Année politique Suisse 1988 : Economie / Crédit et monnaie / Banken
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Stempelsteuergesetz
Das Seilziehen zwischen Bundesrat Stich und den Banken um die steuerliche Entlastung von Bankgeschäften fand im Berichtsjahr seine Fortsetzung. Grundsätzlich waren sich zwar beide Seiten einig, dass die Stempelsteuer und weitere Umsatzbelastungen die internationale Konkurrenzfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz beeinträchtigen und zu einer Abwanderung der Geschäfte ins Ausland führen. Uneinigkeit bestand jedoch weiterhin in der Frage, in welchem Ausmass und auf welche Weise die Steuerausfälle, die sich aus einer Reduktion dieser Abgaben ergeben würden, zu kompensieren seien. Der Vorsteher des Finanzdepartements hielt an seiner Ansicht fest, dass die Akteure auf dem Finanzmarkt die Entlastungen vollumfänglich über neue Steuern auszugleichen haben. Er wies im Sommer die Empfehlungen einer aus Vertretern der Banken und der eidgenössischen Steuerverwaltung gebildeten Arbeitsgruppe zurück, da sie die erwarteten Steuerausfälle von rund 650 Mio nur etwa zur Hälfte kompensiert hätten [19].
Im November gab das Finanzdepartement einen eigenen Entwurf in die Vernehmlassung, der sich zwar an den Vorschlägen der erwähnten Arbeitsgruppe orientiert, aber einen vollständigen Ausgleich für die geplanten Steuererleichterungen vorsieht. Wie von den Banken gefordert, sollen insbesondere die Umsatzabgaben auf Eigenbeständen der Effektenhändler, auf Emissionen ausländischer Aktien und Obligationen in Schweizer Franken und auf dem Handel mit inländischen Geldmarktpapieren wegfallen. Als Ersatz würde gemäss dem Vernehmlassungsentwurf auf inländischen Obligationen wieder, wie dies bis 1973 der Fall war, eine Emissionsabgabe erhoben und erstmals auch die Kassenobligationen inländischer Schuldner dieser Steuer unterstellt. Wesentlich umstrittener als diese Belastungen sind jedoch die Vorschläge, eine Umsatzabgabe auf Treuhandguthaben und -krediten zu erheben sowie die 1974 abgeschaffte Stempelabgabe auf den Prämien von Lebensversicherungen wieder einzuführen [20].
Noch vor der eigentlichen Vernehmlassung meldete die Bankiervereinigung ihre Opposition zu diesen Plänen an und erhielt dabei von den Versicherungsgesellschaften, welche bereits mit dem Referendum drohten, Unterstützung [21]. Nationalrat Feigenwinter (cvp, BL), dessen Motion für eine steuerliche Entlastung der Bankgeschäfte das Parlament 1986 überwiesen hatte, war sowohl vom Tempo als auch von der Stossrichtung der Vorarbeiten des Finanzdepartements wenig angetan. Er will deshalb die Vorlage vom Parlament selbst ausarbeiten lassen und reichte zu diesem Zweck eine parlamentarische Initiative mit einem ausformulierten Revisionsvorschlag für das Stempelsteuergesetz ein [22].
 
[19] TA, 15.3.88; Bund, 7.7.88; NZZ, 9.7.88. Vgl. auch unten , Teil I, 5 (Einnahmenordnung); SPJ 1986, S. 76 sowie die Beilage zur NZZ vom 10.10.88 ("Finanzplatz Schweiz: wohin?").
[20] TA, 22.11.88; SHZ, 24.11.88.
[21] NZZ, 1.12. (Banken) und 3.12.88 (Versicherungen). Vgl. auch Schweizerische Bankiervereinigung, Jahresbericht, 76/1987-88, S. 27 ff. und SAZ, 38, 22.9.88 (S. 761 f.).
[22] Verhandl. B.vers., 1988, IV, S. 22. Siehe auch Amtl. Bull. NR, 1988, S. 1660 und SPJ 1986, S. 76.