Année politique Suisse 1986 : Chronique générale / Finances publiques / Einnahmenordnung
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Diverse indirekte Steuern
Weitere Steuererleichterungen gewährte der Bundesrat in eigener Kompetenz, indem er im Herbst Forderungen der Banken, die sich in parlamentarischen Vorstössen niedergeschlagen hatten, zu einem kleinen Teil erfüllte. In einem vom Parlament Ende 1985 angeregten Bericht erklärte er sich zwar noch im März nur insofern zu fiskalischen Entlastungen des Finanzplatzes Schweiz bereit, als die Einbussen für die Bundeskasse kompensiert werden könnten. Als der Ständerat darauf sowohl die im Vorjahr von der grossen Kammer angenommene Motion Feigenwinter (cvp, BL) für eine Reduktion der Stempelabgaben unterstützte als auch einen weiterreichenden Vorstoss des Freisinnigen Bürgi (SG) entgegen dem Auftrag des Finanzministers in Motionsform überwies, kam die Regierung dem bürgerlichen Drängen in der bereits an anderer Stelle erwähnten Weise entgegen und nahm damit 70 Mio Fr. Einnahmenverluste in Kauf. Dies hinderte jedoch den Nationalrat im Dezember nicht, der Motion Bürgi, die immerhin Kompensationen für Steuerausfälle in Betracht zieht, mit einem gleichlautenden Vorstoss Sukkurs zu geben. Zugunsten eines Teils der von den Banken erhobenen Forderungen äusserte sich auch der Vizepräsident der Nationalbank, M. Lusser, der an einer Tagung in München erklärte, die Schweiz werde um eine Überprüfung der Fiskalabgaben auf ihre Wettbewerbsneutralität nicht herumkommen [14].
Der Verlust eben erst erschlossener Einnahmen droht dem Bund durch die beiden Volksbegehren für die Wiederaufhebung der 1984 provisorisch eingeführten Verkehrsabgaben (Autobahnvignette und Schwerverkehrsabgabe), die im Sommer eingereicht wurden. Eine andere Initiative, diejenige des Verkehrs-Clubs der Schweiz (VCS), welche die Schwerverkehrsbelastung verschärfen und zugleich von der Fahrleistung abhängig machen wollte, unterlag dagegen im Dezember in der Volksabstimmung, nachdem Bundesrat und Parlament sie mit Rücksicht auf die vorgesehene Gesetzgebung über die koordinierte Verkehrspolitik abgelehnt hatten. Der für diese Gesetzgebung grundlegende neue Art. 37 BV, der noch vor Jahresende von beiden Räten im gleichen Wortlaut genehmigt wurde, bindet allerdings — im Unterschied zur VCS-Initiative wie auch zur provisorischen Regelung von 1984 — die Erträge aus Verkehrsabgaben an verkehrspolitische Zwecke, so dass sie nicht mehr frei zur Verfügung stehen. Die im Vorjahr vom Nationalrat überwiesene SVP-Motion zu den ausländischen Retorsionsmassnahmen gegen schweizerische Transportunternehmungen fand in der Ständekammer nur in entschärfter Form Zustimmung; die Verpflichtung des Bundes zur Rückerstattung von ausländischen Gebühren entfiel [15].
Dass der Bund sich die ihm zustehenden Steuereinkünfte nicht durch kantonale Unregelmässigkeiten entgehen lassen will, bewies er gegenüber Obwalden, in dessen Veranlagungen seit 1980 ernsthafte Mängel festgestellt worden waren. Als Mahnungen wenig fruchteten, stellte das EFD die Steuerveranlagung der Sarner Behörden im Februar 1986 unter Aufsicht, und Bundesrat Stich gab davon im Nationalrat Kenntnis. In Obwalden war man über dieses Vorgehen sehr ungehalten, eröffnete dann aber eine parlamentarische und eine strafrechtliche Untersuchung und nahm Reformen an die Hand [16].
 
[14] Vgl. oben, Teil I, 4 b (Banken). Motion Bürgi: Amtl. Bull. StR, 1986, S.95 ff. sowie SGT, 14.3.86. Parallelmotion der FDP-Fraktion im NR: Amtl. Bull. NR, 1986, S. 1967 ff. Lusser: NZZ, 10.4.86.
[15] Vgl. unten, Teil I, 6 b (Generelle Verkehrspolitik) sowie SPJ, 1985, S. 81, 105 und 107 f. Die VCS-Initiative hätte weniger dem Bund als den Kantonen zusätzliche Mittel eingebracht (BBl, 1985, II, S. 650 ff., insbes. S. 662 ff.).
[16] Amtl. Bull. NR, 1986, S. 247 f. (Antwort BR Stichs in der Fragestunde des NR) ; TA, 24.3.86 ; NZZ, 26.3.86 ; 5.4.86 ; 16.4.86 ; 13.9.86 ; Presse vom 3.4.86 ; Vat., 25.4.86 ; 29.11.86 ; LNN, 11.6.86. Über politische Folgen der Affäre vgl. oben, Teil I, 1e (Ständerat; Kantonale Wahlen, Obwalden).