Année politique Suisse 1990 : Partis, associations et groupes d'interêt / Partis
 
Schweizerische Volkspartei (SVP)
Die Führung der SVP stellte sich zwar ebenfalls hinter die Europapolitik des Bundesrates, die Opposition gegen einen EWR-Vertrag — und erst recht gegen einen allfälligen EG-Beitritt — scheint in ihren Reihen aber grösser zu sein als bei den anderen Bundesratsparteien. Als prominentester Vertreter dieser Richtung profilierte sich der Zürcher Nationalrat Blocher, der als Präsident der "Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz" (AUNS) aus seiner heftigen Kritik an einem EWR-Vertrag, welcher für die Schweiz einen Souveränitätsverlust und den Abbau der direkten Demokratie bringen würde, kein Hehl machte [27]..
Im Bericht "Sozialstaat Schweiz" hat die SVP ihre kurz- und mittelfristigen Zielvorstellungen zur Sozialpolitik formuliert. Sie erachtet den Ausbau der sozialen Sicherheit für grundsätzlich abgeschlossen. Für notwendige sektorielle und qualitative Verbesserungen fordert sie die Einhaltung der Grundsätze der Kostenneutralität und der Subsidiarität zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden; generelle Leistungserhöhungen lehnt sie hingegen ab [28].
Mit einem Thesenpapier legte die SVP auch ihre Position zur Landwirtschaftspolitik dar. Ihre Vorstellungen decken sich im wesentlichen mit denen des Bauernverbandes, wie sie in dessen im Berichtsjahr eingereichten Volksinitiative formuliert sind. Im Zentrum soll der bäuerliche Familienbetrieb stehen, dessen Einkommen in der Regel weiterhin über die Garantie kostendeckender Produktepreise 'finanziert werden soll; immerhin soll auch das Instrument der Direktzahlungen vermehrt zum Einsatz kommen [29].
Wie bereits 1988 bei der Gesamtverkehrskonzeption konnte sich die SVP auch beim Energieartikel nicht zu einer Unterstützung der Vorlage ihres eigenen Bundesrates durchringen. An der Delegiertenversammlung der SVP in Einsiedeln standen 97 Befürworter genau 97 Gegnern, unter Anführung von Nationalrat Blocher (ZH), gegenüber, worauf die Stimmfreigabe beschlossen wurde. Freilich gaben wichtige Kantonalsektionen, darunter diejenigen von Aargau, Bern und Graubünden, die Ja-Parole aus. Die beiden Atominitiativen wurden von den Delegierten mit überwältigendem Mehr zur Ablehnung empfohlen, nur für die Revision des Strassenverkehrsgesetzes wurde die Ja-Parole beschlossen. Zum Abstimmungspaket im Frühling gab die SVP die Ja-Parolen zum Rebbaubeschluss und zur Revision der Bundesrechtspflege heraus, empfahl hingegen alle Strassenbauinitiativen zur Ablehnung [30].
Bei den Wahlen konnte sich die SVP — ausser in Glarus — weiterhin gut behaupten. Sowohl im Kanton Bern wie auch in der Waadt legte sie je zwei Sitze zu; auch wähleranteilmässig verzeichnete sie leichte Gewinne. In Winterthur konnte sie ihren Wähleranteil um fast drei Prozentpunkte erhöhen [31].
 
[27] BZ, 14.5.90. Allgemein zur Entwicklung der SVP siehe Vat., 20.10.90.
[28] NZZ, und BaZ, 28.2.90.
[29] Presse vom 27.4.90.
[30] Presse vom 26.2. und 20.8.90; SGT, 22.9.90. Zum Energiertikel vgl. auch S VP-Pressedienst 21.8.90, S. 11 f. und SVP-Ja, 1990, Nr. 9, S. 1 f.
[31] Siehe oben Teil I, 1e.