Année politique Suisse 1989 : Economie / Crédit et monnaie / Banken
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Stempelsteuergesetz
Der Bundesrat legte am 5. Juni seine Botschaft zur Neuordnung der Bundesfinanzen und zur Änderung des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben vor. Mit den Reformvorschlägen im Bereich der Stempelsteuer will die Regierung die Steuerbelastungen in der Schweiz an die Verhältnisse auf ausländischen Finanzmärkten angleichen und damit erklärtermassen einen Beitrag zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des schweizerischen Finanzplatzes leisten. Derartige Erleichterungen waren nicht nur von den Banken, sondern auch vom Parlament mit Nachdruck gefordert worden. Die Revision sieht vor, die Umsatzabgaben auf den Handelsbeständen der Effektenhändler, auf der Emission von sogenannten Euro-Bonds (Obligationen ausländischer Schuldner in fremder Währung) und auf dem Handel mit inländischen Geldmarktpapieren von maximal zwölf Monaten Laufzeit vollständig aufzuheben. Beim sogenannten Ausland/Ausland-Geschäft, d.h. bei der Vermittlung eines Geschäfts zwischen Ausländern durch einen schweizerischen Effektenhändler beschränkt sich die Steuerbefreiung auf den Obligationenhandel.
Andererseits war der Bundesrat nach wie vor nicht bereit, auf eine vollständige Kompensation der zugestandenen Einnahmenausfälle zu verzichten. Neu mit einer Emissionsabgabe belasten möchte er deshalb die inländischen Obligationen und Geldmarktpapiere. Festgehalten hat der Bundesrat trotz der heftigen Kritik,durch Banken und Versicherungen im Vernehmlassungsverfahren auch an der Wiedereinführung der 1973 abgeschafften Stempelabgabe auf Lebensversicherungen und an der Besteuerung der treuhänderischen Darlehen [16].
Die bürgerlichen Fraktionen im Nationalrat zeigten sich allerdings entschlossen, der Vorlage des Bundesrats ein eigenes Projekt gegenüber zu stellen. Ende September, also knapp vier Monate nach dem Vorliegen der bundesrätlichen Botschaft, überwiesen sie gegen den Widerstand der SP und der Grünen eine im Vorjahr vom CVP-Vertreter Feigenwinter (BL) eingereichte parlamentarische Initiative für eine Revision des Stempelsteuergesetzes. Diese unterscheidet sich vom Vorschlag des Bundesrates in zwei wesentlichen Punkten. Zum einen erhofft sich' der Initiant von der damit vorgenommenen Abkoppelung von der Neuordnung der Bundesfinanzordnung eine Beschleunigung der parlamentarischen Behandlung und damit eine schnellere Entlastung des Finanzplatzes. Zum anderen soll auf die Wiedereinführung der Stempelabgaben auf den Lebensversicherungsprämien und auf die Besteuerung der treuhänderischen Darlehen verzichtet werden. Dies hätte zur Folge, dass die Einnahmenausfälle für die Bundeskasse nur zu 40% durch neue Steuern ausgeglichen würden [17].
Die vorberatende ständerätliche Kommission hatte allerdings noch vor dem Entscheid der grossen Kammer mit der Behandlung der bundesrätlichen Vorlage begonnen. Sie beschloss, darauf einzutreten und dabei die Revision der Stempelsteuern vorzuziehen. In der Sache war sie freilich mit dem Nationalrat einig: die Erleichterungen für den Finanzplatz sollten nur zu einem Teil durch neue Finanzmarkt steuern kompensiert werden. Auf eine Besteuerung der Prämien der Lebensversicherungen sollte demnach ebenso verzichtet werden wie auf die Umsatzsteuer auf Treuhandanlagen. Zudem beantragte sie dem Rat, die Emission von ausländischen Obligationen und den Handel mit ausländischen Geldmarktpapieren von maximal einem Jahr Laufzeit von der Umsatzabgabe zu befreien. Der Kommissionssprecher Meier (svp, GL) zeigte sich überzeugt, dass eine direkte vollständige Kompensation der Steuerausfälle nicht nötig sei, da dank der Erleichterungen die Finanzmarktgeschäfte nicht aus der Schweiz abwandern würden, und somit die Einnahmen bei der direkten Bundessteuer erhalten oder gar gesteigert werden könnten. Trotz heftiger Opposition von seiten der sozialdemokratischen Abgeordneten und von Bundesrat Stich folgte der Ständerat in der Dezembersession den Anträgen seiner Kommissionsmehrheit vollumfänglich und stimmte in der Gesamtabstimmung der Revision des Stempelsteuergesetzes mit 33:5 Stimmen zu [18].
 
[16] BBl, 1989, III, S. 1 ff. Vgl. auch SPJ 1988, S. 102 f. Zur Finanzordnung siehe unten, Teil I, 5 (Einnahmenordnung).
[17] Amtl. Bull. NR, 1989, S. 1468 ff.; Presse vom 28.9.89. Vgl. auch SPJ 1988, S. 103.
[18] Amtl. Bull. StR, 1989, S. 740 ff.; Presse vom 7.12.89.