Année politique Suisse 1988 : Economie / Agriculture / Einkommenssicherung
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Direktzahlungen
Für die im Vorjahr beschlossenen, ab 1988 auszurichtenden Tierhalterbeiträge in der Höhe von jährlich 90 Mio Fr. erliess der Bundesrat eine auf fünf. Jahre befristete Verordnung, die er als Übergangslösung auf dem Weg zu einem umfassenderen System von Direktzahlungen ansieht. Landwirte, deren Einkommen jährlich 50 000 Fr. nicht übersteigt, die in der Talzone mindestens 6 und höchstens 15 ha, in der Hügel- und Bergzone höchstens 20 ha bearbeiten und mindestens 5 und höchstens 34 Dünger-Grossvieheinheiten (DGVE) besitzen, erhalten unabhängig von ihrer Produktion jährlich 2000 Fr. Wenig grössere und wenig kleinere Betriebe erhalten reduzierte Beiträge, während Kleinstbauern ('Hobbybauern') und Grossbauern leer ausgehen. Damit richtet der Bund an kleine und mittlere Bauern erstmals allgemeine Direktzahlungen aus, die an keine spezifische Leistung gebunden sind und jedem Betrieb der definierten Grössenordnung gleichermassen zustehen [16].
Dass den Direktzahlungen für die bäuerliche Einkommenssicherung ein zunehmendes Gewicht beikommen soll, weil man sich von ihnen einen Abbau der Agrarüberschüsse und eine ökologisch erwünschte Extensivierung der Produktion erhofft, zeigte der Nationalrat eindrücklich bei der Behandlung der Kostenbeiträge an Viehhalter im Berggebiet und in den voralpinen Hügelzonen. Während der Ständerat dem Vorschlag des Bundesrates, diese bedeutendste Direktzahlung für die Jahre 1989 und 1990 um je 10 Mio Fr. auf insgesamt 440 Mio Fr. (220 Mio Fr. pro Jahr) zu erhöhen, zugestimmt hatte, schuf der Nationalrat eine Differenz, indem sich hier eine selten auftretende Koalition aus SVP, CVP und SP gegen FDP, LdU/EVP und Grüne durchsetzte und für eine Erhöhung der Kostenbeiträge um jährlich 50 Mio auf insgesamt 520 Mio Fr. votierte [17].
Die Vernehmlassung zum Bundesgesetz über Investitionskredite und Betriebshilfe (IBG) erbrachte eine allgemeine Zustimmung, insbesondere auch für die geplante befristete Inkraftsetzung bis zum Jahr 2012. Auf eindeutige Ablehnung stiess dagegen die Absicht, die Kantone die landwirtschaftlichen Investitionskredite ganz oder teilweise selber finanzieren zu lassen [18].
Zu dem im Vorjahr erlassenen Bundesbeschluss über die Leistungen des Bundes an die Geschädigten des Reaktorunfalls von Tschernobyl erliess der Bundesrat eine Verordnung, welche vor allem die kleinen Betriebe bei der Entschädigung bevorzugt. Nach Angaben des Bundesamtes für Landwirtschaft trafen darauf allerdings weniger Gesuche um Entschädigung ein als erwartet. Entsprechend waren im Herbst vom Kreditrahmen von 3 Mio Fr. erst 1,87 Mio Fr. zugesagt, und der Kredit schien nicht ausgeschöpft zu werden. Die vom Bundesbeschluss nur zurückhaltend berücksichtigten Gemüseproduzenten beschlossen dagegen, ihre Forderungen gerichtlich durchzusetzen [19].
 
[16] AS, 1988, S. 662 ff.; TA und BZ, 15.3.88. Vgl. auch SPJ 1987, S. 108 f. und 112.
[17] BBl, 1988, II, S. 1091 ff.; JdG und NZZ, 19.5.88; Amtl. Bull. StR, 1988, S. 735 ff.; Amtl. Bull. NR, 1988, S. 1779 ff.; Presse vom 7.10. und 14.12.88. Vgl. auch SPJ 1987, S. 113.
[18] NZZ, 10.11.88; siehe auch SPJ 1987, S. 113.
[19] AS, 1988, S. 628 ff. (Bundesbeschluss) und 632 ff. (Verordnung); Presse vom 14.4.88; AT, 11.5.88; NZZ, 21.9.88. Gemüseproduzenten: BZ, 15.7.88.