Année politique Suisse 1987 : Economie / Agriculture
Forstwirtschaft
Der Anteil der kranken Bäume stieg innert Jahresfrist um weitere 6% auf 56% an. Markant verschlechterte sich dabei die Lage bei den Laubbäumen (von 45% auf 57%); bei den Nadelbäumen betrug die Zunahme der geschädigte Bäume 3% (auf 55%). Im Mittelland, im Jura und in den Voralpen nahmen die
Waldschäden um über 10% zu, während in den Alpenregionen und auf der Alpensüdseite eine geringe Verbesserung (um 3%) festgestellt werden konnte. Kritik an der Waldschadenuntersuchung "Sanasilva" äusserten einige Forstingenieure und der Schweizerische Strassenverkehrsverband (FRS): Die "Sanasilva"-Studie sei nicht repräsentativ und wissenschaftlich zweifelhaft. Der Schweizer Wald kranke vor allem an mangelnder Nutzung und Überalterung — in den letzten 30 Jahren sei nur die Hälfte des erforderlichen Hiebsatzes erfolgt; demgegenüber hätte die Luftverschmutzung die Schäden lediglich beschleunigt. Das angeschuldigte Bundesamt verwarf diese Vorwürfe rundweg mit dem Hinweis, dass seine Untersuchungsmethode international anerkannt sei, und unterstrich erneut die grundlegende Bedeutung der Luftverschmutzung im Zusammenhang mit dem Waldsterben
[29].
Nach einer Studie des Forstinstituts in Birmensdorf wird wegen der Auswirkungen des Waldsterbens in den Bergregionen mit rasant steigenden Kosten gerechnet werden müssen: Der Schutz der bereits von Erosion bedrohten Bergzonen erfordert in den nächsten 10 Jahren Ausgaben von 1,35—2,1 Mia Fr. Wenn noch weitere Regionen geschützt werden müssen, könnten die Kosten bis 3,5 Mia Fr. steigen; sollten sich noch die "qualitativen Schutzansprüche" erhöhen, müsste in den nächsten 10 Jahren gar mit einem Investitionsvolumen von bis zu 4,7 Mia Fr. gerechnet werden. Gemessen an den bisherigen Aufwendungen würde dies jährlich 5—6mal höhere Kosten bedeuten. Dazu kämen noch zusätzlich Personalkosten für 30—50 Forstingenieure und über 500 Forstarbeiter
[30].
Der Trend zur Erhöhung der
Subventionen für forstwirtschaftliche Massnahmen hielt weiter an. Im Rahmen der Budgetdebatte für 1988 bewilligten die eidgenössischen Räte rund 167 Mio Fr.; gegenüber dem Vorjahr bedeutete dies eine Erhöhung um 21%
[31]. Der Bundesrat beantragte dem Parlament die Verlängerung und Erweiterung des Bundesbeschlusses von 1984 über Beiträge an ausserordentliche Massnahmen gegen Waldschäden (Borkenkäfer-Beschluss). Der bundesrätliche Entwurf sieht wie bisher jährlich 30 Mio Fr. für die Bekämpfung von Waldschädlingen sowie für die sofortige Aufforstung und den Abtransport geschädigter Bäume vor. Neu sind weitere 30 Mio Fr. im Jahr für Massnahmen zur Jungwuchspflege und Verbesserung der Betriebsstrukturen sowie zur Ausbildung des Forstpersonals und für Selbsthilfe der Holz- und Waldwirtschaft vorgesehen. Die Mittel sollen je zur Hälfte dem allgemeinen Bundeshaushalt und den Treibstoffzollerträgen belastet werden. Die Geltungsdauer dieses Beschlusses soll bis zum Inkrafttreten des neuen Waldgesetzes oder bis Ende 1992 befristet werden
[32].
Der Entwurf für ein
neues Waldgesetz, welches als Rahmengesetz das Forstpolizeigesetz (FpolG) von 1902 ablösen soll, wurde im Vernehmlassungsverfahren allgemein begrüsst. Differenzen zeigten sich allerdings bezüglich der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen sowie zwischen Kreisen der Holzwirtschaft und des Umweltschutzes. Die Holzwirtschaft vermisste im Entwurf ein wirtschaftliches Denken und die Möglichkeit für eine grossflächigere und rationellere Nutzung, die Umweltschutz- und Naturschutzkreise wiederum kritisierten den Entwurf als "Wirtschaftsförderungsgesetz" und bemängelten das Fehlen eines ganzheitlichen ökologischen Denkens
[33].
[29] BA für Forstwesen und Landschaftsschutz / Eidg. Anstalt für das forstliche Versuchswesen, Sanasilva-Waldschadenbericht 1987, Bern 1987; Presse vom 25.8. und 27.11.87; siehe auch SGT, 17.7.87 (Untersuchung über Waldschäden an Buchen im Mittelland). Kritik an der Sanasilva-Studie: G. Caprez u.a., Wald und Luft. Eine kritische Untersuchung über Zusammenhänge zwischen Waldsterben und Luftverschmutzung, Bern 1987; Presse vom 10.1.87; BZ, 3.11.87; NZZ, 3.11. und 11.12.87; Bund, 17.12.87; siehe auch SGU-Bulletin, 1987, Nr. 1, S. 13; sowie die Interpellation Wanner (fdp, SO): Amtl. Bull. NR, 1987, S. 1793 ff.
[30] Eidg. Anstalt für das forstliche Versuchswesen, Walderhaltung und Schutzaufgabe im Berggebiet, Birmensdorf 1987; Presse vom 9.10.87; BaZ, 10.10.87; vgl. auch die Interpellation Fierz (gp, BE) zur Nichtinformation über diese Studie (Amtl. Bull. NR, 1987, S. 1875 ff.). Siehe ferner unten, Teil I, 6d (Umweltpolitik) sowie SPJ, 1986, S. 105 und 140.
[31] Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen, 139/1988, Nr. 4, S. 288 ff.; TA, 27.11.87; Presse vom 9.12.87. Vgl. auch unten, Teil I, 5 (Voranschlag der Eidgenossenschaft) sowie SPJ, 1986, S. 105.
[32] BBl, 1988, I, S. 289 ff.; SZ, 30.6.87; TA, 18.8.87; Presse vom 27.11.87.
[33] NZZ, 13.3., 18.5. und 3.7.87; Ww, 28, 9.7.87. Siehe auch die Vorstösse von NR Houmard, fdp, BE (Amtl. Bull. NR, 1987, S. 1435 ff. und 1479 ff.); NZZ, 23.5. und 7.9.87; AT, 9.9.87 sowie SPJ, 1986, S. 105.
Copyright 2014 by Année politique suisse
Ce texte a été scanné à partir de la version papier et peut par conséquent contenir des erreurs.