Année politique Suisse 1989 : Politique sociale / Groupes sociaux
Familienpolitik
An der 21. Europäischen Familienkonferenz in Nikosia legte der Vorsteher des EDI die bundesrätlichen Leitgedanken zur Familienpolitik dar. Cotti sprach sich dafür aus, dass die Verantwortung für die Erziehung der Kinder weiterhin bei den Eltern bleiben müsse und dem Staat nur eine subsidiäre Rolle zukomme. Er vertrat die Ansicht, das verstärkte berufliche Engagement der Frauen mache neue Angebote der öffentlichen Hand notwendig, doch dürfe die zusätzliche Berufstätigkeit nicht zulasten der Erziehungsaufgaben gehen
[55]. Um die Veränderungen in der Familienstruktur besser beurteilen zu können, regten Nationalrätin Déglise (cvp, FR) und Ständerat Küchler (cvp, 0W) in überwiesenen gleichlautenden Postulaten die Schaffung eines wissenschaftlichen Gremiums für Familienfragen an
[56].
Die im neuen
Eherecht weiterbestehende Ungleichbehandlung von Mann und Frau in Bezug auf die Wahl des Familiennamens führte im Herbst private Kreise dazu, eine Volksinitiative "für die Gleichberechtigung von Mann und Frau bei der Wahl des Ehenamens (
Stammhalterinitiative)" zu lancieren. Demnach sollte die Wahl des Familiennamens frei werden, der Name der Frau auch an die Kinder weitergegeben werden können und derjenige Ehegatte, dessen Name nicht Familienname wird, seinen vor der Eheschliessung geführten Namen dem Familiennamen voranstellen dürfen
[57].
Auf die Änderungen im Erwerb des Bürgerrechts wird an anderer Stelle eingegangen (Teil I, 1b, Stimm- und Bürgerrecht).
Am 20. November verabschiedete die
Uno-Generalversammlung eine Konvention über die Rechte der Kinder. Die Schweiz wird kaum unter den 20 Ländern sein, welche mit ihrer Ratifizierung die Charta in Kraft setzen können, meldete sie doch sogleich Vorbehalte an, insbesondere gegen Art. 10, der die Familienzusammenführung regelt. Das darin verbürgte Recht der Kinder und ihrer Eltern, in irgendeinem Staat zusammenzuleben, steht in Widerspruch zur eidgenössischen Verordnung über die Begrenzung der Zahl von Ausländern in der Schweiz
[58].
Nach Bundesrat und Ständerat schlug auch die für die Revision des Sexualstrafrechts zuständige Nationalratskommission die Beibehaltung des Schutzalters 16 Jahre vor
[59].
[56] Amtl. Bull. NR, 1989, S. 1150; Amtl. Bull. StR, 1989, S. 614 W.
[57] BBl, 1989, III, S. 839 ff.; Presse vom 10.10.89. Obgleich es damit implizit eine Ungleichbehandlung der Geschlechter anerkannte, schützte das Bundesgericht bei der Behandlung einer Einzelklage die bestehende Regelung, wonach nur der Frau die Voranstellung ihres Namens vor den Familiennamen zugebilligt wird (AT, 1 1.8.89 und NZZ, 18.8.89).
[58] TA, 17.11.89; Bund, 21.11.89; JdG, 22.11.89; Suisse, 24.11.89.
[59] NZZ, 5.4.89. Siehe oben, Teil I, 1b (Strafrecht).
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