Année politique Suisse 1984 : Enseignement, culture et médias / Enseignement et recherche / Hochschulen
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Stipendienwesen
Die Diskussion über das Stipendienwesen wurde auch 1984 hauptsächlich im Zusammenhang mit der Neuverteilung der Aufgaben zwischen Bund und Kantonen geführt. Eine bürgerliche Mehrheit im Nationalrat genehmigte den Bundesbeschluss über die Ausbildungsbeiträge; in Abweichung von der kleinen Kammer wurde jedoch die Übergangsfrist bis 1989 verlängert. Danach sollten, die Zustimmung von Volk und Ständen vorbehalten, die Stipendien ab 1989 wieder ganz unter kantonaler Hoheit stehen. Diese Streichung der eidgenössischen Ausbildungsbeiträge betraf nicht allein die Studierenden an den Hochschulen, sondern auch Mittelschüler und Lehrlinge [36]. In einem «Komitee für gerechte Stipendien» schlossen sich Jugend- und Studentenverbände zusammen und opponierten mit der politischen Linken und den Grünen gegen die Kantonalisierung der Stipendien: Sie forderten die Weiterführung der Bundesbeiträge und ein Rahmengesetz, welches die kantonalen Unterschiede mindern soll. Bemängelt wurde ferner, dass sich Gesamtsumme und durchschnittliches Stipendium pro Empfänger von 1972 bis 1982 real verkleinert haben. Ursachen für diese «kalte Regression» sind der fehlende Teuerungsausgleich und die fehlende Angleichung der Berechnungsgrundlagen für Stipendien an die Inflation. Die Tendenz, anstelle von Stipendien Darlehen zu gewähren — wie sie deutlich in den Kantonen Freiburg, Neuenburg, Nidwalden, Solothurn und Tessin feststellbar ist —, erachteten die erwähnten Kreise nicht nur für sozial ungerecht, sondern auch für finanzpolitisch sinnlos [37].
Die Befürchtung, dass durch das Wegfallen der eidgenössischen Ausbildungsbeiträge vor allem jene Kantone in Bedrängnis geraten würden, deren Stipendien bisher bis zu 60% vom Bund subventioniert worden waren, sahen die Gegner des Bundesbeschlusses bei der Revision verschiedener kantonaler Stipendiengesetze in Ansätzen schon bestätigt. Nachdem der Kanton Tessin 1981 ein restriktives Stipendiengesetz erlassen hatte, legte nun der jurassische Regierungsrat einen Gesetzesentwurf vor, nach welchem all jene Studierenden, die nicht innerhalb von 5 Jahren nach Studienabschluss im Kanton Jura arbeiten, die Ausbildungsbeiträge zurückbezahlen müssen. Weniger aus finanzpolitischen Erwägungen als aus einer fremdenfeindlichen Grundhaltung heraus ergriff die Nationale Aktion des Kantons Zürich das Referendum gegen den Beschluss des Kantonsrates, den Stipendienfonds zugunsten ausländischer Studierender und Mittelschüler um 400 000 Fr. zu äufnen [38].
 
[36] BBl, 1984, III, S. 12 ff. Amtl. Bull. NR, 1984, S. 59 ff.; Amtl. Bull. StR, 1984, S. 443. Presse vom 8.3.84 ; Vr, 16.3.84; PZ, 11, 15.3.84; Vorwärts, 32/33, 9.8.84. Die Studierenden machten 1983 21,3% aller Stipendienbeziehenden aus und erhielten 32,9 % der ausgeschütteten Summe; auf die Lehrlinge entfielen im selben Jahr 25,3% der Bezüge und 16% der verteilten Stipendien. Ein durchschnittliches Hochschulstipendium betrug beispielsweise im Kanton FR 1595 Fr., in BS hingegen 5372 Fr. (wf, Dok., 6, 11.2.85).
[37] Komitee für gerechte Stipendien: Presse vom 3.3.84; VSS/UNES, Aktuell, 1984, Nr. 5, S. 5 ff.; SGB, 8, 8.3.84, S. 78. Die beiden Räte lehnten ferner die Petition des VSS «gegen Subventionsabbau — für gerechte Stipendien» ab (Amtl. Bull. NR, 1984, S. 82 ff.; Amtl. Bull. StR, 1984, S. 588; TA, 9.3.84). Vgl. ferner die Arbeitstagung des VSS über Stipendien : VSS/UNES, Aktuell, 1984, Nr. 6, S. 5 ; Stipendiendokumentation, 20.6.84 (mit Tabellen im Anhang). Siehe auch SPJ, 1983, S. 169 sowie oben, Teil I, 1d (Confédération et cantons).
[38] Kantonale Stipendiengesetze: Tessin (VSS/UNES, Stipendiendokumentation, 20.6.84, S. 4). Jura (TLM, 6.1.84; 7.2.84; VO, 2.2.84; FAN, 8.12.84). Solothurn (SZ, 24.1.84; 20.2.84; 23.11.84). Zug (Vat., 6.2.84; 20.2.84; 24.2.84; 16.3.84; 26.4.84; 1.5.84; 4.5.84; 5.5.84; 15.9.84; LNN, 8.2.84; 24.2.84; 26.4.84; NZZ, 5.5.84). Vgl. auch die übrigen Revisionen der Stipendiengesetze in BS (BaZ, 25.1.84), BL (BaZ, 6.8.84; 14.11.84), NW (Vat., 7.1.84; 30.4.84; 18.5.84) und UR (LNN, 1.2.84; 6.7.84; Vat., 1.2.84; 12.12.84). NA-Referendum in Zürich: NZZ, 23.10.84; 11.12.84; TA, 23.10.84; Vr, 23.10.84; Volk+Heimat, 15, Nov. 84. Vgl. auch SPJ, 1975, S. 175; 1983, S. 169.