Année politique Suisse 1987 : Eléments du système politique / Droits, ordre public et juridique
Grundrechte
Als Zweitrat stimmte auch der Ständerat der Ratifikation der
Zusatzprotokolle Nr. 6, 7 und 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zu, wobei er sich der Meinung der Volkskammer anschloss, dass die Protokolle Nr. 6 und 7 dem fakultativen Staatsvertragsreferendum zu unterstellen seien. Ein Nichteintretensantrag des Freisinnigen Hefti (GL), für den die Unterzeichnung dieser euroäischen Grundrechtsgarantien ein nicht akzeptabler Souveränitätsverlust für die Schweiz bedeuten würde, wurde mit 27:8 Stimmen abgelehnt. Die Referendumsfrist verlief ungenutzt, da der Versuch der Nationalen Aktion scheiterte, Bündnispartner für die Unterschriftensammlung gegen das von ihr bekämpfte Protokoll Nr. 6, welches ein Verbot der Todesstrafe in Friedenszeiten beinhaltet, zu finden
[1].
Obwohl die Verbesserung des Schutzes des Individuums vor der missbräuchlichen Verwendung von persönlichen Daten durch die Verwaltung und die Wirtschaft seit längerer Zeit als dringlich eingestuft wird, schreiten die Arbeiten an einem
Datenschutzgesetz nur sehr langsam voran. Die Arbeitsgruppe, die im Anschluss an die 1984 durchgeführte Vernehmlassung mit der Überarbeitung des Expertenentwurfs beauftragt worden war, reichte im Februar ihren Vorschlag beim EJPD ein. Das Ergebnis vermochte offenbar noch nicht zu überzeugen: gemäss Bundesrätin Kopp ist der Entwurf zu kompliziert ausgefallen und bedarf deshalb der verwaltungsinternen Bearbeitung. Die Veröffentlichung der Botschaft wurde auf den Sommer 1988 angekündigt
[2].
Die langsame Gangart bei der Ausarbeitung von Datenschutzbestimmungen auf Bundesebene war mit ein Grund dafür, dass der Bundesrat im Berichtsjahr in einer Botschaft eine Revision des aus dem Jahre 1860 stammenden Bundesgesetzes über die eidgenössische
Volkszählung beantragte. Ursprünglich war bei dieser Revision lediglich vorgesehen gewesen, dem Bundesrat die Kompetenz einzuräumen, das genaue Datum der alle zehn Jahre durchzuführenden Volkszählung festzulegen. Dahinter stand die Absicht, die für Dezember 1990 vorgesehene Volkszählung um ein Jahr vorzuziehen und damit zu gewährleisten, dass bei Beginn der Vorbereitung der Nationalratswahlen 1991 die neue Sitzzuteilung an die Kantone aufgrund der Zählungsergebnisse bekannt ist. In der 1987 durchgeführten Vernehmlassung hatten insbesondere die politischen Parteien eine umfassendere Revision verlangt und die gesetzliche Verankerung des Datenschutzes als vorrangiges Problem der Volkszählung bezeichnet. Die in der BRD gemachten Erfahrungen hatten zudem gezeigt, dass Boykottbewegungen gute Erfolgsaussichten haben und eine geplante Volkszählung verhindern können. Der Bundesrat trug diesen Forderungen und Befürchtungen Rechnung, indem er die Bestimmung aufnahm, dass die Daten nur zu statistischen Zwecken verwendet werden dürfen und alle Befrager dem Amtsgeheimnis unterstehen. Damit würde zum Beispiel die heutige Praxis, wonach Gemeinden ihre Einwohnerkontrolle mit den Volkszählungsergebnissen à jour bringen, verboten. Das Gesetz will zudem dem Bundesrat die Kompetenz zu detaillierten Ausführungsbestimmungen in bezug auf den Schutz der Volkszählungsdaten einräumen. Um eine allfällige Boykottbewegung zu verhindern, soll andererseits die Auskunftsverweigerung mit Busse geahndet werden können. In ersten Pressekommentaren wurde die Aufnahme von Datenschutzbestimmungen in das Revisionsvorhaben zwar grundsätzlich begrüsst, die Blankovollmacht für die Regierung und damit das Fehlen von präzisen Vorschriften aber als ungenügend beurteilt
[3].
[1] Amtl. Bull. StR, 1987, S. 24 ff. und 169; Amtl. Bull. NR, 1987, S. 552; BBl, 1987, I, S. 1018 ff.; TA, 6.4.87. Zum Inhalt der Zusatzprotokolle vgl. SPJ, 1986, S. 14 f.
[2] Amtl. Bull. NR, 1987, S. 770; SoZ, 14.4.87; SPJ, 1986, S. 15.
[3] BBl, 1988, I, S. 149 ff.; NZZ, 16.4. und 5.6.87 (Vernehmlassung der Parteien); AT, 23.5.87; TA, 25.5.87 (BRD); Bund, 29.10.87. Siehe auch W. Haug, "Die Entwicklung der Volkszählung", in NZZ, 15.4.87.
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