Année politique Suisse 1985 : Economie / Politique économique générale / Wettbewerbspolitik
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Detailhandel
Die Volkskammer befasste sich als Erstrat mit dem Bundesgesetz über den unlauteren Wettbewerb (UWG). Es geht dabei grundsätzlich um die Überarbeitung der in manchen Teilen veralteten Vorschriften aus dem Jahre 1943. Gleichzeitig wird aber von den kleinen Detailhändlern an diese Revision die Erwartung geknüpft, dass in die Vorlage wirksame Bestimmungen zu ihrem Schutz gegen die Konkurrenz der grossen Ladenketten eingebaut werden. Hauptstreitpunkt während der Beratungen war denn auch die Frage, in welchem Mass aus strukturpolitischen Motiven die Handels- und Gewerbefreiheit eingeschränkt werden darf. Insbesondere bürgerliche Politiker sahen sich dem Dilemma ausgesetzt, für einmal zugunsten der Einschränkung der wirtschaftlichen Freiheit durch den Staat plädieren zu müssen. Ein Nichteintretensantrag von W. Biel (l du, ZH) wurde indessen deutlich (121 : 11) abgelehnt. Ein vom gewerblichen Detailhandel sehr hoch eingeschätztes Element zur Verbesserung seiner Position bilden die Bestimmungen über die Lockvogelpreise. Mit knappem Mehr beschloss der Rat auf Antrag der Minderheit der vorberatenden Kommission, dass der unerlaubte Tatbestand bereits dann erfüllt sei, wenn Waren in der Werbung systematisch unter dem Einstandspreis angeboten werden; eine Täuschung des Konsumenten über die Leistungsfähigkeit des Anbieters brauche damit nicht verbunden zu sein. Entgegen dem Antrag des Bundesrats lehnte die Volkskammer im weitem die teilweise Liberalisierung der Ausverkaufsordnung ab. Obwohl in der heutigen Praxis der Vollzug dieser Vorschriften sehr erschwert ist und sich der gewerbliche Detailhandel selbst oft nicht daran hält, soll die kantonale Bewilligungspflicht auch für befristete Verkaufsaktionen (sogenannte Sonderverkäufe) beibehalten werden [22]. Die Vertreter der kleinen Detailhändler zeigten sich vom Ausgang der Verhandlungen sehr befriedigt. Anders lautete der Kommentar ihrer Konkurrenten. Migros und Coop kritisierten das UWG in der vom Nationalrat verabschiedeten Form als unerträgliche Einschränkung des freien Wettbewerbs und bezeichneten die Bestimmungen über die Lockvogelpreise als polizeiliche Mindestpreisvorschrift; der drittgrösste Lebensmitteldetailist, Denner, drohte gar mit dem Referendum [23].
 
[22] Amtl. Bull. NR, 1985, S. 813 W. Zum erwähnten Dilemma bürgerlicher Politiker vgl. beispielsweise NR Eisenring (cvp, ZH) in Amtl. Bull. NR, 1985, S. 858 und wf, Dok., 23, 10.10.85.
[23] Schweiz. Detailisten-Zeitung, 5, 28.5.85 ; 6/7, 25.6.85 ; SGB, 18, 13.6.85 ; E. Nobel-Rüefli, «Die Erosion des Wettbewerbs», in Die Volkswirtschaft, 58/1985, S. 481 f. Vgl. auch SPJ, 1983, S. 72 und 1984, S. 69.