Année politique Suisse 1986 : Economie / Politique économique générale
 
Strukturpolitik
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Regionalpolitik
Der Bund beabsichtigt, bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben stärker als bis anhin die Ziele der räumlichen Strukturpolitik im Auge zu behalten. Diese vermehrte Rücksichtnahme war eines der Hauptpostulate gewesen, die sich aus der Synthese des 1985 abgeschlossenen Nationalen Forschungsprogramms «Regionalprobleme der Schweiz» ergeben hatten. Der Bundesrat setzte auf den 1. Januar 1987 Weisungen über die regionalpolitische Koordination der Bundestätigkeiten in Kraft. Diese halten fest, dass die allgemeine Bundesverwaltung und die Bundesbetriebe und -anstalten bei ihren Tätigkeiten neben den Erfordernissen der Wirtschaftlichkeit und der Zweckmässigkeit auch das Ziel der Förderung der wirtschaftlich und geographisch benachteiligten Regionen berücksichtigen sollen. Die strukturpolitischen Auswirkungen von Vorhaben müssen in Zukunft überprüft und dargestellt werden. Zur Überwachung des Vollzugs dieser Weisungen bildete die Landesregierung einen aus den Vorstehern von EFD, EVD und EVED zusammengesetzten Ausschuss für Regionalpolitik [16]. Angesichts der wachsenden Bedeutung der neuen Kommunikationstechnologien drohen den peripher gelegenen Regionen neue Wettbewerbsnachteile. Der Ständerat überwies ein Postulat des Bündners Gadient (svp), nach dem der Bundesrat die PTT veranlassen soll, die neuen Kommunikationsnetze nicht prioritär in den Wirtschaftszentren aufzubauen und überdies die abgelegenen Gebiete bei der Tarifpolitik bevorzugt zu behandeln [17].
Der Fremdenverkehr stellt für viele Randregionen das wirtschaftliche Rückgrat dar. Tourismusförderungsmassnahmen weisen deshalb nicht nur eine allgemein strukturpolitische, sondern auch eine spezifisch regionalpolitische Komponente auf. Das Bundesgesetz über die Förderung des Hotel- und Kurortkredits bildet eine Ergänzung zum Investitionshilfegesetz für Berggebiete und bezweckt die Verbilligung von Darlehen für Hotelrenovationen und gewisse Hotelneubauten. Dies geschieht durch die Gewährung von unverzinslichen Bundesdarlehen an die Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit. Der Bundesrat möchte mit einer Aufstockung der Darlehen diese Hilfe ausbauen und leitete dazu im Sommer ein Vernehmlassungsverfahren ein. Beide Kammern des Parlaments unterstützten ihn bei diesem Vorhaben, indem sie eine entsprechende Motion Columberg (cvp, GR) verabschiedeten [18]. Nicht nur bei der Stärkung der touristischen Infrastruktur will sich der Bund in Zukunft vermehrt engagieren, sondern auch bei der Werbung für das Fremdenverkehrsland Schweiz. Zu diesem Zweck beantragte die Exekutive eine Neufassung des auf Ende 1987 auslaufenden Bundesbeschlusses über die Schweizerische Verkehrszentrale. Die Beitragshöhe soll neu in einem separaten, nicht referendumspflichtigen Kreditbeschluss vom Parlament festgelegt werden. Beantragt ist eine Aufstockung von bisher 21 Mio Fr. pro Jahr auf 27 Mio (1988-90) resp. 31 Mio (1991-92) [19].
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Innovationsförderung
Der technologische Wandel und die engen weltwirtschaftlichen Verknüpfungen zwingen mehr denn je auch kleine Firmen zu einer innovationsfreudigen Haltung. Bundesstaatliche Finanzierungshilfen sind jedoch nach dem negativen Volksentscheid über die Innovationsrisikogarantie für die bürgerliche Mehrheit im Nationalrat weder angebracht noch erforderlich. Eine Motion des Sozialdemokraten Borel (NE) für eine Bundesbeteiligung an gemischtwirtschaftlichen Innovationsförderungsgesellschaften überwies der Rat nicht einmal in Postulatform. Wichtig erscheint es dem Parlament hingegen, dass der Staat nicht aus finanzpolitischen Motiven die private Finanzierung von Innovationen behindert. Die Ständekammer stimmte deshalb einer Motion des Nationalrats zu, welche, neben Massnahmen zur Stärkung des Finanzplatzes, die Aufhebung oder Reduktion der Emissionsabgabe auf neu geschaffenem Risikokapital verlangt [20]. Nicht nur die Finanzierung der wirtschaftlichen Verwertung von Erfindungen kann Probleme stellen, sondern auch deren Schutz vor Nachahmungen. Namentlich bei Erfindungen auf dem Gebiet der Gentechnologie sind offenbar die zur Patentanmeldung vorgeschriebenen technischen Modalitäten der Realität nicht mehr angepasst. Der Nationalrat stimmte diskussionslos einer vom Freisinnigen Auer (BL) eingereichten Motion für eine entsprechende Revision des Patentgesetzes zu [21].
 
[16] BBl, 1986, III, S. 1046 f.; vgl. auch Amtl. Bull. NR, 1986, S. 991 f. sowie K. Furgler, «Grundsätzliche Aspekte der schweizerischen Regionalpolitik», in DISP, 1986, Nr. 86, S. 5 ff. Zum Nationalen Forschungsprogramm siehe SPJ, 1985, S. 63 f.; Presse vom 9.1.86 ; Die Region, 1986, Nr. 1, S. 1 ff. ; DISP, 1986, Nr. 86, S. 37 ff. («Regionalprobleme in der Schweiz. Erste Stellungnahmen»).
[17] Amtl. Bull. StR, 1986, S. 430 ff. Vgl. auch B. Hotz, « Die Förderung von Berg- und Randgebieten durch eine neue Telekommunikationspolitik», in Politische Rundschau, 65/1986, Nr. 2, S. 32 ff. Gemäss einer Studie zu den Entscheidmotiven bei der Wahl von Betriebsstandorten in Randregionen waren — wenigstens bisher — infrastrukturelle Gegebenheiten weniger bedeutsam als Bodenpreise, Steuervorteile, Arbeitsmarktsituation und industriefreundliche Einstellung der Bevölkerung (Ch. Hanser, Erfolgskontrolle der Industrieansiedlungspolitik, Bern 1987 ; vgl. auch ders., «Das Standortverhalten von Industriebetrieben im schweizerischen Berggebiet », in DISP, 1986, Nr. 85, S. 22 ff.).
[18] Amtl. Bull. NR, 1986, S. 447 f ; Amtl. Bull. StR, 1986, S. 429 f. Zu generellen Aspekten des Tourismus vgl. auch H. R. Müller, Tourismus in Berggemeinden: Nutzen und Schaden, Bern 1986 (Schlussberichte zum MABProgramm, Nr. 19).
[19] BBl, 1987, I, S. 321 ff.
[20] Motion Borel: Amtl. Bull. NR, 1986, S. 2032 f. Zur Innovationsrisikogarantie siehe SPJ, 1985, S. 62 f. Motion des NR: Amtl. Bull. StR, 1986, S. 95 ff. Vgl. zu dieser von NR Feigenwinter (cvp, BL) eingereichten Motion auch unten, Teil I, 4b (Banken). Mit einem überwiesenen Postulat regte NR Oester (evp, ZH) die Schaffung eines jährlich auszurichtenden Bundespreises für besonders bedeutsame unternehmerische Innovationen an. Der Rat erhofft sich davon auch positive Auswirkungen auf die Einstellung der Bevölkerung gegenüber dem technologischen Wandel (Amtl. Bull. NR, 1986, S. 961). Der NR stimmte ferner einem Postulat Grassi (cvp, TI) zu, welches von der Exekutive periodische Berichte zur Wettbewerbsfähigkeit und zum Strukturwandel der schweizerischen Wirtschaft fordert (Amtl. Bull. NR, 1986, S. 2049).
[21] Amtl. Bull. NR, 1986, S. 2030 f.