Année politique Suisse 1988 : Economie / Agriculture / Tierische Produktion
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Fleisch
Die im Vorjahr von den Viehproduzenten in Aussicht gestellten Selbsthilfemassnahmen zeitigten erste Erfolge, indem unter anderem dank der Werbung für einheimisches Fleisch die Überschüsse abgebaut werden konnten und sich die Preise erholten. Die von den Bauernorganisationen geforderte Allgemeinverbindlicherklärung von Selbsthilfemassnahmen durch den Bundesrat scheint indessen aus juristischer Sicht nicht möglich zu sein, widerspricht sie doch mehreren Verfassungsbestimmungen. Mildere Druckformen wären allerdings möglich, so etwa das Vorschreiben von Solidaritätsbeiträgen im Handel oder die Drohung mit rechtlichen Normen, falls die Selbsthilfe nicht fruchtet [24].
Die in den letzten Jahren vor allem im zentralen und östlichen Mittelland intensivierte Schweinemast hat in diesen Gebieten wegen der starken Überdüngung zu einer Gewässerverschmutzung geführt und teilweise auch das Trinkwasser belastet. Um einer gesetzlich festgelegten Reduktion ihrer Tierbestände zu entgehen, schlugen die betroffenen Tierhalter ein System vor, das ihnen die Trocknung der Jauche und deren Vermarktung als Handelsdünger erlaubt hätte. Ihr Vorschlag war jedoch nicht einmal innerhalb des SBV unumstritten, da von ihm vor allem die von der "Kleinbauerninitiative" angegriffenen bodenunabhängigen Betriebe profitiert hätten. So einigte sich der Ständerat bei der Behandlung des Gewässerschutzgesetzes auf den Vorschlag des Bundesrates und setzte — als teilweisen indirekten Gegenvorschlag zur "Kleinbauerninitiative" — fest, dass künftig nur noch drei Düngergrossvieheinheiten (DGVE) pro Hektare landwirtschaftlicher Nutzfläche gehalten werden dürfen [25].
Ebenfalls aus Gründen des Umweltschutzes befürwortete der Bundesrat eine Motion Stucky (fdp, ZG), welche die Einführung von Kostenbeiträgen an Hirschhalter verlangt. Die Hirschhaltung gewinnt als extensiver und somit ökologisch erwünschter Zu- oder Nebenerwerb zunehmende Bedeutung. Der Vorstoss wurde als Postulat überwiesen [26].
Die schweizerischen Geflügelproduzenten sehen sich im wachsenden Markt für Geflügelfleisch wegen des hiesigen Tierschutzgesetzes gegenüber den ausländischen Produzenten benachteiligt und verlangen deshalb vom Bund einen Importschutz. Das EVD gab nun eine Verordnung in die Vernehmlassung, die die bisherige privatwirtschaftliche Vereinbarung zwischen Geflügelproduzenten und -importeuren durch eine staatliche Regelung absichern soll [27].
 
[24] NZZ, 4.1., 9.2. und 18.2.88; Bund, 9.1.88. Vgl. auch SPJ 1987, S. 308 f.
[25] Amtl. Bull. StR, 1988, S. 620 ff.; TA, 7.1.88; BZ, 16.2., 17.2. und 3.9.88; Vat., 31.8.88; WoZ, 18.1 1.88. Siehe auch unten, Teil I, 6d (Gewässerschutz).
[26] Amtl. Bull NR, 1988, S. 1921; BaZ, 20.7.88; NZZ, 27.7. und 19.11.88.
[27] BaZ, 9.1.88; BZ, 29.7.88; SHZ, 22.12.88; Innerschweizer Bauernzeitung, 2.12.88. Siehe auch SPJ 1987, S. 116.