Année politique Suisse 1985 : Economie / Agriculture / Tierische Produktion
Die eidgenössischen Räte verabschiedeten eine Teilrevision des
Milchwirtschaftsbeschlusses (MWB) 1977. Danach werden Bauern, welche über ihr Kontingent hinaus Milch abliefern, künftig mit einem Abzug in der Höhe von 80-85% des Milchpreises bestraft; bisher hatte dieser 40-60 Rp. pro kg Milch betragen. Die Änderung, welche von den Finanzkommissionen beider Räte angeregt worden war, beschränkte sich auf den finanziellen Aspekt einer Entlastung der Milchrechnung; von einer Differenzierung des Strafabzuges im Verhältnis zu den Produktionskosten wurde abgesehen. Der Bundesbeschluss trat bereits auf das Milchjahr 1985/86 in Kraft. Auf eine Änderung des MWB 1977 zugunsten der kleinen und mittleren Bauernbetriebe zielte die als P4stulat überwiesene Motion Nef (fdp, SG) für die Milderung der Einkommensdisparität in der Landwirtschaft ab
[7]. Der in die Vernehmlassung geschickte Entwurf zu einem neuen MWB, der die geltende Ordnung 1987 abzulösen hat, hielt grundsätzlich am System der einzelbetrieblichen Milchkontingentierung fest und trug den vom Parlament angeregten oder beschlossenen Anderungen des MWB 1977 Rechnung. Eine Grundpreisdifferenzierung nach Ablieferungsmenge, wie sie die kleinen und mittleren Bauern immer wieder fordern, wurde zugunsten einer «Erlösstaffelung» abgelehnt : So sollte die Freimenge auf 20 000 kg (im Talgebiet) resp. 35 000 kg (in der voralpinen Hügelzone und im Berggebiet) angehoben und der Rückbehalt für Produzenten mit einer Jahresmilchmenge von über 80 000 kg resp. 200 000 kg gestaffelt erhöht werden. Als Pendant zur Aufstockung der Freimengen schlug der Entwurf eine Vergrösserung der Aufwandsbeteiligung der Produzenten (Rückbehalt) von 2 auf 3 Rp. je kg Milch vor. Weitergeführt werden sollten zudem die 1985 beschlossenen Massnahmen gegen jene Produzenten, welche ihr Kontingent überziehen, und diejenigen für eine restriktivere Handhabung des genossenschaftlichen Ausgleichs. Im Vernehmlassungsverfahren wurde die Beibehaltung der Milchkontingentierung von sämtlichen Kantonen und von zahlreichen Verbänden begrüsst. Enttäuscht zeigten sich die VKMB und die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Bergbevölkerung (SAB), welche eine vermehrte Erlösdifferenzierung zugunsten der Klein- und Bergbauern wünschten; auch die SPS erachtete einen Strukturwandel in dieser Richtung für notwendig. Konsumentenverbände und der SGB wiederum plädierten für eine Reduktion der Gesamtproduktion und eine massive Erhöhung des Rückbehalts, während Umweltschutzkreise vor schlugen, die Milchkontingente aufgrund der betriebseigenen Futterbasis zu verteilen
[8].
Das EVD entschied im Konflikt zwischen dem Aargauischen Milchverband und einer Molkerei im aargauisch-solothurnischen Grenzgebiet, bei der 1984 der Grossverteiler Denner AG die Mehreitsbeteiligung übernommen hatte und seither den Mitgliedern der VKMB pro Liter abgelieferter Milch 5 Rp. mehr zahlt: Jene Bauern, die sich — mit Unterstützung durch den Aargauischen Milchverband — weigerten, diese Molkerei zu beliefern, dürfen nicht zu einer benachbarten Molkerei wechseln. Das Bundesgericht lehnte die aufschiebende Wirkung einer Verbandsbeschwerde der boykottierenden Bauern ab, ohne aber zum erhöhten Milchpreis für VKMB-Mitglieder Stellung zu nehmen
[9].
[7] Amtl. Bull NR, 1985, S. 506 f, 1069 f., 1513, 1551, 1577 und 1860; Amtl. Bull. StR, 1985, S. 273 f., 496 f. und 608; BBl, 1985, II, S. 989 und 1337; Presse vom 5.6.85; 18.6.85; 15.8.85; 19.9.85; 26.9.85; vgl. auch SPJ, 1984, S. 92 f. Die Motionen, welche von den milchproduzierenden Organisationen angeregt wurden, waren auch Bestandteil der Eingabe des SBV an den BR zur Einkommenssicherung. Differenzierung des Strafabzugs: Amtl. Bull. NR, 1985, S. 1577; Amtl. Bull. StR, 1985, S. 273. Motion Nef: Amtl. Bull. NR, 1985, S. 502 ff.
[8] LID, Pressedienst, 1401, 12.7.85; Presse vom 12.7.85; IBZ, 34, 23.8.85; 35, 30.8.85; Union, 9, 4.9.85. Vgl. auch TA, 22.2.85; Amtl. Bull. NR, 1985, S. 1258 f. Vernehmlassung: IBZ, 43, 25.10.85; LID, Pressedienst, 1417, 1.11.85; TW, 7.12.85; LNN, 30.12.85; Gnueg Heu dune!, 1985, Nr.9. Vgl. auch SPJ, 1977, S.89; 1984, S.92f.
[9] AT, 21.3.85; 16.8.85; 25.10.85; LID, Pressedienst, 1404, 2.8.85; 1416, 25.10.85; NZZ, 23.8.85. Siehe auch SPJ, 1984, S. 93.
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