Année politique Suisse 1987 : Infrastructure, aménagement, environnement / Transports et communications
 
Agglomerationsverkehr
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Umweltpässe und Tarifverbünde
Zur Lösung der Verkehrsprobleme in den Städten und Agglomerationen werden Massnahmen zur Reduktion des privaten und zur Förderung des öffentlichen Verkehrs immer wichtiger. Neben einem Ausbau des Angebots haben Umweltpässe und Verbundabonnemente das Umsteigen attraktiver gemacht. In allen 16 Schweizer Städten, die 1987 solche Abonnemente anboten, wiesen die Verkaufszahlen der vergünstigten Abonnemente hohe Zuwachsraten auf. Nach wie vor an der Spitze liegt Basel, wo die Passagierzahlen seit der Einführung des Umweltschutzabos 1984 um 24% gesteigert und der Privatverkehr um 2,6% reduziert werden konnten. Diese Region war weiterhin wegweisend in bezug auf die Animierung zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, indem der Tarifverbund beider Basel auf den ganzen Juranordfuss ausgedehnt und damit die erste integrale Tarifgemeinschaft dieser Grösse verwirklicht wurde. Beteiligt sind sämtliche öffentliche Transportunternehmungen der Nordwestschweiz und über 150 Gemeinden aus sechs Kantonen (BS, BL, BE, SO, AG und JU) mit rund 600 000 Einwohnern. Dank Beiträgen der öffentlichen Hand konnte ein Verbundabonnement für ein Netz von 856 km zum Preis von nur 40 Fr. pro Monat angeboten werden, das — die Linien der SBB ausgenommen — übertragbar ist [12].
Der Tarifverbund der Region Luzern wurde auf den ganzen Kanton und ab 1988 auf die Kantone Luzern, Obwalden und Nidwalden ausgedehnt. Damit ist er neben dem nordwestschweizerischen der weitreichendste. Vom angebotenen "Passpartout", dem Umweltabonnement für ein Streckennetz von 900 km Bahn-, Bus- und Schiffslinien, kann eine Bevölkerung von 450 000 Personen profitieren [13].
Der Zürcher Kantonsrat verabschiedete einstimmig eine Verfassungsbestimmung und ein Gesetz über den öffentlichen Personenverkehr. Die Vorlagen stellen die Grundlage dar, um ab 1990, wenn das SBahn-System seinen Betrieb aufnehmen wird, sämtliche öffentlichen Verkehrsmittel des Kantons Zürich in einem Tarif- und Verkehrsverbund zusammenfassen zu können [14].
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Flankierende Massnahmen
Umwelt- und Verbundabonnemente können insbesondere dann ihre volle Wirkung entfalten, wenn sie von gezielten Massnahmen zur Eindämmung des motorisierten Individualverkehrs begleitet werden. Die Stadt Bern begann im Muesmattquartier einen einjährigen Pilotversuch mit Parkierungsbeschränkungen. Während Anwohner und Gewerbetreibende in der neu eingeführten "blauen Zone" uneingeschränkt parkieren dürfen, gilt für alle anderen Autofahrer eine Zeitlimite von anderthalb Stunden. Dadurch sollen Pendler und Langzeitparkierer aus dem Wohnquartier verdrängt werden. Parallele Versuche in Zürich und Basel mussten wegen Beschwerden bzw. politischem Druck auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden. In der Stadt Luzern wurde ein Grossversuch mit Tempo 30 in einzelnen Quartieren vorbereitet, der in der Vernehmlassung — trotz harscher Kritik aus Automobilistenkreisen — auf überwiegend positives Echo stiess. Neben der Hebung der Verkehrssicherheit und der Wohnqualität soll er dazu beitragen, die Attraktivität des Privatverkehrs zu vermindern und dadurch die Verkehrsströme zu reduzieren [15].
Die Exekutive der Stadt Zürich stellte ein Konzept für die künftige städtische Verkehrspolitik vor. Mit verkehrsbeschränkenden und -beruhigenden Massnahmen will sie bis 1994 eine 30%ige Reduktion des Motorfahrzeugverkehrs und die Umlagerung auf die öffentlichen Verkehrsmittel erreichen und so die Einhaltung der Grenzwerte der Luftreinhalteverordnung ermöglichen und gleichzeitig die Lebensqualität in der Stadt verbessern. Da der beantragte Rahmenkredit von 80 Mio Fr. zur Verwirklichung dieser Massnahmen bei den Bürgerlichen und den Automobilverbänden auf vehemente Opposition stiess, suchte die vorberatende parlamentarische Kommission nach einem mehrheitsfähigen Kompromiss. Der vorgeschlagene reduzierte Kredit in der Grössenordnung von 40 Mio Fr. wurde jedoch von der FDP und der SVP aus grundsätzlichen Überlegungen ebenfalls abgelehnt [16].
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Verbesserung der Infrastruktur
Nachdem in Zürich und anderen Deutschschweizer Städten der grosszügige Ausbau des öffentlichen Agglomerationsverkehrs seit einigen Jahren im Gang ist, werden nun auch in Genf entsprechende Projekte konkret diskutiert. Die Kantonsregierung sprach sich für den Bau einer Metro aus, deren Baukosten sie auf rund 1 Mia Fr. veranschlagte. Unterstützt wurde sie darin von den Bürgerlichen und den Automobilverbänden, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass sie von ihren Plänen zur gleichzeitigen Beschränkung des Motorfahrzeugverkehrs absehe. Opposition erwuchs dem Projekt von den Grünen und der SP, welche einen Ausbau des oberirdischen Tramnetzes bevorzugen [17].
 
[12] Erfolg der Umweltabonnemente: TA, 5.1.87; Brükkenbauer, 4.3.87; NZZ, 14.5.87 und 31.5.88; TW, 27.10.87; vgl. Verkehr und Umwelt, 1987, Nr. 4, S. 47. Tarifverbund Nordwestschweiz: BaZ, 21.1., 23.5., 2.6. und 3.12.87; SoZ, 31.5.87; AT, 10.7.87; Bund, 11.7.87 ; Verkehr und Umwelt, 1987, Nr. 4, S. 35 ff.; vgl. Amtl. Bull. StR, 1987, S. 263 ff. sowie SPJ, 1986, S. 120.
[13] Vat, 10.9., 29.9., 11.12. und 24.12.87; vgl. Verkehr und Umwelt, 1987, Nr. 4, S. 44 ff.
[14] Tarif- und Verkehrsverbund ZH: NZZ und TA, 16.9., 29.9.-1.10., 3.11. und 1.12.87; Verkehr und Umwelt, 1987, Nr. 4, S. 40 ff. Zur S-Bahn siehe SHZ, 16.7.87; TA, 15.8. und 4.11.87; vgl. SPJ, 1982, S. 99.
[15] Flankierende Massnahmen: siehe Verkehr und Umwelt, 1987, Nr. 2, S. 26 ff.; BUS-Bulletin, 1987, Nr. 3, S. 17 ff. sowie unten (Strassenverkehr). Bern: BZ, 9.9.87; vgl. SPJ, 1985, S. 108. Luzern: BZ, 18.2.87; Vat., 23.7. und 24.12.87. Zum Zusammenhang zwischen Tempo 30 und Luftverschmutzung bzw. Verkehrssicherheit siehe NZZ, 22.7.87; Ww, 20.8.87; TA, 10.11.87; sowie Lit.
[16] TA, 13.1., 14.1., 23.1., 17.2., 20.8., 21.8., 18.11., 27.11. und 28.11.87; Ww, 16.4.87; Verkehr und Umwelt, 1987, Nr. 2, S. 12 ff.
[17] JdG, 9.9., 23.9., 1.10., 4.11. und 16.11.87; Suisse, 3.10.87.