Année politique Suisse 1991 : Eléments du système politique / Elections / Eidgenössische Wahlen
Die
Asyl- und Drogenpolitik bildeten die zentralen Themen im Wahlkampf, welche von der SVP und der Auto-Partei mehr oder weniger monopolisiert wurden. Die Umweltschutzpolitik als Hauptthema der "Hoffnungswahlen" von 1987 geriet im Wahlkampf 91 klar ins Hintertreffen. Jene Parteien, die einfache und kurze Antworten auf komplexe — aber von allen sichtbare und wahrnehmbare Probleme — bereit hatten, konnten die aktuelle Arbeitsplatzunsicherheit und Zukunftsängste auf die Asylanten und Drogenabhängigen abschieben, welche damit eine Sündenbockfunktion einnahmen; aus diesem Grund sprachen gewisse Kommentatoren auch von den "Angstwahlen"
[15].
Das Thema der
europäischen Integration spielte eher die Rolle eines Un-Themas oder Negativ-Themas. Die tiefe Spaltung der Gesellschaft und die — oftmals durch einen Bruch zwischen Basis und Parteielite hervorgerufenen — zögernden Stellungnahmen der Mehrheit der Parteien erlaubten es der Gegnerschaft, die hauptsächlich aus Teilen der SVP sowie aus den Grünen, der AP und den SD bestand, themenbestimmend zu wirken. Die SP hatte sich zwar im April für einen EG-Beitritt ausgesprochen, wagte es aber nicht, diese Forderung ins Zentrum ihrer Wahlkampagne zu stellen. Nur der LdU zeigte ein unmissverständliches Pro-EG-Profil. Die FDP und die CVP zögerten, im Wahlkampf ihre Positionen zur Beitrittsfrage zu klären
[16]. Bedeutend war in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, dass die Schlussverhandlungen sowohl des EWR-Vertrags als auch des Transitabkommens zwischen der Schweiz und der EG erst unmittelbar nach den eidgenössischen Wahlen stattfanden, und somit für die Wählerschaft und die Parteien Unsicherheit in bezug auf die künftige Europapolitik vorherrschte
[17].
Die Regierungsparteien versuchten im Wahlkampf, auch möglichst viele Rentnerinnen und Rentner anzusprechen und zugunsten ihrer Parteien zu mobilisieren. Dabei spielte die Diskussion um die
10. AHV-Revision eine nicht unwesentliche Rolle. Kurz vor den Wahlen warfen sich FDP, SP und CVP gegenseitig vor, eine rasche finanzielle Besserstellung der Rentner verhindert zu haben. Aus der VOX-Analyse im Anschluss an die Wahlen ging unter anderem hervor, dass die FDP von allen Parteien den grössten Teil dieser Personengruppe mobilisieren konnte
[18].
In den Augen vieler Wahlbeobachter spielten auch die Mutmassungen über eine vom Bundesrat geplante Benzinzollerhöhung von 25 bis 35 Rappen pro Liter, welche während den Sommermonaten diskutiert wurde und in der letzten Woche vor den Wahlen durch die Presse an die Öffentlichkeit gelangte, eine wichtige Rolle in der Meinungsbildung vieler, zu jenem Zeitpunkt noch unentschlossener Wählerinnen und Wähler. Ein direkter Zusammenhang zwischen dem Erfolg der AP sowie der Lega dei Ticinesi einerseits und der durch gewisse Medien geschürten Angst vor einer massiven Benzinpreiserhöhung andererseits liess sich in der VOX-Umfrage nicht nachweisen
[19].
[15] BZ, 31.8.91; TA, 17.10.91.
[16] Wahlkampf: LNN, 27.7.91 (SVP); NZZ, 27.9.91; LNN, 1.10.91; Europa, Nr. 2/1991. Vgl. auch die Umfrage bei Kandidierenden in Politik und Wirtschaft, 1991, Nr. 11, S. 20 ff.
[17] Presse vom 23.10.91; vgl. auch unten, Teil I, 2 (Europe) und 6b (Politique des transports).
[18] Siehe Lit. Longchamp / Hardmeier; BZ, 7.10.91.
[19] NQ, 25.10.91. Vgl. auch unten, Teilt 5 (Indirekte Steuern) und 6a (Produits pétroliers) sowie 6b (Trafic routier).
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