Année politique Suisse 1988 : Eléments du système politique / Elections / Wahlen in grösseren Städten
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St. Gallen
Die Wahlen ins Parlament der Stadt St. Gallen führten zu beträchtlichen Sitzverschiebungen im 63 Mitglieder zählenden Gemeinderat und verstärkten den Trend der St. Galler Grossratswahlen noch: Die Gruppierungen an den äusseren Flügeln des Parteienspektrums gewannen, die bürgerlichen Parteien FDP und CVP verloren, und die SP konnte ihre Position halten. Zu den Wahlsiegern gehörten die Grüne Liste M.U.T. (Grünes Bündnis), die von einem auf 4 Mandate zulegte, und die mit ihr verbundene Liste der Politischen Frauengruppe (PFG) mit 2 Gewinnen und neu 3 Sitzen. Die Autopartei errang auf Anhieb 5 Sitze und erreichte damit ebenfalls — wie die Grünen und die PFG zusammen — Fraktionsstärke. Grosse Verlierer waren die Freisinnigen, die mit 6 Sitzverlusten und neu noch 14 Mandaten eine empfindliche Niederlage erlitten. Demgegenüber konnte die CVP, die 3 ihrer bisherigen 21 Sitze abgeben musste, den Schaden einigermassen in Grenzen halten. Innerhalb der CVP gewannen die Christlichsozialen an Gewicht auf Kosten des rechten CVP-Flügels, der mit einer eigenen Liste "Mittelstand und Gewerbe" angetreten war. Der LdU kam mit einem Sitzverlust davon [33].
Drei Wochen nach der empfindlichen Schwächung der bürgerlichen Regierungsparteien bei den Gemeinderatswahlen endeten die Wahlen in die städtische Exekutive, den fünfköpfigen St. Galler Stadtrat, mit dem Erfolg eines "wilden" CVP-Kandidaten: Nachfolger des altershalber zurückgetretenen Werner Pillmeier (cvp) wurde der von einem überparteilichen Komitee ins Rennen geschickte Erich Ziltener (cvp). Der offizielle CVP-Kandidat nahm die Hürde des absoluten Mehrs zwar ebenfalls, fiel jedoch als überzählig aus der Wahl. Sowohl der Demissionär als auch die beiden Kandidaten gehören der christlichsozialen Parteigruppe an. Diese hatte zuhanden der CVP-Mutterpartei den engagierten Umweltschützer Ziltener vorgeschlagen, verzichtete dann aber auf eine parteiinterne Kraftprobe, nachdem sich die CVP gegen den CSP-Favoriten entschieden hatte. Darauf entschloss sich Ziltener zu einer Kampfkandidatur und überflügelte — unterstützt von LdU, EVP und Grünen — seinen Kontrahenten. Die vier bisherigen Stadträte wurden bestätigt; eine Kandidatin der Grünen hatte keine Chance [34].
 
[33] St. Gallen: Gemeinderatswahlen (Legislative) vom 4.9.88: Presse vom 5.9.88; SGT, 6.9.88. Wahlkampf: SGT, 16.4., 19.7., 22.8., 30.8. und 1.9.88; SZ, 7.5.88; BaZ, 1.9.88.
[34] St. Gallen: Stadtratswahlen (Exekutive) vom 25.9.88: NZZ und SGT, 26.9.88. Wahlkampf: SGT, 19.5., 17.6., 12.8., 17.8. und 20.8.88. Verteilung der Departemente: SGT, 26.10.88.