Année politique Suisse 1991 : Eléments du système politique / Problèmes politiques fondamentaux et conscience nationale
Totalrevision von Kantonsverfassungen
Die breit angelegte
zweite Vernehmlassungsrunde zum Entwurf für eine neue Staatsverfassung erzielte insgesamt ein gutes Echo. Die SVP, SP, Freie Liste, der LdU und mit Vorbehalten auch die FDP würdigten den Entwurf im grossen ganzen positiv. Insgesamt wurden jedoch über 2500 Abänderungsanträge eingereicht. Die EVP, welcher die christlichen Werte in der Vorlage zu kurz kamen, lehnte den Entwurf ab, ebenso die Schweizer Demokraten, welche sich insbesondere mit der fakultativen Einführung des Ausländerwahlrechts auf Gemeindeebene nicht abfinden wollten
[29].
An der Landsgemeinde in
Appenzell Ausserrhoden gab das Volk grünes Licht zur Totalrevision der Kantonsverfassung. Der Kantonsrat wählte eine breit abgestützte Verfassungskommission, welche Thesen und einen entsprechenden Entwurf ausarbeiten soll
[30].
In
Appenzell Innerrhoden wurde eine Strukturreform eingeleitet, die der Bedeutung einer Verfassungstotalrevision gleichkommt; insbesondere will der kleinste Schweizer Kanton die Gewaltentrennung in seinen politischen Institutionen einführen. Die Mitglieder der Regierung haben gegenwärtig im Grossen Rat ein Stimmrecht, und die Sitzungen werden nicht von einem Grossratspräsidenten, sondern vom regierenden Landammann geleitet. Ausserdem sollen in Zukunft die Aufgaben und Kompetenzen der Gemeinden klarer definiert werden. Die mit der Überprüfung der politischen Strukturen beauftragte Kommission und der Regierungsrat konnten sich im Berichtsjahr noch auf kein Reformmodell einigen. Immerhin wurde die Verfahrensfrage geklärt. Demnach soll die Landsgemeinde 1992 einen Grundsatzentscheid über die Fortführung der Reform fällen; erst danach wird die Kommission über die Weiterbearbeitung eines der Modelle entscheiden
[31].
Im Kanton
Luzern hat der Grosse Rat zwar noch keinen Entscheid in Sachen Totalrevision der Staatsverfassung gefällt, aber das Begehren ist weitgehend unbestritten. Die Liberale Partei des Kantons Luzern (FDP) erörterte in verschiedenen Verfassungsseminarien Ideen zu einer Totalrevision und kündigte die Ausarbeitung eines Verfassungsvorentwurfs an
[32].
Im Kanton
Schwyz ergriff die CVP die Initiative in Sachen Totalrevision der 100jährigen Staatsverfassung. Um einen Verfassungsrat einzusetzen, wie dies die CVP wünscht, müsste allerdings die bestehende Verfassung zuerst geändert werden. Auch hier hat das Parlament im Berichtsjahr noch keine Entscheide gefällt
[33].
[29] BZ und Bund, 3.10.91. Siehe auch SPJ 1989, S. 16 f. und 1990, S. 17 sowie Lit. Verfassungskommission.
[30] SGT, 31.1., 25.4. und 26.9.91; vgl. auch SPJ 1990, S. 17.
[31] SGT, 11.11., 22.11. und 27.11.91; BaZ, 16.11.91.
[32] LNN, 15.10.91. Siehe auch SPJ 1990, S. 18.
[33] LNN und Vat., 30.4.91.
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