Année politique Suisse 1989 : Eléments du système politique / Problèmes politiques fondamentaux et conscience nationale / Grundsatzfragen
In Erfüllung eines vom Nationalrat im Vorjahr überwiesenen Postulats Ott (sp, BL), setzte der Bundesrat eine
Expertenkommission ein, welche verschiedene Szenarien zur Entwicklung der Schweiz nach dem Jahre 2000 erarbeiten soll. Diese Expertenkommission "
Schweiz morgen" vereinigt 16 Persönlichkeiten aus Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft unter dem Vorsitz von Christian Lutz, Direktor des Gottlieb Duttweiler-Instituts in Rüschlikon. Die Szenarien sollen mögliche Entwicklungen der Schweiz im kulturellen, politischen, sozialen und wirtschaftlichen Bereich nach der Jahrtausendwende aufzeigen. Im weitern erhofft sich der Bundesrat von dieser Studie, deren erste Ergebnisse für 1991 erwartet werden, Entscheidungsgrundlagen und einen Beitrag zur Diskussion über die Beziehungen zur EG. Die Kommission kann bei ihrer Arbeit an den Bericht einer früheren Expertenkommission, "Qualitatives Wachstum", anknüpfen
[6].
Zukunftsvisionen werden aber auch auf regionaler Ebene erarbeitet: Das Basler Regio-Forum veranstaltete zum zweiten Mal eine Plattform zum Thema Gestaltbarkeit der Zukunft im Dreiländereck. Die Idee eines solchen Forums war nach der Chemiekatastrophe von Schweizerhalle, welche die Gefahren des Lebens in der Risikogesellschaft deutlich hatte ins Bewusstsein treten lassen, entstanden. Träger des Projekts waren die "Christoph Merian Stiftung", der Verein "Regio Basiliensis" und die Universität Basel. Im Gegensatz zum ersten Podium von 1988 fand dieses Jahr die breite Öffentlichkeit Zugang zu den Veranstaltungen. Als Resultat aus den zwei Foren und den drei Szenarien ("Die grosse Ruhe", "Der kleine Aufbruch", "Ein anderer Einstieg") lagen am Schluss etwa 40 Projektideen vor, so etwa das "Regionale Zukunftsparlament", das "Regio-Zukunftshaus", der "Innovationsrisikofonds" oder der "Verein für Wohntausch"
[7].
Im Kanton
Bern erstellten drei Professoren der Universität Bern im Auftrag der Staatskanzlei als Ergänzung zu den offiziellen Regierungsrichtlinien ein Gutachten zur
Entwicklungspolitik des Kantons im nächsten Jahrzehnt. Der Bericht "Bern 2000" legte die Rahmenbedingungen und Entwicklungsvoraussetzungen in den Bereichen Wirtschaft, Umweltschutz, Gesellschaft und Politik dar, zeigte die Stärken und die Schwächen des Kantons auf und schlug Handlungsmöglichkeiten in bezug auf die zukünftigen Herausforderungen vor. Dieser Expertenarbeit wurde in ihrer Art Pioniercharakter für die kantonale Entwicklungspolitik zugesprochen
[8].
Unter dem Namen "
Agir pour demain" ist am 1. Dezember in Bern eine neue überparteiliche Organisation gegründet worden. Unter den Gründungsmitgliedern befanden sich verschiedene "grüne" und progressive Freisinnige wie Gilles Petitpierre (GE), Lili Nabholz (ZH) und René Rhinow (BS); auch die CVP war vertreten mit Judith Stamm (LU), Rosemarie Simmen (SO) und Fulvio Caccia (TI). Von sozialdemokratischer Seite machten Otto Piller (FR), Yvette Jaggi (VD), Thomas Onken (TG) und René Longet (GE) mit. Ein SVP-Vertreter, Ulrich Zimmerli (BE), und Verena Grendelmeier (ZH) vom Landesring ergänzten die Liste der eidgenössischen Parlamentarier, auf welcher hingegen Vertreter der Grünen Partei fehlen. Daneben finden sich unter den gut fünfzig Gründungsmitgliedern Personen aus Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft, Kirche und Kultur. Die neue Gruppierung setzte sich zum Ziel, den zum Teil abhanden gekommenen Gemeinschaftssinn der Bürgerinnen und Bürger wieder zu beleben und die Bereitschaft zur gemeinsamen Lösung der grossen Zukunftsprobleme zu fördern. Zu diesem Zweck will sie verantwortungsbewusstes, solidarisches und zukunftsorientiertes Handeln propagieren und den Dialog zwischen Interessengruppen, aber namentlich auch zwischen den Generationen, stärken
[9].
[6] NZZ, 26.5.89; SZ, 27.5.89. Zu den Protesten von Nationalrätinnen gegen die Zusammensetzung dieser Kommission siehe unten, Teil I, 7d (Stellung der Frau). Zum Bericht "Qualitatives Wachstum" siehe SPJ 1986, S. 64 f.
[7] Ww, 8.6.89; BaZ, 15.6. und 4.9.89; NZZ, 5.9.89; vgl. Lit. Arras / Bierter.
[8] Vgl. Lit. Linder / Messerli / Stephan.
[9] Presse vom 2.12.89; Ww, 7.12.89.
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