Année politique Suisse 1991 : Chronique générale / Finances publiques / Indirekte Steuern
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Stempelabgaben
Nachdem die Revision des Bundesgesetzes über Stempelabgaben wegen der Ablehnung des Finanzpakets nicht in Kraft treten konnte, wurde ohne Zögern eine Neuauflage — diesmal aber ohne Verknüpfung mit anderen finanzpolitischen Fragen — an die Hand genommen. Nur eine Woche nach dieser Abstimmung reichte Nationalrat Feigenwinter (cvp, BL), der dieses Anliegen bereits früher mit Nachdruck vertreten hatte, eine neue parlamentarische Initiative für eine Reform des Stempelsteuergesetzes ein. Die zuständige nationalrätliche Kommission war mit ihm einig, dass der Abbau gewisser Stempelsteuersätze dringlich sei, um ein weiteres Abwandern der davon betroffenen Geschäfte ins Ausland zu stoppen.
Da es der Kommission überflüssig erschien, nach den jahrelangen Vorarbeiten noch zusätzliche Abklärungen vorzunehmen, kürzte sie das Verfahren ab und beschloss mit 13 zu 5 Stimmen, dem Parlament ohne Verzug und noch vor der Herbstsession mit einer eigenen parlamentarischen Initiative eine neue Vorlage vorzulegen. Diese entsprach — sowohl in bezug auf die Entlastungen als auch in bezug auf die teilweise Kompensation durch neue Abgaben auf inländischen Obligationen und Geldmarktpapieren — weitgehend den Parlamentsbeschlüssen von Ende 1990, enthielt aber noch drei weitere Anderungen. Die Kommission beantragte, der EG-Rechtsentwicklung Rechnung zu tragen und die Stempelabgaben auf Umstrukturierungen und Sitzverlegungen ebenfalls aufzuheben. Im weiteren soll durch die Abschaffung der Emissionssteuer bei der Ausgabe von Anteilen an Anlagefonds ein weiteres Abwandern von Anlagefonds ins Ausland verhindert werden. Die Einnahmen aus dieser Abgabe hatten sich, zu einem guten Teil wegen der Konkurrenz durch das steuerfreie Ausland, von 1987 bis 1990 halbiert. Schliesslich forderte die Kommission den Verzicht auf die von den Versicherungsgesellschaften bekämpfte Einführung der Stempelabgabe auf Prämien von Lebensversicherungen [16].
Der Bundesrat anerkannte in seiner Stellungnahme im Prinzip die Notwendigkeit eines Abbaus der Stempelabgaben. Von den über den Parlamentsbeschluss von 1990 hinausgehenden Anträgen akzeptierte er die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Fondsanteilen. Die angespannte Lage der Bundesfinanzen bewog ihn aber, den Verzicht auf die Stempelsteuer bei Umstrukturierungen und Sitzverlegungen abzulehnen. Ebenfalls aus Sorge um den Bundeshaushalt beantragte er, zur Kompensation der zu erwartende Einnahmenausfälle auch das Versicherungsgeschäft beizuziehen [17].
Bereits in der Herbstsession stimmte der Nationalrat der Vorlage zu. Dabei setzte sich die bürgerliche Mehrheit gegen die SP und die GP durch, welche angesichts der drohenden Löcher in der Bundeskasse grundsätzlich nicht bereit waren, einem Abbau der Finanzmarktsteuern ohne vollständige Kompensationen durch neue Einnahmen zuzustimmen. Kurz darauf verabschiedete auch der Ständerat die Revision mit 24 zu 4 Stimmen, ohne eine Kompensation der Ausfälle zuzulassen. Ein von der SP, der GP und einem Teil des LdU unterstützter Antrag Salvioni (fdp, TI), das Inkrafttreten aufzuschieben, bis neue Einnahmen gefunden seien, hatte keine Chance. Daraufhin beschloss der Parteivorstand der SP, gemeinsam mit dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund das Referendum gegen diesen Abbau der Stempelsteuern zu ergreifen [18].
 
[16] BBl, 1991, IV, S. 497 ff..Zur alten Vorlage siehe SPJ 1989, S. 102 f. und 1990, S. 110.
[17] BBl, 1991, IV, S. 521 ff.
[18] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 1717 ff. und 2040; Amtl. Bull. StR, 1991, S. 853 ff. und 923; BBl, 1991, IV, S. 1584 ff.; Presse vom 1.10. und 3.10.91. Referendum: Presse vom 7.10.91.