Année politique Suisse 1985 : Chronique générale / Finances publiques
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Im Bereich der
Sparmassnahmen musste der Souverän 1985 über verschiedene Entlastungsvorschläge zugunsten der Bundeskasse entscheiden. Vom 1. Paket der
Aufgabenneuverteilung zwischen Bund und Kantonen
unterstanden drei der elf vom Parlament bereits beschlossenen Massnahmen dem obligatorischen Referendum : die Aufhebung der Bundesbeiträge an den Primarschulunterricht, an das Gesundheitswesen und an die Stipendien der Kantone. Die
ersten beiden waren — ausgenommen seitens der kleineren Linksparteien — als Bagatellsubventionen in der Höhe von insgesamt 2,7 Mio Fr.
unbestritten und wurden in der Volksabstimmung vom 10. März mit 58,5% resp. 53% Ja-Stimmen angenommen. Der Bundesbeschluss über die Aufhebung der
Beiträge an die Stipendien (in der Höhe von 70-90 Mio Fr.) fand hingegen keine Zustimung: Volk und Stände befürchteten mehrheitlich, dass der Rückzug des Bundes aus dem Stipendienwesen in einigen Kantonen einen Abbau der Stipendien bewirken würde, und
lehnten die Vorlage mit 52,4% Nein-Stimmen ab. Nachdem bereits das Parlament 1984 einzelnen Massnahmen des 1. Pakets nicht oder nur teilweise zugestimmt hatte (Wohnbauförderung, Strafvollzug), erfuhr mit der Verwerfung der Stipendienvorlage das Projekt der Aufgabenneuverteilung einen weiteren Rückschlag, und das angestrebte Ziel einer Entlastung des Bundes um 180 Mio Fr. wurde in Frage gestellt. Da sich die mit der Aufgabenneuverteilung gekoppelte Revision der Krankenversichenmg, welche eine Mehrbeteiligung der Kantone vorsieht, verzögerte, beschloss das Parlament, die Durchführung der ebenfalls miteinbezogene Senkung der Kantonsbeiträge an die AHV zu verlangsamen. Bezüglich der Realisierung des 1. Neuverteilungspakets zeigten sich zudem Anpassungsprobleme bei den Kantonen. Der Bundesrat und die kantonalen Finanzdirektoren einigten sich deshalb auf ein gestaffeltes Inkraftsetzen: Jene Massnahmen, die finanzpolitisch wichtig und auf Verordnungsstufe leicht zu bereinigen sind, sollten auf Anfang 1986, die übrigen, bei denen sich Schwierigkeiten mit der Verordnungsanpassung ergeben, erst auf 1987 Geltung erhalten. Damit wird die Bundeskasse von 1986 bis 1989 voraussichtlich um 150-160 Mio Fr. pro Jahr entlastet werden
[6].
In der Volksabstimmung vom 9. Juni hatte der Souverän über drei weitere finanzpolitische Vorlagen zu befinden: die
definitive Aufhebung des Kantonsanteils am Reinertrag der Stempelabgaben (Mehreinnahmen für den Bund: 310 Mio Fr.), die
Neuverteilung des Reinertrags aus der fiskalischen Belastung gebrannter Wasser (110 Mio Fr.) und
die Aufhebung der Unterstützungsbeiträge für die Selbstversorgung mit Brotgetreide (3 Mio Fr.). Den beiden ersten Abstimmungsvorlagen hatten Volk und Stände schon 1980 einmal zugestimmt, allerdings nur als bis Ende 1985 befristete Massnahmen. Um diese namhaften Beträge auch weiterhin und definitiv der Bundeskasse zukommen zu lassen, musste der Souverän eine entsprechende Verfassungsänderung endgültig genehmigen. Beide Vorlagen wurden — gegen die Opposition der kleineren Linksparteien — angenommen, die
Aufhebung des Kantonsanteils am Reinertrag der Stempelabgaben mit 66,5% (1980: 67,3%) und die Neuverteilung des Reinertrags aus der fiskalischen Belastung gebrannter Wasser mit 72,3% (1980: 71,0%) Ja-Stimmen. Damit bleiben dem Bund Mittel zur Sanierung des Haushaltes in der Höhe von 420 Mio Fr. erhalten. Umstrittener war die Aufhebung der Unterstützungsbeiträge für die Selbstversorgung mit Brotgetreide (Mahllohnreduktion), welche finanzpolitisch mit rund 3 Mio Fr. eine Bagatellsubvention darstellte. Die Gegner der Vorlage, die kleineren Links- und Rechtsparteien wie auch die SVP, verwiesen namentlich auf landesversorgungs-, agrar- und regionalpolitisch negative Folgen und warnten vor einer kontraproduktiven Wirkung auf die Bundeskasse. Nachdem die
Aufhebung der Mahllohnreduktion von 57,1 % der Stimmenden gutgeheissen worden ist, kann das Anschlusssparprogramm («Sparmassnahmen 1984») auf Anfang 1986 in Kraft gesetzt werden, da das Parlament bereits 1984 den entsprechenden Gesetzesänderungen zugestimmt hatte. Es wird die bis Ende 1985 befristeten linearen Subventionskürzungen ablösen und dem Bund jährliche Einsparungen von 320 Mio Fr. ermöglichen
[7].
Mit dem 1984 beschlossenen Projekt «
Effizienzsteigerung in der Bundesverwaltung» (EFFI) hatte der Bundesrat eine Sonderanstrengung für ein sparsames und wirtschaftliches Handeln der Verwaltung verlangt. Im Berichtsjahr legten die Ämter nun selber erarbeitete Massnahmen zur Effizienzsteigerung vor: Bis Ende 1987 lassen sich 922 Stellen, 2,3 Mio Arbeitsstunden und 17 Mio Fr. wiederkehrende Sachausgaben einsparen. Dies entspricht einer Gesamteinsparung von 150 Mio Fr. pro Jahr. Damit kann die Arbeitszeitverkürzung des Bundespersonals von 44 auf 42 Wochenstunden ab Juni 1986 ohne Stellenvermehrung aufgefangen werden; ferner ermöglichen die Einsparungen den Abbau von 130 befristet bewilligten Stellen und schaffen einen Handlungsspielraum zur Bewältigung von neuen Aufgaben
[8].
Der Nationalrat nahm die Beratungen über die
Neuregelung bei den Treibstoffzöllen wieder auf und verabschiedete das Treibstoffzollgesetz, welches die Grundsätze für die Aufteilung der zweckgebundenen Benzingelder in der Höhe von jährlich 2 Mia Fr. auf die einzelnen Bereiche im Zusammenhang mit dem Strassenverkehr festlegt; dabei sind auch Mittel für den Umweltschutz und zur Behebung von Waldschäden vorgesehen. Mit dem ebenfalls vorgelegten sogenannten Kompensationsbeschluss hatte der Bundesrat die Kantone, welchen mit der Neuregelung der Treibstoffzölle und Zollzuschläge künftig zusätzliche 400 Mio Fr. für die Strassenfinanzierungskosten zufliessen, zu einer Kompensation durch Beiträge an das Defizit des regionalen SBB-Personenverkehrs in der Höhe von 200-230 Mio Fr. verpflichten wollen. Nach der ablehnenden Willensbekundung in beiden Räten zog der Bundesrat den Kompensationsbeschluss zurück; er hielt aber fest, dass er auf die Forderung der Kantonsbeteiligung am Regionaldefizit der SBB im Rahmen der koordinierten Verkehrspolitik erneut zurückkommen werde. Vorläufig muss der Bund somit auf Einsparungen von rund 200 Mio Fr. verzichten
[9].
[6] Der Souverän stimmte der Aufhebung der Bundesbeiträge für den Primarschulunterricht mit 802 885: 570 221 und der Aufhebung der Beitragspflicht des Bundes im Gesundheitswesen mit 726 781: 644 649 zu. Am gleichen Abstimmungstag wurde auch die Streichung der Stipendienbeiträge des Bundes mit 651 854: 716 717 abgelehnt. Vgl. wf, Dok, 6, 11.2.85; LNN, 16.2.85; Vat., 23.2.85; Presse vom 11.3.85; TA, 12.3.85; Vox, Analyse der eidgenössischen Abstimmung vom 10. März 1985, Zürich 1985. Zu den Beiträgen des Bundes und der Kantone an die AHV siehe Amtl. Bull. NR, 1985, S. 1653 ff. und 1860; Amtl. Bull. StR, 1985, S.497 ff. und 608; AS, 1985, S. 2002 ff.; BBl, 1985, II, S. 701 ff.; TW, 2.8.85. Zum 2. Paket der Aufgabenneuverteilung: Bund, 8.11.85. Vgl. ferner oben, Teil I, 1d (Confédération et cantons) und unten, Teil I, 7b (Politique de la santé) und 8a (Primar- und Mittelschulen, Stipendien) sowie SPJ, 1984, S. 28 f. und 84.
[7] Die definitive Aufhebung des Kantonsanteils am Reinertrag der Stempelabgaben wurde mit 903 345: 454 560 und die Neuverteilung des Reinertrags aus der fiskalischen Belastung gebrannter Wasser mit 982 318: 376 135 angenommen. Der Aufhebung der Unterstützung für die Selbstversorgung mit Brotgetreide stimmten 787 056: 592 851 zu. AS, 1985, S. 1963 ff.; BBl, 1985, I, S. 653 ff. und II, S. 290 f. ; LNN, 11.5.85; wf, Dok, 20, 20.5.85; NZZ, 22. und 23.5.85; 30.5.85; TA, 28. und 29.5.85; 3.6.85; BZ, 31.5.85; 4. und 5. 6.85; BaZ, 6.6.85 (Parolenübersicht); Presse vom 10.6.85 (Abstimmungsergebnisse); Vox, Analyse der eidgenössischen Abstimmung vom 9. Juni 1985, Zürich 1985. Korrekterweise müsste die Neuverteilung der Reinertrags der Alkoholverwaltung unter den Einnahmen aufgeführt werden. Bundessubventionen 1984: wf, Dok., 35, 2.9.85; Die Volkswirtschaft, 58/1985, S. 310 ff. ; vgl. auch P. Probst, « Die lineare Beitragskürzung des Bundes 1981-1985, eine erste Bilanz», in Die Volkswirtschaft, 58/1985, S. 26 ff. Der BR verabschiedete zwei Verordnungen und einen Beschluss über das Anschlusssparprogramm (AS, 1985, S. 660 ff., 670 und 685 ff.; NZZ, 18.4.85). Siehe auch oben Teil I, 4c (Pflanzliche Produktion) und SPJ, 1980, S. 77; 1984, S. 84 f.
[8] NZZ, 28.8.85 ; SZ, 3.10.85 ; Presse vom 19.10.85 ; Staats- und Verkehrspersonal, 43, 24.10.85. Vgl. auch SPJ, 1984, S. 25 f. und 85 sowie oben, Teil I, 1c (Verwaltung).
[9] Amtl. Bull. NR, 1985, S. 257 ff., 286 ff., 487 ff. und 762; Amtl. Bull. StR, 1985, S. 85 ff., 188 f. und 246; AS, 1985, S. 834 f. ; BBl,1985, I, S. 844 ff. und 861 f. ; Presse vom 5. und 6.3.85 ; 8.3.85 ; 26.4.85 ; 12.7.85 ; NZZ, 14.3.85 ; 20.3.85 ; 2.4.85 ; 3.9.85. Der Voranschlag 1986 sah von den 2 Mia Fr. aus den Treibstoffzöllen für Umweltschutzmassnahmen lediglich 34 Mio Fr. vor (Presse vom 11.12.85). Vgl. auch die Treibstof zolleinnahmen 1968-1984 (BBl, 1985, I, S. 1203). Siehe ferner unten, Teil I, 6b (Generelle Verkehrspolitik) sowie SPJ, 1984, S. 85 f.
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