Année politique Suisse 1987 : Economie / Crédit et monnaie / Banken
print
Bankgeheimnis und Kapitalflucht
Die 1985 von der Finanzkommission der OECD vorgeschlagene Konvention über internationale Amtshilfe in Steuersachen führte zu einer aussenpolitischen Machtprobe zwischen Bundesrat und Parlament. Einig war man sich zwar, dass die Schweiz einer derartigen Konvention nicht beitreten solle, und dass damit das Bankgeheimnis weiterhin nur im Rahmen von ordentlichen Rechtshilfebegehren aufgehoben werden kann. Der bürgerlichen Mehrheit im Nationalrat reichte dies jedoch nicht; sie verlangte mit einem Postulat, dass die Regierung das Zustandekommen dieser Konvention mit einem Veto torpedieren solle. Der in dieser Frage allein zuständige Bundesrat entgegnete, dass es aussenpolitisch nicht opportun wäre, wenn die Schweiz mit einem Veto einen Zusammenarbeitsvertrag zwischen Drittstaaten verhindern würde. Die neue Konvention ist im Berichtsjahr von den zuständigen europäischen Gremien gegen den Widerstand der Schweiz und anderer Staaten beschlossen worden. Dabei gaben die BRD, Luxemburg und die Schweiz in der Europarats-Ministerkonferenz zu Protokoll, dass sie die Vereinbarung nicht unterzeichnen werden [16].
Dem Begehren der philippinischen Regierung um Repatriierung der vom ehemaligen Staatschef Marcos und seiner Familie auf Schweizer Bankkonten angelegten Gelder konnte noch nicht entsprochen werden. Die Rekurse der Anwälte Marcos' gegen die 1986 verfügte vorsorgliche Blockierung der Konten wurden zwar von den kantonalen Gerichten und auch vom Bundesgericht abgewiesen. Das Bundesgericht stellte in seinem Entscheid fest, dass der Gewährung von Rechtshilfe prinzipiell nichts im Wege stehe. Voraussetzung dazu sei aber, dass das Gesuch von einem ordentlichen philippinischen Gericht und nicht von einer Untersuchungskommission der Regierung eingereicht werde [17].
 
[16] Amtl. Bull. NR, 1987, S. 430 ff., 707 und 1207; Gesch.ber., 1987, S. 27; NZZ, 26.6.87. Siehe auch SPJ, 1985, S. 72.
[17] JdG, 12.1., 5.2. und 15.9.87; Vat., 5.2.87; NZZ, 25.2. und 2.7.87; 24 Heures, 25.2.87. Vgl. auch die Antwort des Bundesrats auf Interpellationen aus dem Jahr 1986 (Amtl. Bull. NR, 1987, S. 421 ff.). Zur Blockierung der Konten siehe SPJ, 1986, S. 78.