Année politique Suisse 1985 : Infrastructure, aménagement, environnement / Transports et communications
 
Strassenbau
Beim Nationalstrassenbau dauerten die Kontroversen um einzelne Teilstücke, insbesondere um die sechs vom Bundesrat im Anschluss an den Bericht oder Expertenkommission Biel neu überprüften Autobahnabschnitte an. Die Verkehrskommission des Nationalrats sprach sich bis Ende Jahr für den Bau der N1 zwischen Yverdon und Avenches (VD) sowie für das geringfügig reduzierte Stadtzürcher «Y» aus. SGU, WWF und VCS, die sich nicht damit abfinden wollten, dass der jahrelange Überprüfungsprozess schliesslich mit dem Bau aller umstrittenen Stücke ausser der aus technischen Gründen fallengelassenen Rawil-Strasse (N6) ende, bereiteten eine eidgenössische Initiative für einen befristeten Nationalstrassen-Baustopp vor; ein solches Moratorium hat ihrer Ansicht nach politisch grössere Chancen als die 1984 lancierte Initiative für einen generellen Strassenbaustopp [14].
Einen Erfolg auf regionaler Ebene erzielten die Autobahngegner im Kanton Zürich, wo der Souverän die Einreichung einer Standesinitiative gegen das geplante Teilstück der N4 durch das Knonauer Amt beschloss und gleichzeitig die vom Kantonsrat unterstützte Gegeninitiative des TCS verwarf Im Kanton Bern lancierte der VCS eine Doppelinitiative, mit der er das Standesinitiativrecht auf das Volk übertragen und damit den Verzicht auf den Ausbau der Grauholz-Autobahn erreichen möchte. Im Streit tim den Bau der N8 konnte ein alle Seiten befriedigender Kompromiss gefunden werden: Vertreter der Kantone Bern und Obwalden sowie des Bundes einigten sich darauf, auf die namentlich von der «Pro Obwalden» bekämpfte Brünig-Autobahn vorläufig zu verzichten und den Verkehr weiterhin auf der alten Passstrasse zu führen, während Ortsumfahrungen die Dörfer entlasten sollen [15]. Die eidgenössischen Räte waren dagegen nicht bereit, der Opposition gegen umstrittene Nationalstrassen-Teilstücke stattzugeben: Mit grossem Mehr lehnten sie die 1983 eingereichte Standesinitiative des Kantons Solothurn ab, welche die Überprüfung des N5-Abschnitts Zuchwil-Biel verlangte. Dabei machten namentlich Vertreter der Nachbarkantone Bern, Neuenburg und Jura das nationale Interesse an der raschen Realisierung einer durchgehenden Jurasüdfuss-Autobahn als wichtige Verbindung zwischen der Deutsch- und der Welschschweiz geltend. Den Landschaftsanliegen soll jedoch bei der Ausführung Rechnung getragen werden. Ohne Empfehlung überwiesen National- und Ständerat sieben Petitionen zur umstrittenen Linienführung der N3 im Raum Bözberg-Birrfeld (AG) an die in dieser Frage zuständige Regierung [16]. Ferner genehmigten sie einstimmig ein Abkommen mit Frankreich, welches den Bau einer Autobahnbrücke bei Genf als Verbindung der N1 mit der französischen A40 vorsieht und den Autobahnzusammenschluss regelt [17].
Im Berichtsjahr wurden insgesamt 25 km Nationalstrassen neu dem Verkehr übergeben. Mit der Eröffnung der Nordumfahrung Zürichs (N20) steht nun eine durchgehende Autobahnverbindung zwischen St. Gallen und Genf zur Verfügung. 1384,4 km des auf 1915 km geplanten Netzes standen Ende 1985 im Betrieb, 150,6 km im Bau. Die in letzter Zeit aufgetretenen Schäden an Nationalstrassen, insbesondere an Kunstbauten, werden in den nächsten Jahren Reparaturkosten von mehreren hundert Mio. Fr. erfordern. Unterhaltsbaustellen auf im Betrieb stehenden Autobahnen legten das Problem der Behinderung des Verkehrs offen. Um Staus wie im Fall der N1 bei Härkingen (SO) künftig zu vermeiden, versprach Bundesrat Schlumpf eine bessere Koordination zwischen Bund und Kantonen bei Reparaturarbeiten [18].
 
[14] Zur Botschaft der BR betreffend Überprüfung von Nationalstrassenstrecken siehe SPJ, 1984, S. 108 f. NR-Kommission: NZZ, 23.10.85; 5.11.85. Autobahn-Moratorium: Presse vom 22.5.85; TA, 5.7.85; 8.10.85; BaZ, 13.11.85; über die Lancierung der zuerst von StR Piller (sp, FR) angeregten Initiative soll erst nach der Debatte über die Überprüfung von Nationalstrassenstrecken in den eidgenössischen Räten entschieden werden. Kompromittiert von den Umweltschutzorganisationen fühlten sich die Kreise um die «Stopp dem Beton-Initiative» (siehe SPJ, 1984, S. 109; vgl. auch Verhandl. B.vers., 1985, I/II, S. 37; III, S. 18 f.). N6 Rawil: Die Walliser Regierung protestierte gegen den vom BR beantragten Verzicht auf die Rawilverbindung, die von einem Grossteil der Walliser gewünscht werde (NF, 13.3.85; 19.8.85; 21. und 22.8.85; 26.8.85; NZZ, 5.10.85). Siehe auch T. Burnier, La démocratie du rouleau compresseur: la politique des autoroutes en Suisse, Lausanne 1985; S. Studer, Nationalstrasse — Nationalstrafe, Zürich 1985.
[15] Siehe allgemein NZZ, 31.8.85 ; VCS-Zeitung, 1985, Nr. 5, S. 12 ff. ; zu kantonalen Begehren gegen einzelne Teilstücke vgl. unten, Teil II, 4b (BE, TG, ZH). N4 Knonauer Amt : TA, 12.1.85 ; 19.1.85 ; 29.1.85; 5.2.85 ; 10. und 11.6.85; 22.6.85; 8.10.85; Verhandl. B.vers., 1985, IV, S. 11. N1 Grauholz: Berner Presse vom 19.4.85; TW, 22.11.85; siehe auch das von NR Zwygart (evp, BE) eingereichte Postulat, mit dem er die Prüfung einer Tunnelvariante fordert ( Verhandl. B.vers., 1985, IV, S. 86). N8 Brünig: Presse vom 12.9.85; siehe auch Amtl. Bull. NR, 1985, S. 2260; als Anerkennung für ihren Einsatz gegen eine Autobahn über den Brünig erhielt die «Pro Obwalden» den Heimatschutzpreis 1985 (TA, 30.11.85). Im Kanton TG reichten Heimatschutzkreise eine — in der Rekordzeit von nur 4 Tagen gesammelte — « Kulturlandinitiative »ein, mit der sie die Regierung u.a. verpflichten wollen, sich beim Bund gegen den Bau des N7-Abschnitts Müllheim–Kreuzlingen einzusetzen (SGT, 19.4.85; 28.5.85; TW, 23.4.85).
[16] N5: Amtl. Bull. NR, 1985, S. 1435 ff.; Amtl. Bull. StR, 1985, S. 189 ff.; Presse vom 10.1.85 (Gutachten der SO-Regierung) ; SZ, 27. und 28.2.85 ; 7.5.85 ; 14.5.85 ; 24.9.85 ; 5.12.85. N3 : Amtl. Bull. NR, 1985, S. 935 ff.; Amtl. Bull. StR, 1985, S. 764 f.
[17] Amtl. Bull. NR, 1985, S. 1316 und 1859; Amtl. Bull. StR, 1985, S. 318 f., und 607; BBl,1985, I, S. 953 ff.; II, S. 1335. Betreffend den Anschluss der französischen A35 an das baselstädtische Strassennetz wurden weitere Verhandlungen geführt (Gesch. ber., 1985, S. 357). Im Rheintal wurde nach jahrelangen Auseinandersetzungen um die beste Verbindung des österreichischen mit dem schweizerischen Autobahnnetz die Diskussion durch neue Variantenvorschläge Vorarlbergs wieder belebt, jedoch noch keine Lösung gefunden (SGT, 4.1.85; 6.2.85; 2.4.85; 9.5.85; 16.7.85; 30.11.85).
[18] Nationalstrassenbau: Gesch. ber., 1985, S. 353 ff.; EVED, Bauprogramm 1986 für die Nationalstrassen, Bern 1986; F. Endtner, «Der gegenwärtige Stand des Nationalstrassenbaues», in Jahrbuch der Schweiz. Verkehrswirtschaft 1985, S. 29 ff. ; vgl. SPJ, 1984, S. 108 f. ; zu kantonalen Strassenbauprojekten siehe unten, Teil II, 4b. Umfahrung Zürichs: TA, 14.6.85; 22.6.85; LNN, 20.6.85; zur umstrittenen Westumfahrung siehe TA, 16.10.85. Schäden: TA, 29.5.85; BaZ, 18.6.85; Bilanz, 1985, Nr. 2, S. 40 ff. Reparaturarbeiten: Amtl. Bull. NR, 1985, S. 1463, 1863 f. und 1981 f.; Bund, 26.9.85; NZZ, 8.10.85. Eine heftige Kontroverse löste in diesem Zusammenhang der neue Direktor des Bundesamtes für Strassenbau Suter aus, als er sich für einen Ausbau der N1 bei Härkingen auf sechs Spuren aussprach (Presse vom 13.11.85; SZ, 14.11.85; 21.11.85).