Année politique Suisse 1988 : Economie / Agriculture / Einkommenssicherung
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Preisbeschlüsse und -forderungen
Das klimatisch günstige Jahr 1988 brachte in der Landwirtschaft hohe Erträge und trug damit neben den Preisbeschlüssen des Bundesrates wesentlich dazu bei, dass wenigstens in der Talzone der Paritätslohn annähernd erreicht wurdé. Zu Beginn des Jahres war der Bundesrat auf die im Vorjahr erstmals im Herbst vom Bauernverband eingereichten Preisforderungen zu einem grossen Teil eingetreten. Er erhöhte den Milchgrundpreis pro Liter um 5 Rp. (Forderung des SBV 6 Rp.) auf 102 Rp., gewährte dem Handel, der für sich nicht weniger als 16 Rp. reklamiert hatte, 3,5 Rp. und erhöhte die Konsummilchabgabe zugunsten der Milchrechnung des Bundes um 1 auf 2,5 Rp. Für die Konsumenten resultierte daraus eine Erhöhung des Milchpreises um 10 Rp. auf 1.75 Fr. Da 1987 die schlechte Witterung zusammen mit den Selbsthilfemassnahmen der Bauern zu einer Verminderung der Verkehrsmilchproduktion um rund 3,3% geführt hatte, verzichtete der Bundesrat auch auf eine Kürzung der Milchkontingente. Um aber mit dem höheren Milchpreis den Absatz von Inlandkäse nicht zu beeinträchtigen, beschloss er, die Zollzuschläge auf Importkäse um 50 bis 60 Fr. pro Dezitonne zu erhöhen. Bei den Richtpreisen für Schlachtvieh kam der Bundesrat den Preisbegehren nur um rund die Hälfte nach, nämlich um die seit 1984 jährlich gewährten 2-3% Erhöhung. Bei den Ackerfrüchten beschloss die Regierung Preiserhöhungen für Futtergetreide und Kartoffeln, doch verweigerte sie den Zuckerrübenpflanzern – unter anderem noch immer als Folge der 1986 erfolgten Ablehnung des Zuckerrübenbeschlusses – eine Preiserhöhung. Indem der Bundesrat die Kostenbeiträge an Viehhalter im Berggebiet um 6–7% und die Kinderzulagen für Kleinbauern um 10 Fr. pro Kind und Monat erhöhte, erreichte er wiederum ein überdurchschnittliches Wachstum der Direktzahlungen. Diese Preisbeschlüsse und Direktzahlungen bringen den Landwirten Einkommensverbesserungen in der Grössenordnung von 380 bis 400 Mio Fr., wobei mit einem relativ höheren Wachstum im Berggebiet eine bescheidene Annäherung an die besser gestellten Talbauern erreicht werden dürfte. Abgesehen von den enttäuschten Rübenbauern zeigten sich die bäuerlichen Organisationen von den Preisbeschlüssen des Bundesrates befriedigt [13].
Wegen der Vorverlegung der jährlichen "Preisrunden" auf das Spätjahr war im Herbst bereits wieder eine neue fällig. Erstmals traten dabei die Bauern nicht geschlossen auf. Da die Schweizerische Vereinigung zum Schutz der kleinen und mittleren Bauern (VKMB) ihre Anliegen im SBV zuwenig berücksichtigt fand, trat sie mit eigenen Preisforderungen direkt an den Bundesrat. Die Forderungen des Bauernverbandes fielen wegen der reichen Erträge und der grosszügigen Preisbeschlüsse vom Frühjahr gemässigt aus. Er verlangte eine Erhöhung des Milchgrundpreises um 2 Rp. pro Liter, die Anhebung der Richtpreise für Schlachtvieh um 10 bis 30 Rp. pro Kilogramm Lebendgewicht, eine starke Anhebung der Direktzahlungen an die Bergbauern und Massnahmen zur Erhöhung des Selbstversorgungsgrades beim Geflügel. Ausserdem forderte der SBV vom Bundesrat die Ermächtigung, die Solidaritätsbeiträge der Bauern für Selbsthilfemassnahmen als obligatorisch erklären zu dürfen. Die VKMB verlangte dagegen eine massive Erhöhung der Direktzahlungen sowie differenzierte Preise (höhere Preise für kleine Mengen und Preissenkungen bei Lieferung von grossen Mengen), welche zugleich mit ökologischen Auflagen (Verzicht auf Halmverkürzungsmittel und Fungizide beim Brotgetreide) verbunden werden sollten [14].
Der Bundesrat enttäuschte die Bauernorganisationen, indem er Ende Jahr lediglich auf die Forderung nach einer Erhöhung der Richtpreise für Schlachtvieh teilweise einging, die Milch- und die Zuckerrübenpreise jedoch unverändert liess und auch die übrigen Forderungen abwies. Er begründete die restriktive Haltung mit der relativ guten Ertragslage in der Landwirtschaft und mit den im Januar beschlossenen Direktzahlungen, die erst 1989 voll zur Auswirkung kommen würden [15].
 
[13] AS, 1988, S. 262 ff.; Presse vom 21.1.88; LID-Pressedienst, 1530, 22.1.88. Vgl. auch Bundesbeschluss über Preiszuschläge auf Konsummilch und eingeführter Kondensmilch: BBl, 1988, I, S. 1245 ff.; Amtl. Bull. NR, 1988, S. 141 f.; Amtl. Bull. StR, 1988, S. 88; BBl, 1988,1 S. 1452 f.; NZZ, 18.2., 9.3. und 16.3.88. Zur Änderung der Verordnung über Milchkontingente: AS, 1988, S. 693 ff.; NZZ, 21.4.88.
[14] Forderungen des SBV: TA, 20.8.88; Presse vom 14.9.88; LID-Pressedienst, 1565, 16.9.88. VKMB: NZZ, 22.9. und 17.10.88; Gnueg Heu dune!, 1988, Nr. 8.
[15] AS, 1989, S. 89 f.; Presse vom 22.12.88; LID-Pressedienst, 1578, 23.12.88.