Année politique Suisse 1990 : Politique sociale / Assurances sociales / Alters- und Hinterbliebenenversicherung (AHV)
Seit der 9. AHV-Revision gilt, dass die AHV/IV-Renten nur alle zwei Jahre der Teuerung angepasst werden, es sei denn, diese betrage im Zwischenjahr mehr als 8%. Als im Laufe des Sommers klar wurde, dass die Preissteigerungen zwar nicht den erforderlichen Prozentsatz, aber doch ein hohes Niveau erreichen würden, mehrten sich die Stimmen, die ausser
Turnus den Teuerungsausgleich für 1991 wollten. Den Auftakt machte Ende August der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) mit einem Brief an den Bundesrat. In den Räten erhielt das Anliegen Unterstützung in Form von zwei gleichlautenden Motionen Piller (sp, FR) und Reimann (sp, BE), die den jährlichen Teuerungsausgleich verlangten und die beide in der Wintersession als Postulat überwiesen wurden
[21]..
Als klar war, dass auch die bürgerlichen Parteien einen Teuerungsausgleich bereits per 1.1.1991 unterstützen würden, beschloss der Bundesrat, dem Parlament noch vor Jahresende zu beantragen, den AHV/IV-Rentnern 1991 eine
Zulage zu gewähren, die im April und August 1991 in zwei Raten ausbezahlt werden und dem Stand der Teuerung (Landesindex der Konsumentenpreise) vom Monat Dezember 1990 entsprechen soll. Die Kosten wurden auf rund 1,2 Mia Fr. geschätzt, wovon rund 1135 Mio zulasten der Sozialversicherungen gehen, der Rest zulasten des Bundesbudgets 1991. Ende Oktober legte der Bundesrat die entsprechende Botschaft vor, in der Wintersession stimmten die Räte der Vorlage
einstimmig zu. Gleichzeitig lehnten sie eine Standesinitiative des Kantons Jura ab, die eine einheitliche Erhöhung aller AHV/IV-Renten und eine Überprüfung der Minimalrenten verlangt hatte
[22]..
Ebenfalls noch vor Ablauf des Jahres legte der Bundesrat eine Botschaft für die Revision von Art. 33ter des AHV-Gesetzes vor. Für die Rentenanpassung will die Regierung am Grundsatz der Zweijährigkeit festhalten, doch soll mit einer flexiblen Ausnahmeregelung — Leistungsanpassung bei einer Jahresteuerung von mindestens 4% — die Vornahme einer einjährigen Anpassung erleichtert werden. Für die Berechnung der Rentenerhöhungen wird weiterhin am Mischindex festgehalten, bei dem sowohl der Landesindex der Konsumentenpreise wie die Biga-Lohnstatistik berücksichtigt werden. Im Sinn einer weiteren Harmonisierung der Sozialversicherungen sollen künftig auch die Renten der Unfallversicherung und die Hinterlassenen- und Invalidenrenten der obligatorischen beruflichen Vorsorge im gleichen Zeitpunkt wie die AHV/IV-Renten der Inflation angepasst werden, wobei hier allerdings nur auf den Preisindex abgestellt wird.
Nach Auskunft des Bundesrates ist durch diese Neuerung mit einer jährlichen Mehrbelastung für die AHV von 110 Mio Fr. zu rechnen, wobei 19 Mio auf den Bund, 3 Mio auf die Kantone und der Rest auf die Betriebsrechnung der AHV entfallen. Auf Beitragserhöhungen wird verzichtet
[23]. Dass die betroffenen Sozialwerke dies momentan verkraften können, zeigte ihr
Rechnungsabschluss für 1990: Dank guter Wirtschaftslage konnten die AHV, die IV und die Erwerbsersatzordnung (EO) ihren Überschuss auf 2,5 Mia Fr. steigern
[24].
[21] TW, 31.8.90; NZZ, 4.9., 15.9., 18.9.90. Ausführungen Cottis zu den Intentionen des BR: Amtl. Bull. NR, 1990, S. 1583 ff. Motion Piller: Amtl. Bull. StR, 1990, S. 1060. Motion Reimann: Amtl. Bull. NR, 1990, S. 2420.
[22] Parteien: BZ, 18.9.90. Entscheid BR: Presse vom 25.9.90. Vorlage: BBI, 1990, III, S. 919 ff. und 1779 f.; Amtl. Bull. StR, S. 866 ff. und 1103; Der NR weigerte sich, in diesem Zusammenhang das Postulat seiner Kommission für eine 13. EL abzuschreiben: Amtl. Bull. NR, 1990, S. 2176 ff. und 2498.
[23] BBl, 1991, 1, S. 217 ff. Die Berechnungen des BR gehen von den 1990 geltenden Bestimmungen aus, tragen der 10. AH V-Revision also noch keine Rechnung und beruhen auf den Rechnungsergebnissen von 1989.
[24] Die AHV/IV-Rentenanpassung, die schliesslich 6,6% betrug, ist in diesen Zahlen bereits eingerechnet (Bund, 9.3.91).
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