Année politique Suisse 1984 : Enseignement, culture et médias / Médias
Presse
Bemühungen um eine staatliche Förderung der Presse kamen 1984 nicht voran. Die entsprechende Vorlage wurde von den Räten, obwohl mehrmals traktandiert, noch nicht behandelt. Die im Vorjahr von der Nationalratskommission vorgelegte, Version stiess bei der Studiengruppe für Medienpolitik der CVP auf Zustimmung, beim analogen Gremium der FDP jedoch auf Ablehnung. Von einem Presseförderungsartikel macht sich namentlich auch die SP-Presse Hoffnungen, denn von ihren deutschsprachigen Tageszeitungen ist keine finanziell voll gesichert. Die Zukunftsaussichten von «Freier Aargauer/Volksrecht» erschienen als ungewiss, die «Winterthurer AZ» konnte nur in letzter Minute durch Übernahme des Geschäftsrisikos durch die «Schaffhauser AZ» gerettet werden, und die «Thurgauer AZ» musste schliesslich auf Ende Jahr ihr Erscheinen einstellen; sie wird 1985 als Wochenzeitung weitergeführt werden. Aus wirtschaftlichen Gründen sah sich zudem der «Schwyzer Demokrat» als Organ der SP des Kantons Schwyz zu einer Öffnung gezwungen.
Unruhe in die Presselandschaft brachte der Beschluss des PTT-Verwaltungsrates, die Briefpost — und damit auch die Zeitungen — ab Mitte 1986 überall nur noch einmal täglich zuzustellen. Bei der Beratung des PTT-Budgets 1985 genehmigten die eidgenössischen Räte bei der Behandlung der Personalbegehren 150 Stellen nur mit der zwingenden Auflage, dass die Austragung sämtlicher Zeitungen im ganzen Land am Erscheinungstag, allenfalls auch durch Nachverteilung, gewährleistet sein müsse
[3].
Im personellen und redaktionellen Bereich der Zeitungen interessierte namentlich der Rücktritt des langjährigen Chefredaktors des «Bund», Paul Schaffroth. Er wurde durch Hans Stark ersetzt. Die Lausanner Tageszeitung «Tribune-Le Matin» erschien ab dem Frühjahr mit einem geänderten redaktionellen Konzept als «Le Matin» und mit dem Anspruch, zur führenden welschen überregionalen Tageszeitung zu werden. Dazu sucht sie vor allem den Durchbruch in Genf, wo «La Suisse» dominierend ist. Als neues Phänomen überraschte im übrigen eine gewisse Tendenz zu Zahlenspielen à la Bingo oder Gratisverlosungen von Autobahnvignetten auch bei sogenannt seriösen Blättern, d.h. zu Methoden, die als Leserbindungsaktionen eigentlich für die Boulevardpresse typisch sind
[4].
[3] Vorlage der NR-Kommission (vgl. SPJ, 1983, S. 178): BBl, 1984, I, S. 603 ff.; NZZ, 3.3.84. Reaktionen: NZZ, 27.7.84; 3.12.84; 4.12.84. SP-Presse: AT, 20.1.84; 29.10.84; Vr, 20.1.84; 29.5.84; 29.6.84; 3.12.84; SGT, 31.3.84; 30.4.84; 29.6.84; NZZ, 3.5.84; 24.11.84; TA, 29.6.84; 20.11.84; 1.12.84; TW, 20.11.84; 29.11.84; 20.12.84; Vat., 23.11.84. PTT-Beschluss und -Budget: NZZ, 22.9.84; 28.9.84; 6.10.84; 20.10.84; 10.11.84; 30.11.84; 4.12.84; 12.12.84; die PTT erbringt im übrigen — gemäss Budget 1985 — gemeinwirtschaftliche Leistungen in der Höhe von 370 Mio Fr., die vom Bund nicht abgegolten werden, vgl. Vat., 27.10.84.
[4] «Der Bund»: Bund, 26.4.84. «Le Matin»: NZZ, 3.4.84; 10.4.84; JdG, 6.4.84; Bund, 7.4.84; LM, 9.4.84; 24 Heures, 10.4.84. Bingo etc.: praktiziert von Suisse und BaZ, Gratisvignetten von SZ; vgl. Vr, 6.11.84 ; SZ, 27.11.84. Publikationen allgemeiner Art zu Pressefragen: J. Bürgi (Hrsg), Blick. Immer dabei! Die tägliche Inszenierung des gesunden Volksempfindens, Basel 1984; U. Nussberger, Das Pressewesen zwischen Geist und Kommerz, Konstanz 1984; M. Baettig, Jean-Claude Nicole, l'éditeur aux mille défis, Lausanne 1984.
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