Année politique Suisse 1987 : Partis, associations et groupes d'interêt / Associations et autres groupes d'interêt / Unternehmer
Mit der Ablehnung der Mutterschaftsversicherung in der Volksabstimmung konnte der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) 1987 einen
weiteren referendumspolitischen Erfolg erzielen. Es handelte sich dabei – nach dem Raumplanungsgesetz, dem Hochschulförderungsgesetz und der Innovationsrisikogarantie – um die vierte Vorlage, die seit 1976 vom SGV mit dem Referendum zu Fall gebracht worden war. Dass er damit einen von bürgerlichen Parlamentariern eingebrachten Lösungsvorschlag torpedierte, stellte ein Indiz für das teilweise recht spannungsreich gewordene Verhältnis zwischen dem SGV und den bürgerlichen Parteien dar. Weitere Anlässe für derartige Konflikte bestehen namentlich in der Umwelt- und in der Verkehrspolitik und dürften in Zukunft noch bedeutsamer werden. Dabei geht es nicht nur um die Ablehnung einzelner Massnahmen, sondern auch um grundsätzliche Fragen. So sagte der SGV der Einführung von umweltpolitischen Lenkungssteuern grundsätzliche Opposition an und stellte sich damit gegen die Freisinnigen, welche diesem Instrument im Rahmen einer marktwirtschaftlichen Ordnung grosses Gewicht beimessen
[13].
Eine gewisse Unzufriedenheit des Gewerbes mit den bürgerlichen Parteien liess sich auch bei den eidgenössischen Wahlen vom Herbst nicht übersehen: Nachdem eine Konsultation unter den Mitgliedern des kantonalen Gewerbeverbandes ein Malaise über die Politik namentlich der SVP zutage gefördert hatte, wurde von unzufriedenen Berner Gewerblern zuerst die Gründung einer eigenen Partei in Erwägung gezogen. Gegen den Willen der kantonalen Verbandsleitung zogen die Dissidenten schliesslich mit einer eigenen Liste in den Wahlkampf, allerdings mit sehr bescheidenem Erfolg. Da gesamtschweizerisch die Exponenten des SGV auf den bürgerlichen Listen in der Regel gut abschnitten, kann das Gewerbe auch in der neuen Legislaturperiode sowohl im Parlament als auch in den Fraktionen der bürgerlichen Parteien seine Positionen geltend machen
[14].
Die Parolen des SGV zu den Volksabstimmungen deckten sich in fünf Fällen mit denjenigen des Parlaments (Zustimmung zur Asyl- bzw. Ausländergesetzrevision und zur "Bahn 2000", Ablehnung der Volksinitiativen für ein Rüstungsreferendum und zu Rothenthurm) und waren zweimal entgegengesetzt (Ablehnung des Doppelten Ja und der Mutterschaftsversicherung)
[15].
[13] Zur Mutterschaftsversicherung siehe oben, Teil I, 7c (Assurance-maladie et maternité) sowie SGZ, 2.7. und 26.11.87. Umweltpolitik: SGZ,.9.4.87; Gewerbliche Rundschau, 1987, Nr. I. Vgl. auch das Porträt des SGV in TAM, 28.11.87.
[14] BZ, 17.3., 24.6. und 26.9.87; TA, 5.8.87; SZ, 13.6.87; Bund, 20.10.87; SGZ, 8.10., 15.10. und 22.10.87.
[15] Vgl. die entsprechenden Sachzusammenhänge oben sowie die Dokumentation zu den Parolen der Parteien und Verbände im FSP, Bern.
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