Année politique Suisse 1988 : Infrastructure, aménagement, environnement / Transports et communications / Eisenbahnverkehr
Gemessen an den Vorgaben von Bundesrat und Parlament haben die SBB im Berichtsjahr ihren
unternehmerischen Auftrag erfüllt. Die Rechnung 1988 wies bei Einnahmen von 4798 Mio Fr und Ausgaben von 4756 Mio Fr. einen Ertragsüberschuss von 42 Mio Fr. aus. Der von den Bundesbahnen geleistete Beitrag an die Infrastrukturaufwendungen, der im Rahmen des Leistungsauftrags 1987 das wichtigste Kriterium für die Beurteilung ihrer unternehmerischen Leistung darstellt, fiel mit 135 Mio Fr. um 13,5 Mio Fr. höher aus als budgetiert. Die Belastung der Bundeskasse stieg allerdings deutlich stärker als vorgesehen um 214 Mio Fr. auf 1356 Mio Fr. an. Bei diesen Mehrausgaben fielen vor allem zusätzliche Infrastrukturausgaben zur Behebung der Unwetterschäden von 1987 ins Gewicht. Die Nachfrage nach den Dienstleistungen der SBB war weiterhin sehr lebhaft. Im Personenverkehr konnte mit 259,3 Mio Reisenden das Rekordergebnis aus dem Vorjahr leicht übertroffen werden (+0,7%). Im Güterverkehr erzielten die Bundesbahnen mit einer beförderten Tonnage von 48,2 Mio t (+8,4%) ebenfalls einen neuen Höchststand. Von diesem starken Aufschwung im Gütertransport profitierten sämtliche Sparten; besonders ausgeprägt war er jedoch im Transitverkehr und bei den sogenannten kombinierten Transporten (Grosscontainer und Huckepack) mit 10,7% bzw. 21,8%. Die Erträge aus der Personenbeförderung erhöhten sich um 1,9% auf 1286 Mio Fr. und entwickelten sich damit etwa im Rahmen der Verkehrszunahme. Im Güterverkehr blieben sie demgegenüber mit einer Steigerung um 2,3% auf 1179 Mio Fr. deutlich hinter der Zunahme der Transportleistung zurück. Der Grund dafür lag im anhaltenden Konkurrenzdruck durch den Strassentransport, welchem die SBB mit Ermässigungen der Frachtpreise begegnen mussten
[66].
Für die nähere Zukunft rechnen Bundesrat und SBB-Leitung mit einer Verschlechterung der Finanzlage, da sich trotz steigender Nachfrage die Ertrags–Kostenschere weiter öffnen wird. Der Bundesrat erklärte sich in
seiner Botschaft zum Voranschlag der SBB für 1989 und zum "Mittelfrist-plan 1990–94" grundsätzlich mit der These einverstanden, dass die Bahnen versuchen müssen, einen möglichst grossen Anteil des steigenden Transportvolumens zu übernehmen. Seiner Ansicht nach sind aber Massnahmen erforderlich, um die dabei für die öffentliche Hand entstehenden Kosten zu bremsen. Neben vermehrten Tariferhöhungen stehen für den Bundesrat dazu verstärkte Rationalisierungsanstrengungen wie der Abbau der Stationsbedienung und der gezielte Ersatz von Bahn- durch Busbetrieb im Vordergrund. Der Voranschlag für 1989 rechnet für den Personenverkehr — dank den auf das Frühjahr 1989 angekündigten Tariferhöhungen — mit steigenden, beim Güterverkehr aber mit sinkenden Einnahmen. Der Budget sieht deshalb vor, dass sich das Total der Aufwendungen des Bundes auf 1343 Mio Fr. erhöhen wird; dieser Betrag ist allerdings, infolge der oben erwähnten Budgetüberschreitung, bereits in der Rechnung 1988 übertroffen worden. Angesichts der schwindenden Ertragskraft soll der von den Bundesbahnen zu leistende Infrastrukturbeitrag lediglich noch 25 Mio Fr. ausmachen
[67].
Das Parlament stimmte dem Voranschlag ohne Gegenstimmen zu und nutzte die Debatte zu einer allgemeinen Aussprache über die zukünftige Eisenbahnpolitik. Von der Mehrheit der Votanten wurden die Sorgen des Bundesrates über die Verschlechterung der Finanzlage der SBB geteilt und dessen Uberlegungen in bezug auf Gegenmassnahmen gutgeheissen. Der Ständerat überwies gegen die Stimmen der Sozialdemokraten ein Postulat seiner Verkehrskommission, das den Bundesrat aufforderte, unverzüglich ein Programm für Rationalisierungen bei den Bundesbahnen ausarbeiten zu lassen. Zudem verlangte das Postulat eine Überprüfung der Führungsstrukturen der SBB sowie der Kompetenzausscheidungen zwischen dem Regiebetrieb, dem EVED und dem Parlament. Im Nationalrat war der Tenor ähnlich, wobei allerdings von seiten der Linken und Grünen Widerstand gegen die in Aussicht gestellten Tariferhöhungen und Rationalisierungsmassnahmen angemeldet wurde. Ein Nichteintretensantrag Fetz (poch, BS) fand jedoch keine Mehrheit
[68].
Mit dem
Leistungsauftrag 1987 ist dem Bund namentlich im Bereich der gemeinwirtschaftlichen Leistungen eine Führungsrolle zugewiesen und den SBB mehr unternehmerische Freiheit zugestanden worden. Mit einer auf den 1. August in Kraft gesetzten neuen Verordnung hat der Bundesrat die dadurch notwendig gewordene klarere Kompetenzausscheidung zwischen SBB und EVED — welche auch im erwähnten Postulat des Ständerats verlangt wurde — vorgenommen
[69].
[66] SBB, Geschäftsbericht 1988, Bern 1989; BBl, 1989, II, S. 237 ff. Siehe auch Presse vom 24.2.89; wf, Dok., 22, 29.5.89; Gesch.ber. 1988, S. 395 f. (Tarife im Güterverkehr). Zur Genehmigung der Rechnung 1987 durch das Parlament siehe Amtl. Bull. StR, 1988, S. 272 f.; Amtl. Bull. NR, 1988, S. 768 ff.; BBl, 1988, lI, S. 1163; vgl. auch SPJ 1987, S. 149 f.
[67] BBl, 1988, III, S. 1209 ff.; Presse vom 27.10.88; SHZ, 10.11.88; wf, Dok., 47, 21.11.88. Zu den für 1989 angekündigten Tariferhöhungen siehe TA, 30.8.88. Siehe auch BaZ, 7.12.88 (Interview mit BR Ogi).
[68] Amtl. Bull. StR, 1988, S. 791 ff. und 800 (Postulat); Amtl. Bull. NR, 1988, S. 1674 ff.; BBl, 1988, III, S. 1505 f. Siehe auch Presse vom 2.12. und 7.12.88.
[69] AS, 1988, S. 1223 ff.; vgl. Gesch.ber. 1988, S. 392.
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