Année politique Suisse 1988 : Partis, associations et groupes d'interêt / Associations et autres groupes d'interêt
Landwirtschaft
Im
Schweizerischen Bauernverband (SBV) war im Herbst der zurücktretende Präsident, alt Ständerat Peter Gerber (svp, BE), der dieses Amt seit 1974 innegehabt hatte, zu ersetzen. Als Kandidaten präsentierten sich die beiden Nationalräte Berger (svp, VD) und Savary (cvp, FR). Nachdem 1987 der Posten des Direktors vom Westschweizer René Juri auf den Deutschschweizer Melchior Ehrler übergegangen war, blieb der Anspruch der Romands auf das Präsidentenamt unbestritten. Gewählt wurde von der Delegiertenversammlung am 15. November in Bern der 58jährige
Jean Savary. Bisher war der SBV in seiner 91jährigen Geschichte nur einmal (Ferdinand Porchet, 1935–49) von einem Westschweizer präsidiert worden. Der parteipolitischen Pluralität in der Verbandsspitze wurde durch die Wahl von Vertretern der beiden andern bürgerlichen Regierungsparteien (S. Bühler, svp, und C. Wanner, fdp) zu neuen Vizepräsidenten Rechnung getragen
[13].
Die Verbandsleitung nahm eine
Umstrukturierung des Bauernsekretariats in Angriff. Das Hauptziel der Anderungen besteht in einer stärkeren Betonung der Öffentlichkeitsarbeit zu Lasten der unentgeltlich erbrachten Dienstleistungen für die Mitglieder
[14]. In diesen Kontext passen auch die im Berichtsjahr verbandsintern diskutierten Pläne für eine Zeitschrift, welche die Leistungen und Probleme der Landwirtschaft einer breiteren Öffentlichkeit und dabei insbesondere den Konsumenten näher bringen soll
[15].
Die Parolen des SBV zu den eidgenössischen Volksabstimmungen fielen einmal mehr ausgesprochen regierungstreu aus. Mit seinem Ja zur KVP und seiner Ablehnung der vier zum Entscheid vorliegenden Volksinitiativen stimmten sie mit den Empfehlungen von Bundesrat und Parlament überein
[16].
Den Stellungnahmen des SBV konnte entnommen werden, dass er 1989 bei der Abstimmung über die Kleinbauerninitiative der VKMB (Vereinigung zum Schutz der kleinen und mittleren Bauern) aller Voraussicht nach die Nein-Parole ausgeben wird. Trotzdem war nicht zu verkennen, dass sich der Bauernverband um einen gewissen Ausgleich mit der VKMB bemühte. Verbandsdirektor Ehrler gab an der Delegiertenversammlung vom 15. November in Bern bekannt, dass die Position des SBV zur Kleinbauerninitiative noch nicht definitiv geklärt sei, und dass der leitende Ausschuss im Januar 1989 zu diesem Zweck eine Klausurtagung durchführen wolle. Der SBV dokumentierte seine Toleranz gegenüber der VKMB auch dadurch, dass seine Delegiertenversammlung einen Antrag auf Ausschluss der VKMB wegen ihrer öffentlichen Angriffe auf den Bauernverband mit 321:69 Stimmen deutlich ablehnte
[17].
Von einem wachsenden Einfluss der
VKMB auf die Politik des SBV kann jedoch keine Rede sein. Auf das Gesuch der VKMB, ihr eine stärkere zahlenmässige Vertretung in den Leitungsgremien zu gewähren, trat der Bauernverband genausowenig ein wie auf ihren Anspruch auf einen Sitz in der vom Bundesamt für Landwirtschaft einberufenen eidgenössischen Expertenkommission zur Frage vermehrter Direktzahlungen
[18]. Nachdem die VKMB ihre Anliegen bei der Formulierung des jährlichen Preisforderungspakets des Bauernverbandes nicht hatte durchsetzen können, reichte sie im Herbst erstmals ein eigenes Forderungspaket an den Bundesrat ein. Dieses unterschied sich von demjenigen des SBV im wesentlichen dadurch, dass es eine Differenzierung der Produktepreise und der Direktzahlungen nach Betriebsgrösse verlangte
[19].
Die in der Westschweiz verankerte
Union des producteurs suisses näherte sich den Positionen der VKMB an: Sie bekundete ihre Sympathie zu deren Preisforderungspaket und stellte sich voll hinter die Kleinbauerninitiative. Letzteres führte allerdings zu einem Bruch mit den deutschschweizerischen "Bäuerlichen Komitees"
[20].
[13] Bund, 23.2.88; NZZ, 10.9.88; SGT, 15.9.88; Presse vom 16.11.88. Zur Politik des SBV siehe oben, Teil I, 4c. Vgl. auch 91. Jahresbericht des Schweizerischen Bauernverbandes 1988, Brugg 1989 und M. Ehrler, "Künftige Agrarpolitik aus der Sicht des Schweizerischen Bauernverbandes", in Die Volkswirtschaft, 61/1988, Nr. 3, S. 6 ff.
[15] BZ, 18.3.88; Bund, 7.4.88.
[16] TA, 11.6.88; NZZ, 30.11.88.
[18] Gnueg Heu dune!, 1988, Nr. 1, S. 21 f. (Expertenkommission) und Nr. 4, S. 3 (Gremien).
[19] Gnueg Heu dune!, 1988, Nr. 8, S. 3 ff. Siehe dazu oben, Teil I, 4c (Einkommenssicherung).
[20] Union, 20.1., 2.3. und 23.11.88. Vgl. auch SPJ 1986, S. 262 f.
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