Année politique Suisse 1988 : Eléments du système politique / Droits, ordre public et juridique
 
Öffentliche Ordnung
Im Zusammenhang mit der Wohnungsknappheit kam es – vor allem in den Grossstädten – zu einer Reihe von Hausbesetzungen und kleineren Demonstrationen. Trotz der angespannten Lage vermochte dieses Thema aber nur gerade einmal (in Genf) mehr als 1000 Personen auf die Strasse zu locken. Insgesamt registrierten wir im Berichtsjahr 18 Kundgebungen mit mehr als 1000 Beteiligten: je fünf davon fanden in Basel und Genf statt, je drei in Bern und Zürich sowie je eine in Baden und Lausanne. Dominierendes Thema bei diesen grossen Demonstrationen waren aussen- und asylpolitische Fragen (acht). Neben den traditionellen 1. Mai-Kundgebungen der Gewerkschaften, die in dieser Zusammenstellung nicht erfasst sind, kam es in drei weiteren Fällen zu grösseren Demonstrationen der Arbeiter: In Lausanne und Zürich forderten 1500 resp. 4000 PTT-Angestellte bessere Arbeitsbedingungen, in Baden manifestierten 1500 Personen gegen Entlassungen bei der ABB (ehemals BBC).
Vier grössere Kundgebungen sind dem Bereich Jugend- und Kulturpolitik zuzuordnen, wovon deren drei in Basel und eine in Bern stattfanden [17]. Darunter fällt auch die mit 5 000 Teilnehmenden grösste Kundgebung des Berichtsjahres, die sich gegen die Räumung des Areals der alten Stadtgärtnerei in Basel richtete. In der Rheinstadt ergaben sich im Berichtsjahr eine ähnliche Situation und ähnliche Auseinandersetzungen wie 1987 in Bern im Zusammenhang mit dem Zaffaraya. Auch hier hatten sich mehrheitlich Jugendliche auf einem städtischen Grundstück eingerichtet und einen Freiraum zur Erprobung alternativer Lebens- und Kulturformen beansprucht. Etwa einen Monat nachdem sich das Volk in einer Abstimmung für eine andere Nutzung des Geländes ausgesprochen hatte, liess die Regierung die alte Stadtgärtnerei räumen. In der folgenden Nacht kam es rund um das Gelände und im Stadtzentrum zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei. Wie zuvor in Bern führte dies auch in Basel zu zum Teil in der Öffentlichkeit ausgetragenen Differenzen innerhalb der Regierung über Notwendigkeit und Durchführung der Polizeieinsätze [18].
 
[17] Belege für Demonstrationen mit 1000 und mehr Teilnehmenden (in Klammer Anzahl Teilnehmende / Thema): Genf: JdG, 7.3. (2 000 / Asylpolitik), 29.4. (1000 / Tschernobyl), 20.6. (1000 / Südafrika), 7.11. (2000 / Wohnen), 21.11.88 (2000 / Superphénix); Basel: BaZ, 18.1. (1500 / Asylpolitik), 16.5., 22.6. und 27.6. (1500, 2000 und 5000 / alte Stadtgärtnerei), 12.9.88 (1000 / Kurden); Bern: Bund, 30.5. (1000 / AJZ), 29.8. (1000 / Rumänien), 26.9.88 (2000 / Jürg Weiss); Zürich: TA, 8.7.88 (4000 / PTT-Personal), NZZ, 12.9. (1500 / Türkei), 28.1 1.88 (1000 / Kosowo, Jugoslawien); Lausanne: 24 Heures, 11.3.88 (1500 / PTT-Personal); Baden: AT, 18.4.88 (1500 / BBC-Personal).
[18] BaZ, 16.5., 22.-24.6. und 27.6.88. Siehe auch unten, Teil I, 8b (Kultur).