Année politique Suisse 1989 : Chronique générale / Finances publiques
Staatsrechnung 1989
Die Finanzrechnung des Bundes schloss zum vierten aufeinanderfolgenden Mal mit einem Einnahmenüberschuss ab. Ausgaben von 27,4 Mia Fr. standen Einnahmen von 28,3 Mia gegenüber. Der so erzielte Überschuss von 885 Mio Fr. war fast doppelt so hoch wie budgetiert. Die Entwicklung des Bundeshaushaltes blieb 1989 deutlich hinter dem Wirtschaftswachstum zurück. Während das nominelle Bruttoinlandprodukt (BIP) um ca. 6,6% anstieg, nahmen die Ausgaben nur um 3,1 % und die Einnahmen um 1,6% gegenüber dem Vorjahr zu. Die relativ bescheidene Ausgabensteigerung ist allerdings für ungerade Jahre normal. Unter anderem werden die AHV/IV-Renten im Zweijahresrhythmus angeglichen; ausserdem sind wegen der zweijährigen Veranlagungsperiode die Kantonsanteile an den Bundeseinnahmen gegenüber dem Vorjahr im allgemeinen rückläufig. Im Zweijahresdurchschnitt ergab sich ein Ausgabenwachstum von 7,3% gegenüber einem Anstieg des BIP von 6,1%.
Auf der Einnahmenseite stiegen die Erträge aus indirekten Steuern und Zöllen wie üblich in ungeraden Jahren (4,9%), während sich die Einnahmen aus Einkommens- und Vermögenssteuern mit -3,2% rückwärts entwickelten. Bei den einzelnen Einnahmentiteln ergaben sich teilweise massive Abweichungen gegenüber dem Budgetziel, die sich aber gegenseitig kompensierten. So wurde dieses Ziel bei der direkten Bundessteuer um 413 Mio Fr. verfehlt, während die Verrechnungssteuer 367 Mio mehr einbrachte als erwartet. Ein ähnliches Ungleichgewicht ergab sich bei den Einnahmen aus der WUSt, welche das Budget um 276 Mio übertrafen, während bei den landwirtschaftlichen Lenkungsabgaben ein Fehlbetrag von 225 Mio Fr. entstand.
Auf der Ausgabenseite war es der Bereich Verkehr und Energie, welcher die stärkste Ausgabenzunahme verzeichnete, nämlich 21,5% oder 802 Mio bei einem Gesamtaufwand von 4,5 Mia Fr. Die Entschädigung von 350 Mio an die Kernkraftwerk Kaiseraugst AG bildete dabei einen Sonderfaktor; ohne letzteren betrüge die Zuwachsrate 12,1%. Im übrigen lagen die Aufwendungen für Infrastrukturleistungen bei der SBB von 1,37 Mia Fr. um 22 Mio über dem Budget und um 15,2% über den letztjährigen Ausgaben. Die zweithöchste Ausgabensteigerung erfuhr der Sektor Landwirtschaft und Ernährung mit 229 Mio oder 9,8%; dazu trugen im wesentlichen die Milchverwertung, Direktzahlungen sowie die Überschussituation im Brotgetreide- und Futtermittelsektor bei. Die Wachstumsraten der übrigen Sektoren betrugen 5,4% für Landesverteidigung, 2,7% für Unterricht und Forschung und 2,5% für soziale Wohlfahrt. Die Ausgaben für die soziale Wohlfahrt bildeten jedoch mit 5 773 Mio Fr. weiterhin, knapp vor der Landesverteidigung, den grössten Ausgabenposten des Bundes. Die Finanzausgaben waren rückläufig; bei dieser Entwicklung ist aber zu berücksichtigen, dass dieser Posten von 1987 auf 1988 durch ausserordentliche Währungsmassnahmen sprunghaft um 115% angestiegen war.
Obwohl die Staatsrechnung 1989 insgesamt ein Bild gesunder öffentlicher Finanzen mit einem kleinen Überschuss präsentierte, musste erstmals seit drei Jahren wieder ein Defizit in der Gesamtrechnung, welche auch Beiträge an die eidgenössische Versicherungskasse sowie Abschreibungen berücksichtigt, in Kauf genommen werden. Das Reinaufwand genannte Defizit von 422 Mio Fr. war um 85 Mio Fr. grösser als budgetiert. Ins Gewicht fielen in dieser Gesamtrechnung nicht budgetierte Abschreibungen auf den Auslanddarlehen und Vorschüsse an die Exportrisikogarantie in der Höhe von 346 Mio Fr. Die Zuweisungen des Bundes an die Eidg. Versicherungskasse (Arbeitgeberleistungen und die Verzinsung der in der Bundestresorerie angelegten Mittel) betrugen 452 resp. 607 Mio Fr. Damit erhöhte sich der Fehlbetrag der Gesamtbilanz wieder und belief sich auf 17,143 Mia gegenüber 16,721 Mia im Vorjahr
[28].
Die
Nachtragskredite wurden in zwei Raten vorgelegt und betrugen zusammen 668 Mio Fr., wobei die Ausgaben für die Verwertung von Überschüssen in der Landwirtschaft mit über 200 Mio den grössten Posten ausmachten. Anlass zu Diskussionen bildeten namentlich die Kredite für die "Diamant-Feiern" und für das Paul Scherrer Forschungsinstitut
[29].
[28] Botschaft zur Staatsrechnung... 1989; Presse vom 21.4.90; wf, Dok., 14. und 21.5.90. Vgl. auch die Übersicht zu den Bundesfinanzen und den Chefs des EFD der letzten 30 Jahre in Bilanz, 1989, Nr. 10, S. 22 ff. und Nr. 12, S. 99 ff. Zur Staatsrechnung 1988, die von beiden Räten einstimmig gutgeheissen worden ist, vgl. SPJ 1988, S. 125; Amtl. Bull. NR, 1989, S. 901 ff.; Amtl. Bull StR, 1989, S. 232 ff.
[29] Nachtrag I: Amtl. Bull. NR, 1989, S. 799 ff. und 805 ff.; Amtl. Bull. StR, 1989, S. 321 ff.; BBl, 1989, II, S. 958; NZZ, 5.5. und 20.6.89. Nachtrag II: Amtl. Bull. NR, 1989, S. 1893 ff., 2097 f. und 2156 f.; Amtl. Bull. StR, 1989, S. 767 ff. und 815; BBl, 1989, III, S. 1724; NZZ, 30.11., 8.12. und 13.-15.12.89. Zur "Diamant-Feier" siehe oben, Teil I, 3 (Défense nationale et société).
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