Année politique Suisse 1985 : Chronique générale / Défense nationale
 
Waffenplätze
Die jährliche Kreditvorlage für die militärische Infrastruktur enthielt erneut keine Grossvorhaben. Verschiedene Projekte ergaben sich als Folge von Rüstungsbeschaffungen; neu waren Lärmschutzmassnahmen auf dem Waffenplatz Thun. Das Parlament genehmigte die Summe von 333 Mio Fr. (1984: 279 Mio Fr.) ohne Opposition [31].
Um das Waffenplatzprojekt Rothenthurm wurde weiterhin in einem juristischen Kleinkrieg gerungen, wie ihn das EMD bei entsprechenden Vorhaben noch nie hatte durchfechten müssen. Den Gegnern ging es vor allem um Zeitgewinn, damit vor der Volksabstimmung über ihre Initiative keine vollendeten Tatsachen 'geschaffen werden könnten. Nachdem das Bundesgericht in einer Reihe von Verfahrensfragen zu ihren Ungunsten entschieden hatte, schützte es im Sommer einen Entscheid der zuständigen Eidgenössischen Schätzungskommission, die das Gesuch des EMD um eine vorzeitige Besitzergreifung von einem Teil des beanspruchten Geländes abgelehnt hatte. Massgebend war dafür die Tatsache, dass die vom Enteigner beabsichtigten Bauten — Kaserne und Versuchswegstrecke — den Moorboden so stark beschädigen würden, dass er im Fall einer späteren Verhinderung des Projekts nicht mehr wiederherzustellen wäre. Die Fortsetzung der Arbeiten wurde damit erheblich eingeschränkt. Schon zuvor hatte das EMD sämtliche gegen die Enteignung erhobenen Einsprachen abgewiesen. Das Bundesgericht bestätigte ihm die formelle Befugnis dazu, worauf die Waffenplatzgegner gegen die materielle Rechtmässigkeit der Enteignung, also gegen deren Zweck, Beschwerde einreichten [32].
Im Herbst nahm der Bundesrat zur Volksinitiative Stellung, welche die Moore unter besonderen Schutz stellen will und in einer rückwirkenden Übergangsbestimmung den Abbruch allfälliger militärischer Bauten im Rothenthurmer Hochmoor verlangt. Er beantragte, das Begehren abzulehnen, zugleich aber durch eine Gesetzesrevision den Bundesschutz der Biotope zu verstärken [33].
Einem ernsthafteren Konflikt näherten sich auch die Auseinandersetzungen um den Ausbau des Waffenplatzes Bière (VD) für die Ausbildung an den neuen Panzerhaubitzen. 1980 hatte die Waadtländer Regierung der Anlage von über 100 betonierten Schiessplattformen rund um den Mont-Tendre zugestimmt, doch vor allem in der Vallée de Joux wandte sich ein Teil der Bevölkerung gegen das Vorhaben, wobei namentlich die zu erwartenden Landschaftsschäden und Lärmimmissionen geltend gemacht wurden. Nachdem das EMD bereits einen Teil seines Projekts hatte realisieren können, erregten seine ungewohnten Landerwerbungsmethoden 1985 neuen Unmut. Die Gegner organisierten eine Massenpetition und drohten für den Fall einer Fortsetzung der Bauarbeiten mit Widerstandsaktionen [34].
Die Zentralstelle für Gesamtverteidigung beschäftigte sich ganz allgemein mit dem Verhältnis zwischen Sicherheitspolitik und Umweltschutz und legte entsprechende Studien von Sachverständigen für ökologische Fragen vor. Darin wurde betont, dass Verteidigungsfähigkeit wie Verteidigungswille durch eine fortgesetzte Umweltzerstörung beeinträchtigt würden. Anderseits wurde ein umfassendes Umweltschutzkonzept für das Verhalten der Armee postuliert [35].
 
[31] BBl, 1985, I, S. 1257 ff.; Amtl. Bull. StR, 1985, S. 394 ff.; Amtl. Bull. NR, 1985, S. 2065 ff., 2210 ff.; BBl, 1986, I, S. 77 ff.
[32] Einsprachen und Beschwerden : TA, 1.2.85 ;10.7.85 ; Vat., 12.3.85 ; LNN, 10.7.85. Entscheid über vorzeitige Besitzergreifung: Presse vom 6.9.85. Vgl. SPJ, 1984, S. 58 f. Die Opposition gegen den Waffenplatz kam auch in parlamentarischen Vorstössen zum Ausdruck (Motion, Interpellation und Postulat Müller, gp, ZH: Verhandl. B.vers., 1985, IV, S. 65).
[33] BBl, 1985, II, 5.1445 ff. Vgl. dazu unten, Teilt 6d (Natur- und Heimatschutz).
[34] 24 Heures, 3.5.85 ;19.9.85; 22.10.85 ; BZ, 14.5.85; Vat., 20.9.85. Vgl. auch Interpellation Gloor (sp, VD) im NR (Amtl. Bull. NR, 1985, 5.1853 f.), ferner SPJ, 1981, S. 51. Zu den Panzerhaubitzen vgl. SPJ, 1979, S. 58 f.
[35] Vgl. E. Ledergerber / S. Mauch, Globale Zukunftsprobleme und ihre Auswirkungen auf die Sicherheit der Schweiz. Szenarien über mögliche wirtschaftlich-ökologische Bedrohungen und Ansätze für eine umfassende Sicherheitspolitik, Bern 1985 und A. Mohr, Sicherheitspolitik und Umweltpolitik. Bemerkungen zum Verhältnis von zwei Politikbereichen, Bern 1985 (beide hg. v. d. Zentralstelle für Gesamtverteidigung).