Année politique Suisse 1988 : Economie / Agriculture / Pflanzliche Produktion
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Rebbaubeschluss
Da der Erlass eines neuen Rebbaubeschlusses angesichts übervoller Weinkeller allgemein als sehr dringlich angesehen wird, traf der Entwurf des Bundesrates in der Vernehmlassung auf grundsätzliches Einverständnis, auch wenn die Antworten in zentralen Fragen stark voneinander abwichen. Am meisten umstritten war die geplante Einteilung der Weine in drei Qualitätsklassen nach Massgabe des Zuckergehalts der Traubenmoste. Während den einen die Qualitätskriterien zu tief angesetzt schienen, opponierten die Winzer aus der Ostschweiz und der Bielersee- und Neuenburgersee-Region gegen die zu hoch angesetzte Limite, da sie damit in Normaljahren keine Weine der ersten Klasse produzieren könnten. Zudem verlangten sie die Zulassung der Kantonsbezeichnung als Urspungsbezeichnung für Weine der ersten Klasse. Ein weiterer Kritikpunkt bildete der Vollzug, von dem verlangt wurde, dass er an die Kantone und die Berufsorganisationen delegiert werde. Bei der Lenkung der Produktionsmenge wurden die vorgesehenen Mittel . angegriffen; insbesondere die Absicht, die Erneuerungsbeiträge an Kulturen in Hanglagen und auf Terrassen abzuschaffen, stiess auf Ablehnung. Zudem war auch die beabsichtigte periodische Versteigerung eines Teils der Importkontingente umstritten [30].
In seiner Botschaft zum Rebbaubeschluss trug der Bundesrat den Einwänden weitgehend Rechnung. Er hielt zwar an der Einteilung der Weine in drei Qualitätsstufen fest, doch sollen diese in den verschiedenen Regionen je anders definiert werden. Er möchte den Kantonen zudem erlauben, auf die zweite Qualität zu verzichten, wenn Weine mit Kantonsbezeichnung die erste Qualität erreichen. Bei der Mengenbeschränkung sollen kantonale Kommissionen Einfluss erhalten, der Bundesrat möchte dafür auf eine fixe Mengenbeschränkung verzichten. Bei zwei Punkten blieb er dagegen beim ursprünglichen Entwurf: er hält an der Versteigerung eines Teils der Importkontingente fest und will nach wie vor auf die Erneuerungsbeiträge in schwierigen Lagen verzichten [31].
Einige Aufmerksamkeit hinsichtlich der Qualität der Schweizer Weissweine weckte im Herbst eine Sendung des Fernsehens DRS, in der nachgewiesen wurde, dass etliche Traubenmoste des Jahrgangs 1987 massiv aufgezuckert worden waren, so dass die Weine bis zu einem Drittel ihres Alkoholgehalts vom Rübenzucker hatten. Die Aufzuckerung von Traubenmosten ist, in unscharf definierten Grenzen, nicht illegal, und die Winzer suchten sich auch mit dem Hinweis auf den sonnenarmen Jahrgang zu rechtfertigen. Die Fernsehsendung dürfte trotzdem einen gewissen politischen Druck auf Mengenbegrenzungen zur Qualitätsverbesserung erzeugt haben [32].
 
[30] Presse vom 25.2. und 27.9.88; NZZ, 27.2.88; SHZ, 19.5.88. Zum Entwurf des Rebbaubeschlusses vgl. SPJ 1987, S. 117.
[31] BBl, 1989, I, S. 253 ff.; Presse vom 22.12.88.
[32] Fernsehen DRS, "Kassensturz" vom 10.10.88; Presse vom 11.10.88; NZZ und JdG, 12.10.88.