Année politique Suisse 1985 : Economie / Politique économique générale
 
Konjunkturpolitik
Die befriedigende Konjunkturlage erlaubte es den zuständigen Behörden, ihre im wesentlichen auf die Erhaltung einer relativen Preisstabilität ausgerichtete Konjunkturpolitik fortzuführen. Die Ausdehnung der bereinigten Notenbankgeldmenge blieb mit 2,2% unter den ursprünglich als Richtwert angegebenen 3%. Sie näherte sich damit jener Grösse von 2% an, welche die Behörden über längere Zeit einhalten möchten, um eine Übereinstimmung von realem Wirtschaftswachstum und Geldmengenexpansion zu erreichen. Für das Jahr 1986 peilt die Nationalbank im Einvernehmen mit dem Bundesrat ein Geldmengenziel von rund + 2% an. Die noch verbleibende Arbeitslosigkeit ist gemäss übereinstimmender Meinung von Bundesrat und Fachleuten struktureller Art und kann mit nachfrageorientierten Interventionen wie staatlichen Beschäftigungsprogrammen nicht dauerhaft beseitigt werden [9].
Als präventives Instrument zur Bekämpfung von wirtschaftlichen Krisen stand im Parlament der Vorschlag des Bundesrates für eine Neufassung dès Bundesgesetzes über die Bildung von steuerbegünstigten Arbeitsbeschaffungsreserven zur Debatte. Mit dieser Revision soll die seit 1951 gültige Regelung, die es den Unternehmen erlaubt, einen Teil des Reingewinns mit Steuervorteilen für schwierige Zeiten zurückzulegen, attraktiver gestaltet werden. Die Vorlage fand in beiden Kammern gute Aufnahme. Umstritten war allerdings die Klausel, die es dem Bundesrat erlaubt hätte, dem Parlament nötigenfalls, d.h. bei zu geringen Einlagen, ein Obligatorium für Betriebe mit mehr als 100 Mitarbeitern zu beantragen. Die Fraktionen der FDP, der SVP und der Liberalen opponierten dieser von den Unternehmerverbänden strikte abgelehnten Kompetenzeinräumung. Hinter den Bundesrat stellten sich die Linke und die kleinen Parteien der Mitte, während die CVP — wie übrigens auch in andern wirtschaftspolitischen Fragen — gespalten war. Im Nationalrat obsiegten zwar zunächst die Befürworter, nachdem sich aber die Ständekammer mit deutlichem Mehr gegen Vorkehren zur allfälligen Einführung eines Obligatoriums ausgesprochen hatte, fügte sich die Mehrheit der Volksvertreter diesem Entscheid. Die untere Grenze für die Begünstigungsberechtigung wurde etwas flexiblèr gestaltet, indem die Kantone berechtigt sind, diese mit dem Einverständnis des Bundesrates von 20 auf 10 Mitarbeiter zu reduzieren. Im Interesse der Unternehmer liegt ebenfalls die Erhöhung der Obergrenze der gesamten Einlagen von 10 auf 20% (bei besonders kapitalintensiven Unternehmen 30%) der jährlichen Lohnsumme. Die Botschaft sah vor, dass die Freigabe der Reserven nicht erst im Krisenfall, sondern bereits bei drohenden Schwierigkeiten präventiv fir strukturverbessernde Investitionen erfolgen kann. Das Parlament erweiterte diesen Paragraphen in dem Sinn, dass für Branchen (nicht aber für einzelne Unternehmen, wie zuerst vom Ständerat beschlossen) die Bewilligung für die; Reserveauflösung auch bei einem ausgewiesenen aussergewöhnlichen Investitionsbedarf erteilt werden kann [10].
 
[9] Geldmenge: SNB, Geschäftsbericht, 78/1985, S. 25 ff.; siehe auch unten, Teil I, 4b (Geldmenge). Beschäftigungsprogramme: BR Furgler in Amtl. Bull. NR, 1985, S. 1293 f.
[10] Amtl. Bull. NR, 1985, S. 580 ff., 673 ff., 1932 ff. und 2275; Amtl. Bull. StR, 1985, S. 481 ff., 676 f. und 770; BBl, 1986, I, S. 61 ff. Zur Botschaft siehe SPJ, 1984, S. 64 f. Wirtschaft: Schweiz. Handels- und Industrie-Verein (Vorort), Jahresbericht, 114/1984-85, S. 90 f.; NZZ, 10.9.85.