Année politique Suisse 1986 : Infrastructure, aménagement, environnement / Transports et communications / Eisenbahnverkehr
Der Leistungsauftrag (LA) 1987 an die Bundesbahnen sowie eine damit verbundene Änderung des Bundesgesetzes über die SBB wurden vom Parlament genehmigt. Nach dem neuen LA übernimmt der Bund die volle finanzielle Verantwortung für die feste Infrastruktur des Regiebetriebs, wobei dieser eine Benützungsentschädigung bezahlt. Die SBB ihrerseits haben sich so im Markt zu bewegen, dass sie — nach Abgeltung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen, zu denen neben dem regionalen Personen- neu auch der Huckepackverkehr zählt — ihre Betriebskosten selbst decken können. In der Detailberatung gab der Umfang des finanziellen Mitspracherechts der Legislative zu reden. Der Nationalrat wollte die SBB verpflichten, dem Parlament jeweils zusammen mit dem Budget und der mehrjährigen Finanzplanung auch mehrjährige Verpflichtungskredite für Investitionen zu unterbreiten, liess diese Bestimmung in der Differenzbereinigung allerdings wieder fallen. Beide Räte bauten hingegen ihre Mitsprache dahingehend aus, dass der vom Bundesrat für die SBB festzulegende Infrastrukturbenützungsbeitrag von ihnen genehmigt werden muss
[35].
Bei der Beratung über den LA 1987 wurde von bürgerlichen Parlamentariern auch argumentiert, die Bezahlung der gesamten SBB-Infrastruktur durch den Bund schaffe für die Kantone in ihrem Verhältnis zu den
Privatbahnen ein untragbares Präjudiz. Nach Bundesrat Schlumpf ist eine Übernahme der Verantwortung für die Infrastrukturkosten der Konzessionierten Transportunternehmungen (KTU) durch Bund und Kantone jedoch nicht vorgesehen. Hingegen stellte der EVED-Vorsteher eine Vorlage über die Abgeltung gemeinwirtschaftlicher Leistungen nach vergleichbaren Grundsätzen wie bei den SBB in Aussicht
[36]. Zur Förderung der KTU unterbreitete die Regierung dem Parlament ferner einen 7. Rahmenkredit von 930 Mio Fr. für die Jahre 1988 bis 1992. Dieser entspricht dem Bundesanteil an den für diesen Zeitraum auf 2,3 Mia Fr. veranschlagten Investitionsbedarf. Vorgesehen sind dabei insbesondere auch Aufwendungen der KTU für Attraktivitäts- und Kapazitätssteigerungen im Zusammenhang mit dem Konzept «Bahn 2000»
[37].
Zur Förderung des Umsteigens auf den öffentlichen Verkehr verbesserten die SBB einerseits das Leistungsangebot, andererseits versuchten sie, mit Tarifvergünstigungen neue Kundenkreise anzusprechen. Neben Ermässigungen für Gruppen und Pendler lancierten sie auf den Frühling namentlich das Familien-Generalabonnement als Alternative zum «Familienauto» und führten für Kinder in Begleitung mindestens eines Elternteils den Nulltarif ein. Als eigentlicher Verkaufsschlager erwies sich das
neue Halbtaxabonnement für 100 Fr., das in einer Sonderaktion schon ab November angeboten wurde. Auf den Fahrplanwechsel im Mai 1987 hin wollen die SBB das Angebot durch Leistungsverbesserungen noch attraktiver gestalten und einen weiteren Schritt in Richtung «Bahn 2000» tun. So werden die Fahrleistungen im Reisezugsverkehr um 11 % gesteigert, auf den Hauptachsen teilweise der Halbstunden-Takt eingeführt, der Regionalzugfahrplan verdichtet und neue direkte Verbindungen angeboten. Weitere wichtige Neuerungen für 1987 sind der Anschluss des Genfer Flughafens ans Bahnnetz sowie eine direkte TGV-Verbindung Bern-Paris
[38]. Mit einer offensiven Marktstrategie im Güterverkehr versuchten die SBB, verlorene Marktanteile zurückzuerobern. Am besten gelang dies mit dem Huckepackverkehr, wo sowohl die Erträge als auch die transportierten Mengen erheblich gesteigert werden konnten
[39].
Nach einem relativ günstigen Vorjahresergebnis rutschten die SBB 1986 wieder tiefer in die roten Zahlen. Bei einem Aufwand von 4,26 Mia Fr. (+ 2,6%) und einem Ertrag von 3,90 Mia Fr. (+ 0,9%) schlossen sie die Rechnung mit einem Fehlbetrag von 357 Mio Fr. ab und überschritten damit das budgetierte Defizit um 23,6 Mio Fr., dasjenige von 1985 gar um 75,6 Mio Fr. Die Abweichung wurde in erster Linie auf das Stagnieren des Verkehrsertrages zurückgeführt. Zwar erzielten die Bundesbahnen im Personenverkehr mit 228 Mio Reisenden (+ 1,6%) das beste Resultat seit 1971; der um 1,3 % gesteigerte Ertrag von 1,20 Mia Fr. lag jedoch um fast 30 Mio Fr. unter der Vorgabe.
Beim
Güterverkehr wurde das Budgetziel bei einem gegenüber 1985 gleichbleibenden Ertrag von 1,18 Mia Fr. um 95 Mio Fr. unterschritten, doch gelang es den SBB im Gegensatz zu anderen europäischen Bahnen immerhin, das Transportvolumen um 1,4% zu steigern. Der Aufwand konnte zu 91,6% (1985: 93,2%) gedeckt werden. Der SBB-Voranschlag für 1987 basiert erstmals auf dem neuen Leistungsauftrag und sieht aufgrund der geänderten Rechnungsführung ein ausgeglichenes Ergebnis vor, da der Bund neben der Abgeltung gemeinwirtschaftlicher Leistungen neu die finanzielle Verantwortung für die Infrastruktur übernimmt. Einem budgetierten Gesamtertrag von 4627,3 Mio Fr. steht jetzt ein gleich hoher Gesamtaufwand gegenüber. Darin eingeschlossen ist ein Beitrag der SBB von 211 Mio Fr. an die Infrastrukturaufwendungen, die gesamthaft auf 787 Mio Fr. veranschlagt werden. Die Bundesbahnen hatten einen Benützungsbeitrag von 201,5 Mio Fr. angeboten, den der Bund heraufsetzte, um den Regiebetrieb zu vermehrter unternehmerischer Anstrengung zu verpflichten. Die Aufteilung des bisherigen SBB-Voranschlags in ein Betriebs- und ein Infrastrukturbudget bewirkt, dass die Bundesbahnen in Zukunft immer mehr oder weniger ausgeglichene Erfolgsbudgets vorlegen können. Nach dem alten Rechnungsmodus müsste für 1987 freilich ein Defizit von 413 Mio Fr. veranschlagt werden, worin sich abermals eine leichte Verschlechterung der Ertragslage ausdrückt. Damit die vom Bund zu deckenden Infrastrukturbeiträge nicht bloss die Differenz zwischen Aufwand und Ertrag bilden, soll die Benützungsgebühr für die SBB auch künftig streng nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen festgelegt werden. Nach der Zielvorstellung des Bundesrates müsste sie längerfristig 35,5% (1987: 27%) der Infrastrukturkosten betragen
[40].
[35] Zur Botschaft des BR über den LA 1987 siehe SPJ, 1985, S. 114 f. Parlamentsdebatte: Amtl. Bull. NR, 1986, S. 923 ff., 1371 und 1522; Amtl. Bull. StR, 1986, S. 537 ff. und 627; BBl, 1986, III, S. 391 ff.; AS, 1987, S. 263 ff. und 266 ff. ; NZZ, 23.5.86 ; 18.9.86; Presse vom 20.6.86 ; 2.10.86. Siehe auch H. Letsch, «Ungereimtes um die Förderung des öffentlichen Verkehrs», in Die Volkswirtschaft, 59/1986, S. 705 f. Der NR überwies ferner eine Motion Schmidhalter (cvp, VS), welche aufgrund des neuen LA die Kompetenzen des Parlaments und der Verkehrskommissionen beider Räte klar umschreiben und dabei insbesondere die Oberaufsicht der Legislative festigen will (Amtl. Bull. NR, 1986, S. 1475 f.).
[36] BR Schlumpf: Amtl. Bull. StR, 1986, S. 544. KTU-Abgeltung: Bund, 4.4.86; 9.9.86 ; Vat., 18.4.86 ; NZZ, 5.9.86 ; siehe auch Amtl. Bull. StR, 1986, S. 438 ; Bilanz, 1986, Nr. 6, S. 48 ff.; Gesch.ber., 1986, S. 367 ff. sowie SPJ, 1985, S. 115.
[37] BBl, 1986, III, S. 1009 ff.; Presse vom 20.11.86; vgl. LITRA, Jahresbericht 1985/86, S. 49 f. sowie SPJ, 1981, S. 108. Zur Gleichbehandlung der KTU-Projekte mit denjenigen von «Bahn 2000» siehe die Motion Schmidhalter, cvp, VS (Verhandl. B.vers., 1986, 1II/IV, S. 96). Beide Räte überwiesen ferner eine von der Finanzkommission des StR im Zusammenhang mit der Behandlung der Staatsrechnung 1985 eingebrachte Motion, welche störende Ungleichheiten, die sich aus den Bestimmungen über die Tarifannäherung der KTU an jene der SBB im Laufe der Jahre ergeben haben, ausmerzen will (Amtl. Bull. StR, 1986, S. 278 ff. ; Amtl. Bull. NR, 1986, S. 1852; Presse vom 10.6.86).
[38] Neuerungen im Personenverkehr: BZ, 3.1.86; Bund, 11.2.86; TA, 27.2.86; 30.4.86; 11.8.86; SHZ, 10, 6.3.86; SGT, 20.5.86; 8.8.86; BaZ, 24.7.86; SBB, Geschäftsbericht 1986, Bern 1987, S. 14 ff. 100 Fr.-Halbtaxabonnement: Presse vom 2.10.86; BZ, 15.12.86; TA, 23.12.86; siehe auch oben (Generelle Verkehrspolitik). Fahrplanwechsel : Presse vom 23.10.86. TGV : Bund, 14.3.86 ; 12.4.86. Ferner bewilligte der SBB-Verwaltungsrat einen Kredit von 275 Mio Fr. für die Modernisierung des Rollmaterials (Presse vom 8.4.86). Vgl. SPJ, 1985, S. 115.
[39] Zum neuen Güterverkehrskonzept «SBB Cargo» mit den Bereichen «Cargo Rail » (Wagenladung), «Cargo Combi » (Huckepack und Grosscontainer) und «Cargo Domizil» (Stückgut) siehe SBB, Geschäftsbericht 1986, S. 19 ff. Siehe auch Presse vom 11.3.86; TW, 17.3.86; NZZ, 5.9.86; Ww, 41, 9.10.86; SHZ, 52, 23.12.86 sowie SPJ, 1985, S. 116.
[40] Rechnung 1986: BBl, 1987, II, S. 975 ; Presse vom 27.2.87; wf, Dok., 22/23, 1.6.87; SBB, Geschäftsbericht 1986; siehe auch TA, 21.8.86; Sonntags-Blick, 34, 24.8.86. Zur Rechnung 1986 vgl. Amtl. Bull. NR, 1986, S. 870 ff.; Amtl. Bull. StR, 1986, S. 281 ff. ; SPJ, 1985, S. 116. Budget 1987: BBl, 1986, III, S. 709 ff.; Amtl. Bull. NR, 1986, S. 1842 ff.; Amtl. Bull. StR, 1986, S. 723 ff.; BBl, 1987, I, S. 68 f.; Presse vom 30.10.86; 9.12.86; 12.12.86 ; wf, KK, 44, 3.11.86 ; wf, Dok., 47, 24.11.86. Siehe auch H. Stricker, «Das Portrait der Schweizerischen Bundesbahnen», in Jahrbuch der Schweiz. Verkehrswirtschaft 1986, S. 141 ff. sowie H. Meiner / H. R. Kamber, Die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) als Teil der schweizerischen und europäischen Transportkette des öffentlichen Verkehrs, Bern 1986.
Copyright 2014 by Année politique suisse
Ce texte a été scanné à partir de la version papier et peut par conséquent contenir des erreurs.