Année politique Suisse 1989 : Economie / Politique économique générale
 
Strukturpolitik
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Patentgesetz
In Erfüllung einer 1987 vom Parlament überwiesenen Motion Auer (fdp, BL) legte der Bundesrat im August die Botschaft zu einer Revision des Bundesgesetzes über die Erfindungspatente vor. Mit dieser Anderung sollen Erfindungen auf dem Gebiet der Biotechnologie adäquat geschützt werden; daneben sind auch einige technische Anpassungen vorgesehen. Während sich der bestehende Patentschutz nur auf die unmittelbaren Erzeugnisse eines Verfahrens erstreckt, schlägt der Bundesrat vor, dass sich dieser bei biologisch vermehrbarer Materie auch auf die durch Vermehrung erzeugten Produkte (z.B. Pflanzenzellen oder Viren) erstrecken soll. Dieser Schutz soll freilich nicht gelten, wenn das Verfahren nicht der Vermehrung an sich, sondern der Erzeugung eines andern Produkts dient (z.B. Aussaat von Weizenkörnern nicht zur Gewinnung von neuem Saatgut, sondern zur Herstellung von Brotmehl). Da die vom geltenden Patentrecht geforderte genaue Beschreibung des Verfahrens der Erzeugung bei biologisch vermehrbarer Materie oft kaum zu erfüllen ist, sieht die Revision im weitern vor, dass anstelle der Beschreibung des Prozesses eine Hinterlegung des Produkts treten kann [10].
Den in der Vernehmlassung im Vorjahr geäusserten grundsätzlichen Bedenken gegen die Gentechnologie und vor allem deren Missbräuche will der Bundesrat nicht im Patentgesetz Rechnung tragen, sondern mit einem indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative des "Beobachter" betreffend Fortpflanzungs- und Gentechnologie. Auch der Nationalrat anerkannte diese Bedenken insofern, als er zwei Postulate überwies. Diese verlangen die Förderung der Erforschung der Risiken und Auswirkungen der Gentechnologie bzw. die Einsetzung einer Expertenkommission, welche sich mit dieser Problematik auseinandersetzen soll [11].
Damit konnte freilich die Opposition gegen die Patentgesetzrevision nicht vollständig ausgeräumt werden. Anlässlich des Welternährungstags vom 19. Oktober kritisierte die Entwicklungshilfe-Organisation " Erklärung von Bern" den Entwurf, weil mit derartigen Gesetzen die Konzentration der Saatgutproduktion in der Ersten Welt weiterhin gefördert und den Bauern der Dritten Welt der Zugang zu den neuen Produktionsmitteln noch mehr verteuert und erschwert werde. Die Organisation drohte mit dem Referendum, falls der bundesrätliche Entwurf vom Parlament verabschiedet werden sollte [12].
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Markenschutz
Der Entwurf des EJPD für eine Totalrevision des aus dem letzten Jahrhundert stammenden Bundesgesetzes über den Schutz der Fabrik- und Handelsmarken, der Herkunftsbezeichnungen und der gewerblichen Auszeichnungen ergab in der Vernehmlassung ein vorwiegend positives Echo. Grössere Meinungsunterschiede zeigten sich lediglich bei den Bestimmungen zur Klageberechtigung. Während die Vertreter der Wirtschaft das vorgeschlagene Klagerecht für Wirtschaftsverbände ablehnten, wollten die Konsumentenverbände und die SP dieses auch auf Konsumentenorganisationen ausweiten. Eine wesentliche und unbestrittene Neuerung, die zugleich auch eine Anpassung an die Rechtsverhältnisse in der EG darstellt, besteht darin, dass künftig auch Dienstleistungsunternehmen für ihre Angebote geschützte Marken (Namen, Zeichen, Formen etc.) sollen hinterlegen können. Kurz vor Jahresende beauftragte der Bundesrat das EJPD mit der Ausarbeitung einer Botschaft zuhanden des Parlaments [13].
 
[10] BBl, 1989, III, S. 232 ff. Zur Motion Auer vgl. SPJ 1986, S. 70 und 87, S. 97. Zur Vernehmlassung siehe SPJ 1988, S. 93.
[11] TA, 18.9.89; Amtl. Bull. NR, 1989, S. 1721. Zum Gegenvorschlag siehe unten, Teil I, 7b (Gentechnologie und Fortpflanzungsmedizin).
[12] Presse vom 20.10.89 sowie Lit. Erklärung .... Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft Gentechnologie (SAG), der "Basler Appell", der WWF und die Organisation Nogerete schlossen sich der Referendumsdrohung an (Emanzipation, Nr. 10, 1989).
[13] SHZ, 2.3.89; NZZ, 13.3. und 23.12.89.