Année politique Suisse 1990 : Politique sociale / Population et travail
 
Löhne
Die meisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erlitten im Berichtsjahr Lohneinbussen. Zwischen Oktober 1989 und Oktober 1990 stiegen die Löhne im Durchschnitt zwar um 5,9%, doch entstand bei einer gleichzeitigen Teuerung von 6,4% ein Verlust von 0,5 %. Frauen mussten eine Reallohneinbusse von 0,7%, Männer eine solche von 0,5% hinnehmen. Dieser Rückgang der Reallöhne aufgrund einer in ihrem Umfang nicht voraussehbaren Teuerung bezeichnete das Biga als aussergewöhnliche Entwicklung, die sich kaum wiederholen werde. Für 1991 handelten die Sozialpartner Lohnerhöhungen zwischen 6 und 10% aus. Reallohnerhöhungen zusätzlich zum Teuerungsausgleich wurden vielerorts in Form von individuellen und leistungsbezogenen Aufbesserungen gewährt [14].
Nachdem sich der Bundesrat mit der von der Petititons- und Gewährleistungskommission vorgeschlagenen Änderung von Art. 325 OR einverstanden erklärt hatte, stand deren einstimmiger Annahme in den Räten nichts mehr im Wege. Die Vorlage ging auf eine parlamentarische Initiative von Nationalrat Eggli (sp, ZH) aus dem Jahr 1986 zurück. Der inzwischen aus dem Parlament ausgeschiedene Abgeordnete wollte in Art. 325 OR ein generelles Verbot von Abtretungen und Verpfändungen künftiger Lohnforderungen verankern, wobei er vor allem Lohnzessionen bei Abzahlungsund Kleinkreditgeschäften im Visier hatte. Der Nationalrat hatte 1988 diskussionslos beschlossen, dieser Initiative grundsätzlich stattzugeben, doch schwächte die ausarbeitende Kommission die Vorlage in dem Sinn ab, dass die Abtretung oder Verpfändung künftiger Lohnforderungen bei allen obligationenrechtlichen Rechtsgeschäften ausgeschlossen, zur Sicherung familienrechtlicher Unterhalts- und Unterstützungspflichten aber weiterhin zugelassen wird [15].
Da bei der Revision des Beamtengesetzes dem Prinzip eines schrittweisen Abbaus der zivilstandsabhängigen Ausgestaltung der Anspruchsberechtigung für Lohnbestandteile und Sozialabgaben Rechnung getragen wurde, zog Nationalrätin Haller (sp, BE) ihre 1988 eingereichte diesbezügliche parlamentarische Initiative zurück [16]..
Für die Besoldungsrevision des Bundespersonals siehe oben, Teil I, 1c (Verwaltung).
 
[14] Presse vom 31.8.90; BZ, 22.9.90 und 12.4.91; SGT, 3.11. und 5.11.90; Bund, 29.11.90; TA, 19.12.90; Presse vom 13.7.91. Das von den Arbeitgebern regelmässig ins Feld geführte Argument, die hohen Lohnkosten würden die internationale Konkurrenzfähigkeit der Schweizer Wirtschaft beeinträchtigen, wurde durch eine Untersuchung der Konjunkturforschungsstelle der ETH entkräftet, welche zum Schluss kam, dass das Lohnniveau nicht nur nicht überrissen sei, sondern zudem einen positiven Strukturwandel unterstütze (BZ, 30.3.90).
[15] SPJ 1989, S. 188; NZZ, 9.1.91; Amtl. Bull. NR, 1990, S. 1233 f. und 2496; Amtl. Bull. StR, 1990, S. 1044 f. und 1101.
[16] Verhandl. B.vers., 1990, V, S. 26.