kantonsanteile an der direkten Bundessteuer sowie an der Verrechnungssteuer und der Berücksichtigung der Finanzkraft bei der Bemessung der Kantonsbeiträge an die Sozialwerke des Bundes. Da von den erwähnten Sparmassnahmen des Bundes die Aufgabenneuverteilung und das Anschlussprogramm die finanzschwächeren Kantone relativ stärker betreffen als die -stärkeren, schuf der Bundesrat bei diesen zwei Vorlagen einen gewissen Finanzausgleich. Im Aufgabenneuverteilungspaket beantragte er eine Revision des Bundesgesetzes über den Finanzausgleich unter den Kantonen. Nachdem der Ständerat bereits 1982 diesem Vorschlag zugestimmt hatte, genehmigte ihn im Berichtsjahr auch die grosse Kammer. Somit wurde die Finanzausgleichsquote, d.h. der für den Ausgleich bestimmte Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer, von 7,5 auf 13% angehoben, wobei mindesténs 10% für den normalen Finanzausgleich und höchstens 3% für die Kompensation von Härtefällen im Zusammenhang mit der Aufgabenneuverteilung zu verwenden sind. Das Anschlussprogramm trägt den Anliegen des Finanzausgleichs Rechnung, indem es die Beitragssätze des Bundes an gewisse Kantonsaufgaben differenziert herabsetzt: Einerseits werden die Sätze für bestimmte Aufgabenbereiche um grundsätzlich 5 Prozentpunkte reduziert, was Kantone mit hohen Sätzen bevorteilt, anderseits werden die Höchstsätze der Bundesbeiträge bei finanzschwachen Kantonen für gewisse Aufgaben nicht gekürzt und die Mindestsätze bei finanzstarken Kantonen stärker gesenkt [21].
Die vorberatende Kommission des Ständerates behandelte den Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Steuerharmonisierung in einer ersten Lesung. Sie schloss sich weitgehend dem bundesrätlichen Vorschlag an, so namentlich in der Frage der Familienbesteuerung, an der festzuhalten sei, und bezüglich des Übergangs zur jährlichen Gegenwartsbesteuerung. Die Einführung einer Beteiligungsgewinnsteuer oder anderer Formen der Belastung von Kapitalgewinnen auf dem beweglichen Privatvermögen wurde hingegen verworfen. Die Kommission begann ferner mit der Beratung des mit derselben Botschaft veröffentlichten Entwurfs zu einem Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer [22]. Der Bundesrat legte sodann einen Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Anpassung der direkten Bundessteuer an das Bundesgesetz über die berufliche Vorsorge vor. Danach sollen Beiträge an die zweite Säule bei der direkten Bundessteuer vollumfänglich abziehbar sein; im Gegenzug aber wären spätere Vorsorgeleistungen ganz zu versteuern. Der Ständerat hiess die Vorlage als Erstrat im wesentlichen gut [23].
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W.S.
 
[21] Bundesgesetz über den Finanzausgleich: BBl, 1984, III, S. 75 ff.; Amtl. Bull. NR, 1984, S. 132 ff.; 1460; NZZ, 13.3.84; vgl. auch oben, Teil I, 1d (Bund und Kantone) und SPJ, 1982, S. 76 f. Finanzausgleich im Anschlussprogramm : BBl, 1984, I, S. 1292 ff. ; Vat., 25.4.84 ; siehe auch oben (Sparmassnahmen). Ein Vorstoss von NR Biel (ldu, ZH), der die Verteilung von Bundessubventionen an die Kantone von deren Ausschöpfung der Steuerkapazitäten abhängig machen wollte, wurde vom Rat abgelehnt. Bürgerliche Vertreter und Vertreterinnen werteten diesen Vorstoss als Versuch, über das Subventionssystem eine materielle Steuerharmonisierung in den Kantonen durchsetzen zu wollen (Amtl. Bull. NR, 1984, S. 959 ff.; BaZ, 23.5.84; Presse vom 22.6.84; W. Biel in TA, 17.7.84; V. Spoerry (fdp, ZH) in TA, 19.7.84). Zu den 1983 unter den Kantonen verteilten Beträgen siehe Gesch.ber., 1984, S. 223 ff.; wf, Kurzinformationen, 48, 26.11.84. Einnahmen der Kantone aus Bundesquellen im Jahre 1983: Die Volkswirtschaft, 57/1984, S. 759 ff. ; NZZ, 28.11.84; wf, Dok., 52, 24.12.84. Zum innerkantonalen Finanzausgleich : E. Buschor u.a. Neue Finanzpolitik der Kantone, Bern 1984, S. 47 ff.
[22] StR-Kommission: TA, 11.1.84; LNN, 24.1.84; NZZ, 24.1.84; 25.2.84; 14.4.84; 30.10.84. Allgemein zur Steuerharmonisierung: SGT, 4.1.84; NZZ, 14.1.84; 28.3.84; 18.4.84; 18.7.84; 7.8.84; wf, Dok., 7, 13.2.84; Bund, 12.12.84; F. Zuppinger, Die Steuerharmonisierung, Zürich 1984; ders. u.a. : Steuerharmonisierung — Probleme der Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden, Bern 1984. Siehe auch oben, Teil I, 4a (Strukturpolitik) und SPJ, 1983, S. 93.
[23] BBl, 1984, II, S. 725 ff.; Amtl. Bull. StR, 1984, S. 730 ff.; BaZ, 2.5.84; 14.12.84. Vgl. auch unten, Teil I, 7c (Prévoyance professionnelle).