Année politique Suisse 1985 : Enseignement, culture et médias / Médias
Medienpolitik
Die für die Erarbeitung einer neuen
Medienordnung eingesetzte Kommission für eine Medien-Gesamtkonzeption beschäftigte sich mit einer Stellungnahme zu einem Vorentwurf für ein Radio- und Fernsehgesetz. Nachdem Hans W. Kopp wegen der Wahl seiner Frau in den Bundesrat das Präsidium niedergelegt hatte, übernahm der ehemalige Generalsekretär des EJPD, Benno Schneider, den Kommissionsvorsitz. Das im Jahre 1983 vom Parlament angenommene Gegendarstellungsrecht trat zu Beginn der zweiten Jahreshälfte in Kraft. Zeitungen, Radio und Fernsehen sind somit künftig verpflichtet, bei bestrittenen Tatsachen eine Gegendarstellung zu veröffentlichen, falls jemand in seiner Persönlichkeit unmittelbar betroffen ist. Eine weitergehende Bestimmung wurde vom Waadtländer Grossen Rat mittels einer Anderung des kantonalen Pressegesetzes angenommen. Danach hätten die Behörden ein Recht auf Richtigstellung von Tatsachen, die die Ausübung der Staatsgewalt betreffen. Gegen diese Bestimmung ist ein Rekurs beim Bundesgericht hängig. Umstritten waren aber 1985 weniger journalistische Leistungen als eine Ausserung des Ausbildungschefs der Armee, Korpskommandant Mabillard, der zu verstehen gab, dass der Journalist für alle, die Verantwortung tragen, im besten Fall zumindest ein potentieller Gegner sei. Damit löste er auch bei vielen bürgerlichen Blättern Betroffenheit aus, besonders weil er in Interviews an seiner Version im wesentlichen festhielt
[1].
Im Bereich der Information des Bundes soll eine neue gesetzliche Grundlage geschaffen werden. Als Erstrat verabschiedete die Volksvertretung das Bundesgesetz über die Gesetzessammlungen und das Bundesblatt (Publikationsgesetz), das die Bestimmungen über die Sammlung der eidgenössischen Gesetze (AS), die Systematische Sammlung des Bundesrechts (SR) und das Bundesblatt (BB») in einem einzigen Erlass zusammenfasst. Von Bedeutung ist dabei, dass die SR keine negative Rechtskraft mehr besitzt; bisher war ein nicht in der Sammlung enthaltener Erlass nicht mehr gültig.
Die Reihe der
Indiskretionsfälle riss auch 1985 nicht ab. Wegen Veröffentlichung amtlicher geheimer Handlungen wurden gegen die verantwortlichen Redaktoren zweier Publikationsorgane der Nationalen Aktion von der Bundesanwaltschaft Strafverfahren eingeleitet. Die Zeitungen hatten einen als vertraulich klassierten Bericht in Zusammenhang mit Asylgesuchen nahezu vollständig publiziert. Das daraufhin von der Bundesanwaltschaft gestellte Gesuch um Aufhebung der parlamentarischen Immunität von Nationalrat Ruf (na, BE) wurde von beiden Räten im Sinne der bisher befolgten zurückhaltenden Praxis abgelehnt. Das Bundesgericht wies in einem andern Zusammenhang (Öffentlichkeit des Grundbuchs) darauf hin, dass auf das Grundrecht der Informationsfreiheit sich nur berufen könne, wer aus allgemein zugänglichen Quellen schöpfe
[2].
[1] Kommissionsvorsitz: NZZ, 2.3.85. Gegendarstellungsrecht: BaZ, 22.6.85; Vat., 28.6.85; 24 Heures, 28.6.85; NZZ, 1.7.85; SGT, 1.7.85; vgl. SPJ, 1983, S. 176. Pressegesetz VD: 24 Heures, 17.1.85;21.2.85;28.2.85; 8.3.85; Ww, 9, 28.2.85; NZZ, 1.3.85. Mabillard: Vr, 24.7.85; Ww, 31, 1.8.85; SZ, 5.8.85; 7.8.85; JdG, 6.8.85; 12.8.85; AT, 7.8.85; 14.8.85; BZ, 7.8.85; TA, 7.8.85; LNN; 8.8.85; Bund, 8.8.85; BaZ, 10.8.85; NZZ, 14.8.85; Vat., 14.8.85; 24 Heures, 14.8.85; vgl. auch oben, Teil I, 3 (Landesverteidigung und Gesellschaft). Publikationen zu Medienfragen: L. Schürmann, Medienrecht, Bern 1985; A. Bucher, Personnes physiques et protection de la personnalité, Basel 1985; F. Mühlemann, «Aktuelle Gesetzgebungsarbeiten im Medienwesen», in Documenta, 1985, Nr. 3, S. 27 ff.
[2] Publikationsgesetz: Amtl. Bull. NR, 1985, S. 1219 ff.; NZZ, 22.6.85; vgl. SPJ, 1983, S. 177 und oben. Indiskretion NA: NZZ, 20.4.85; LM, 20.4.85; Amtl. Bull. NR, 1985, S. 1758 ff.; Amtl. Bull. StR, 1985, S. 763 f. Bundesgerichtsentscheid: AT, 18.7.85; NZZ, 18.7.85; 24 Heures, 18.7.85.
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