Année politique Suisse 1988 : Economie / Crédit et monnaie / Banken
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Geldwäscherei und Fluchtgelder
In der Frage der Strafbarkeit der Geldwäscherei, d.h. der Plazierung und der Entgegennahme von illegal erworbenen Geldern, haben die Tagesaktualitäten zu einer Beschleunigung der Gesetzgebungstätigkeit geführt. Nachdem 1987 die Vernehmlassung zu einem Entwurf des Experten P. Bernasconi ziemlich positiv ausgefallen war, hatte der Bundesrat im Februar das EJPD beauftragt, die neuen Bestimmungen in die laufende Revision des Vermögensstrafrechts zu integrieren. Im Zusammenhang mit der Verhaftung von Drogengrosshändlern durch die Untersuchungsbehörden des Kantons Tessin wurde anfangs November der bisher grösste Fall von Geldwäscherei in der Schweiz publik. Im Rahmen dieser "Libanon-Connection" genannten Aktivitäten sollen rund 1,5 Mia Fr. auf verschiedenen Wegen aus dem Nahen Osten zwecks Spurenverwischung in die Schweiz transferiert und namentlich bei einer Zürcher Grossbank deponiert oder in andere Vermögenswerte transferiert worden sein [15]. Bereits drei Wochen nach dem Bekanntwerden der Affäre beschloss der Bundesrat auf Antrag der Vorsteherin des EJPD, E. Kopp, die Gesetzgebung über die Geldwäscherei aus dem Revisionspaket des Vermögensstrafrechts herauszunehmen und dringlich zu behandeln. Die unverzüglich eingesetzte Expertenkommission soll bis zum Frühjahr 1989 einen entsprechenden Entwurf ausarbeiten. Sie hat zudem den Auftrag, zu überprüfen, ob der Artikel neben der eigentlichen Strafnorm auch Bestimmungen über die Beschlagnahmung von Geldern und Vermögenswerten, die aus diesen Geschäften stammen, enthalten soll [16].
Die neuen Standesregeln der Schweizerischen Bankiervereinigung über die Sorgfaltspflicht der Banken bei der Entgegennahme von Geldern sind seit dem 1. Oktober 1987 in Kraft. Die Anwälte nutzten die bis zum 1. April 1989 gewährte Übergangsfrist zu einem Trommelfeuer auf die neuen Bestimmungen über das sogenannte Formular B 1 . Dieses müssen sie ausfüllen, wenn sie bei den im Auftrag Dritter getätigten Bankgeschäften den Namen des Klienten der Bank nicht bekanntgeben wollen. Sie müssen in diesem Formular nicht mehr bloss wie bisher bestätigen, die Identität des wirtschaftlich Berechtigten zu kennen und über keine Hinweise auf eine illegale Herkunft der Gelder zu verfügen, sondern neuerdings auch angeben, dass ihr Mandat nicht zur Hauptsache in der Vermögensverwaltung für den Klienten besteht. Nachdem zuerst der Zuger Anwaltsverband diese neuen Bestimmungen kritisiert hatte, schloss sich ihm der Schweizerische Anwaltsverband an und reichte bei der Eidgenössischen Bankenkommission Revisionsvorschläge ein. Diese, aber auch die Bankiervereinigung, sprachen sich allerdings gegen eine Lockerung der Vorschriften aus. Sie konnten dabei auf ein Bundesgerichtsurteil vom Dezember 1986 verweisen. Dieses hatte festgehalten, dass die Vermögensverwaltung keine berufsspezifische Anwaltstätigkeit sei, und sie deshalb auch nicht unter dem Schutz des Berufsgeheimnisses stehe [17].
Bei der Behandlung des Begehrens der philippinischen Regierung um Repatriierung der vom ehemaligen Staatschef Marcos und seiner Familie auf Schweizer Bankkonten angelegten Gelder konnten einige kleinere Fortschritte erzielt werden. Die Affäre ist allerdings äusserst komplex, da Marcos zur Verschleierung seiner Vermögensverhältnisse und Transaktionen eine Vielzahl von Gesellschaften und Stiftungen verwendet hatte. Die Zürcher Behörden und danach auch das Bundesgericht lehnten einige der rund dreissig Rekurse ab, welche Anwälte von Marcos und beteiligte Banken gegen die Blockierung der Gelder eingereicht hatten. Die Behörden Genfs und Freiburgs lieferten im Rahmen der internationalen Rechtshilfe der philippinischen Justiz Akten aus. Die Justizbehörden der Vereinigten Staaten haben nun ihrerseits eine Strafuntersuchung gegen Marcos in die Wege geleitet und von der Schweiz Rechtshilfe zugesichert erhalten [18].
 
[15] TA, 4.11. und 29.11.88; Presse vom 5.11.88. Siehe auch oben Teil I, 1b (Strafrecht) und Eidg. Bankenkommission, Jahresbericht 1988, S. 22 ff.
[16] NZZ, 4.2., 8.11. und 29.11.88; SHZ, 3.3. und 29.9.88. Zur Vernehmlassung vgl. SPJ 1987, S. 23 f. und 105. Siehe auch die Debatte im Nationalrat vom 15.12.88 (Amtl. Bull. NR, 1988, S. 1871 ff.) sowie - zu dem durch die "Libanon-Connection" ausgelösten Rücktritt der Justizministerin E. Kopp - oben, Teil I, 1c (Regierung). Vgl. ferner Lit. Bernasconi.
[17] TA, 20.1.88 (Zuger Anwälte); NZZ, 11.11., 14.12. und 15.12.88 (Schweizer Anwaltsverband, Bankenkommission und Bankiers); Ww 17.11. und 29.12.88; SHZ, 17.11.88. Siehe auch Politik und Wirtschaft, 1988, Nr. 12, S. 60 ff.; Eidg. Bankenkommission, Jahresbericht 1988, S. 26 ff. und SPJ 1987, S. 104 f.
[18] NZZ, 23.2., 14.6. únd 16.8.88 (Rekurse); JdG, 19.10.88 (Genf, Freiburg); SHZ, 27.10.88 (USA). Siehe auch Ww, 9.6.88; SPJ 1987, S. 106 und oben, Teil I, 2 (Visites officielles).