Année politique Suisse 1985 : Infrastructure, aménagement, environnement / Transports et communications
Strassenverkehr
Im Bereich des Strassenverkehrs fällte der Bundesrat im Berichtsjahr zwei vor allem umweltpolitisch wichtige Entscheide: Auf Oktober 1987 erliess er die strengen Abgasnormen US-83 für neu immatrikulierte Personenwagen, und auf Anfang 1986 verordnete er die jährliche Abgaswartung und -kontrolle für leichte Motorwagen. Diese Massnahmen zur
Ursachenbekämpfung der Luftverschmutzung waren vom Nationalrat in der dem Thema Waldsterben gewidmeten Session in Motionsform, vom Ständerat in Postulatform verlangt worden. Gegenüber der auf Oktober 1986 in Kraft tretenden Abgasverordnung (AGV 86) bringt die US-83-Norm nochmals eine markante Reduktion der zulässigen Schadstoffemissionen. Der Entscheid fand denn auch breite Zustimmung, und insbesondere auch die Automobilverbände begrüssten es, dass der Bundesrat ein klares Zeichen gesetzt und die Unsicherheit für viele Autofahrer beseitigt habe. Mit der obligatorischen Abgas-Nachkontrolle soll die Einhaltung der Abgasgrenzwerte sichergestellt werden, wobei die Kontrollaufgabe nicht wie vom Autogewerbe gewünscht den Garagen, sondern auf Druck der Kantone den Strassenverkehrsämtern übertragen wurde. Bis Ende Jahr beschlossen 14 Kantone, zur Förderung der Einführung von Katalysatorenautos die kantonale Motorfahrzeugsteuer vorübergehend zu erlassen oder zu reduzieren; Bern und Baselland wollen nach einer Übergangsfrist zudem Altwagen mit einer «Strafsteuer» belegen
[10]. Während Massnahmen zur Reduktion des Schadstoffausstosses auch in der Bevölkerung weitgehend unterstützt wurden, löste die Forderung der Umweltorganisationen, der private Motorfahrzeugverkehr müsse gebremst oder gar reduziert werden, heftige Reaktionen aus. Mit der Idee eines Öko-Bonus, einem massiven Zuschlag auf Benzin, dessen Ertrag gleichmässig auf die ganze Bevölkerung zu verteilen wäre, wollte der VCS auf Kosten der Vielfahrer diejenigen Verkehrsteilnehmer belohnen, welche wenig oder gar nicht autofahren; eine entsprechende Motion Jaeger (ldu, SG) wurde indessen vom Nationalrat auch nicht in Postulatform überwiesen. Ebenfalls abgelehnt wurde eine Motion der LdU/EVP-Fraktion, die den Bundesrat aufforderte, Vorkehrungen zu treffen, um bei einem weiteren Fortschreiten des Waldsterbens eine Treibstoffrationierung verfügen zu können. Dagegen verlangte das Parlament in einem aufsehenerregenden Entscheid vom Bundesrat die Einführung von Tempo 100 auf Autobahnen im Sinne einer Sofortmassnahme. Die Landesregierung, die in dieser Frage allein zuständig ist, beschloss jedoch, an den auf Anfang 1985 in Kraft gesetzten Tempolimiten 80/120 einstweilen festzuhalten
[11].
Eine erfreuliche Auswirkung dieser Tempobegrenzung auf National- und Hauptstrassen konnte die
Unfallstatistik verzeichnen: Erstmals seit 1954 wurden im Berichtsjahr wieder weniger als 1000 Verkehrstote (908, das sind 17,2% weniger als 1984) registriert, obwohl sich der Fahrzeugbestand seither mehr als verfünffachte. Auch die Zahl der Verletzten sank auf 29 827 (2,5% weniger als 1984), während die Unfälle gesamthaft leicht zunahmen (+0,7%). Der Bundesrat beschloss die Erhöhung der Ordnungsbussen im Strassenverkehr um durchschnittlich 50% auf Anfang 1986. Stärker heraufgesetzt wurden dabei die Bussenansätze für jene Übertretungen, die für die Verkehrssicherheit von Bedeutung sind
[12]. Nachdem sich in der Vernehmlassung zur Teilrevision des Strassenverkehrsgesetzes (SVG) die Mehrheit der Kantone unter anderem für eine Erhöhung der allgemein zulässigen Breite von Motorfahrzeugen auf 2,5 m ausgesprochen hatte, kündigten die Schweizerische Verkehrsstiftung, der VCS sowie die Interessengemeinschaft Velo Schweiz das Referendum an: Breitere Lastwagen würden die Fussgänger und Zweiradfahrer vermehrt gefährden, und zudem seien Strassenverbreiterungen auf Kosten von Kulturland, Vorgärten und Trottoirs zu befürchten. Die Exekutive eröffnete ferner die Vernehmlassung zur Neugestaltung der Strassenrechnung, welche für finanz- und verkehrspolitische Entscheide — vor allem in der Frage des Eigenwirtschaftlichkeitsgrades der verschiedenen Verkehrskategorien — von wesentlicher Bedeutung ist
[13].
[10] Amtl. Bull. NR, 1985, S. 134 ff., 164 ff., 208 f., 1237 f. und 1252; Amtl. Bull. StR, 1985, S. 44 ff. und 57 ff.; Bilanz, 1985, Nr. 5, S. 56 ff.; siehe auch SPJ, 1984, S. 109 f. und 121 f. sowie unten, Teil I, 6d (Umweltpolitik und Luftreinhaltung). Diese Massnahmen waren auch Teil des «10-Punkte-Programmes» der BR-Parteien zur Rettung des Waldes (vgl. SPJ, 1984, S. 122). Abgasnormen: TA, 25.1.85; 22.3.85 ; 4.-6.9.85 ; Bund, 2.3.85 ; Presse vom 5.7.85; 17.9.85 (Entscheid BR); NZZ, 9.7.85; BZ, 13.12.85. Abgaskontrollen: AS, 1985, S. 1841 ff.; TA, 14.1.85; 2.3.85; 5.10.85; Presse vom 14.11.85 (Entscheid BR); BaZ, 20.11.85; NZZ, 22.11.85. Katalysatoren: Ww, 3, 17.1.85; 20, 16.5.85; 35, 29.8.85; TA, 30.1.85; 6.3.85; 24.6.85; 23.1.86 (Steuervorteile); BaZ, 6.6.85; 5.9.85; Presse vom 28.8.85; VCS-Zeitung, 1985, Nr. 1 und 4; Bilanz, 1985, Nr. 12, S. 12 ff. Mit der vom Parlament beschlossenen Verbilligung von bleifreiem Benzin wurde ein weiterer Anreiz zum Umsteigen auf Katalysatorenautos geschaffen (Presse vom 5. und 8.3.85; vgl. oben, Generelle Verkehrspolitik). Siehe ferner H. Holzapfel (u.a.), Autoverkehr 2000 — Wege zu einem ökologisch und sozial verträglichen Strassenverkehr, Karlsruhe 1985.
[11] Öko-Bonus: Amtl. Bull. NR, 1985, S. 1362 ff.; Presse vom 22.6.85; SGT, 8. und 9.7.85: NZZ, 16.7.85; VCS-Zeitung, 1985, Nr. 5, S. 6 f. Benzinrationierung: Amtl. Bull. NR, 1985, S. 192 f.; Presse vom 28:30.1.85; 2.2.85; TAM, 16, 20.4.85. Diese Massnahme war in einer Resolution auch von der kantonalbemischen SVP verlangt worden (Bund, 28.1.85). Siehe auch die diesbezügliche Standesinitiative des Kantons BE (Verhandl. B.vers., 1985, III, S. 12; Berner Presse vom 9.5.85). Tempo 100: Amtl. Bull. NR, 1985, S. 136 f., 164 ff., 209 und 1251 f. ; Amtl. Bull. StR, 1985, S. 45 ff. und 57 ; LNN, 4.2.85 ; TW, 3.8.85 ; TA, 29.11.85 ; Ww, 49, 5.12.85; siehe auch F. Varenholt (Hg.), Tempo 100. Soforthilfe für den Wald? Hamburg 1984. Mit 256 207 gültigen Unterschriften wurde eine Initiative «Pro Tempo 130/100» eingereicht (BBl, 1985, I, S. 787; BaZ, 5.1.85; 16.1.85). Der Berner Grosse Rat stimmte mit grossem Mehr einer Motion zu, wonach sich die Regierung beim BR für 6 autofreie Sonntage einsetzen soll (Berner Presse vom 8.2.85). Die geplante Neuauflage der 1978 abgelehnten «Burgdorfer Initiative» für 12 motorfahrzeugfreie Sonntage wurde fallen gelassen (BZ, 13.3.85 ; 16.8.85 ; vgl. SPJ, 1978, S. 105). Dagegen konnte der Aufruf verschiedener, teilweise durch kantonale Regierungen unterstützter Komitees zur «Aktion autofreier Bettag» insgesamt als Erfolg gewertet werden (SGT, 29.8.85; 11.9.85; TA, 10.9.85; Vat., 12.9.85; Presse vom 16.9.85).
[12] Unfälle: TA, 15.2.86; Bundesamt für Statistik, Strassenverkehrsunfälle in der Schweiz 1985, Bern 1986; siehe auch dass., Entwicklung des Motorfahrzeugbestandes in der Schweiz 1984/85, Bern 1986; TA, 22.4.85 (Kinderverkehrsunfälle); Vat., 30.5.85 (Kinderverkehrskonzept des VCS OW und NW) und NZZ, 9.8.85 (Unfallverhütungsfonds für die schwächsten Verkehrsteilnehmer). Die eidgenössischen Räte genehmigten einstimmig das Haager Übereinkommen über das auf Strassenverkehrsunfälle anzuwendende Recht, welches die Schweiz 1980 unterzeichnet hatte (Amtl. Bull. NR, 1985, S. 1329 f. und 1860; Amtl. Bull. StR, 1985, S. 183 ff. und 607; BBl, 1984, III, S. 915 ff.; 1985, II, S. 1336). Bussen: AS, 1985, S. 782 ff.; Presse vom 11.6.85; Bund, 15.10.85 ; NZZ, 6.12.85. Siehe auch die als Postulat überwiesene Motion Graf (svp, ZH): Amtl. Bull. NR, 1985, S. 2235 ff.
[13] SVG-Revision: TA, 31.1.85; 22.8.85; TW, 28.3.85; Vr, 26.8.85. Um ihre Forderungen nach sicheren und attraktiven Verkehrsanlagen für Zweiradfahrzeuge besser vertreten zu können, schlossen sich 20 regionale Interessengemeinschaften Velo zum nationalen Dachverband zusammen (Vat., 4.2.85). Siehe auch Presse vom 3.6.85 (5. Schweizer Velotag). Vgl. SPJ, 1983, S. 116 sowie unten, Teil II, 4b (BS, LU und ZH). Neue Strassenrechnung: Presse vom 27.6.85 ; NZZ, 6.7.85 ; 26.11.85 ; 29.11.85 ; 2.12.85 ; TA, 8.8.85 ; Vat., 21.8.85 ; wf, Dok., 1, 1 3.1.86 ; Die Volkswirtschaft, 58/1985, S. 757 ff.; Jahrbuch der Schweiz. Verkehrswirtschaft 1985, S. 181 f. Siehe auch A.G. Gnädinger, «Der Kostenbegriff in der Strassenrechnung », in ebenda, S. 51 ff. sowie SPJ, 1982, S. 97 f.
Copyright 2014 by Année politique suisse
Ce texte a été scanné à partir de la version papier et peut par conséquent contenir des erreurs.