Année politique Suisse 1990 : Politique sociale / Assurances sociales / Krankenversicherung
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Krankenkasseninitiative
In der Frühjahrssession beschloss der Ständerat auf die Weiterverfolgung seines materiellen Gegenvorschlags zur Volksinitiative "für eine finanziell tragbare Krankenversicherung" zu verzichten und auf den nationalrätlichen Kompromissvorschlag einzuschwenken. Einstimmig hiess die kleine Kammer die Erhöhung der Bundesbeiträge an die Krankenkassen um jährlich rund 300 Mio auf 1,3 Mia Fr. von 1990 bis 1994 gut. Das Konkordat der Schweizerischen Krankenkassen (KSK), welches die Initiative eingereicht hatte, war mit diesem indirekten Gegenvorschlag nicht zufrieden und zog ihr Begehren nicht zurück [43].
Aufgrund dieses Finanzierungsbeschlusses konnte der Bundesrat zwei Pakete von Verordnungsänderungen verabschieden, mit denen neue Leitplanken bis zum Inkrafttreten eines revidierten Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes (KUVG) gesetzt werden sollen. Rückwirkend auf den 1.1.1990 und für einen Zeitraum von fünf Jahren wurde so eine Neuverteilung der Bundeszuschüsse an die Krankenkassen vorgenommen. Die Einteilung der erwachsenen Versicherten in verschiedene Altersgruppen mit abgestuften Zuschüssen ermöglicht eine Verlagerung der Subventionierung hin zur älteren Generation. Zudem verfügte der Bundesrat, dass ab 1.1.1992 innerhalb einer bestimmten Region die höchste Prämie einer Kasse nicht mehr das Dreifache, sondern nur noch das Doppelte der niedrigsten Prämie für Erwachsene betragen darf [44].
Im Sinn weitergehender Massnahmen zur Kosteneindämmung setzte der Bundesrat im Dezember die Jahresfranchise für Versicherte auf neu 150 Fr. fest, die traditionelle Quartalsfranchise von zuletzt 50 Fr. wurde abgeschafft, der Selbstbehalt von 10% des die Franchise übersteigenden Betrags beibehalten. Im Bereich der Kollektivversicherungen verfügte er, dass die Versicherten auch bei alters- oder invaliditätsbedingtem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben sowie bei Arbeitslosigkeit weiterhin mit ihren Familienangehörigen dem Kollektivvertrag angehören können. Weiter wurden die Beitragsunterschiede zwischen den einzelnen Regionalstufen und den Eintrittsaltersgruppen gleichmässiger auf alle Versicherten einer Kasse verteilt und festgehalten, dass die Prämien der Kollektivversicherung die Minimalprämien der Einzelversicherung nicht unterschreiten dürfen [45].
Weiter als die Regierung, nämlich bis zum Verbot der Kollektivversicherungen und der Einführung eines Lastenausgleichs zwischen den Krankenkassen, wollte eine Motion Reimann (sp, BE) gehen. Dem hielt der Bundesrat entgegen, dass eine Revision des KUVG in Gange sei und es ihm nicht opportun erscheine, einzelne Teile aus dem Gesamtpaket herauszubrechen. Die grosse Kammer folgte dieser Argumentation und überwies die Motion als Postulat [46].
 
[43] Amtl. Bull. StR, 1990, S. 172 ff. und 275; Amtl. Bull. NR, 1990, S. 757 f.; BBI, 1990, I, S. 1594 f.; Presse vom 16.3.90; NZZ, 24.3.90 und Bund, 16.6.90 (KSK). Siehe auch SPJ 1989, S. 209.
[44] AS, 1990, S. 1673 ff.; Presse vom 18.10.90.
[45] AS, 1991, S. 17 ff. und 606 ff.; Bund und NZZ, 4.12.90; TA, 31.12.90.
[46] Amtl. Bull. NR, 1990, S. 1897 f.