Année politique Suisse 1991 : Chronique générale / Finances publiques
 
Staatsrechnung 1991
Nach einer fünf Jahre dauernden Uberschussperiode der Bundesfinanzen schloss die Finanzrechnung des Bundes mit einem Defizit von 2,011 Mia Fr. ab; dabei handelte es sich um den nominal höchsten je registrierten Fehlbetrag. Nach Darstellung des Finanzdepartementes lag der Hauptgrund des Ungleichgewichts in einem während der Hochkonjunktur ungezügelten Ausgabenwachstum, dessen Zunahme um 12,5% auf 35,5 Mia Fr. im Jahre 1991 den seit 1961 höchsten Zuwachs in einem ungeraden Jahr darstellte. Als Folge davon stieg die Bundesstaatsquote von 10,1 % auf 10,8% an. Diesem enormen Ausgabendruck stand auf der Einnahmenseite eine Zunahme um lediglich 2,5% gegenüber. Die Anspruchsinflation kontrastierte ausserdem mit einem wachsenden Widerstand gegen Steuern und Abgaben; dazu haben auch die hohen Zinsen sowie die massive Teuerung die Gesundheit des Bundeshaushaltes untergraben. Auf der Einnahmenseite präsentierte sich ein uneinheitliches Bild: Einerseits wuchsen die Erträge aus der konjunkturempfindlichen Warenumsatzsteuer (WUSt), welche die wichtigste Einnahmequelle darstellt, gegenüber 1990 als Folge der Wirtschaftsabkühlung nur um 1,5% auf 10 Mia Fr., womit das Ziel um 700 Mio Fr. verfehlt wurde. Der Ertrag der Stempelabgaben von 1,93 Mia Fr. lag sogar mit 466 Mio um fast 20% unter dem Budgetziel. Für eine teilweise Kompensation sorgten die direkte Bundessteuer (+4,6% auf 6,85 Mia) und die Verrechnungssteuer (+3,9% auf 4,1 Mia Fr.). Die Treibstoffzölle brachten 3,2 Mia Fr. Erträge und lagen damit auch leicht über den Erwartungen. Die Eidgenössische Versicherungskasse konnte die Defizite seitens der Steuerträge noch lindern, da sie einen um 300 Mio Fr. höheren Uberschuss als budgetiert ausweisen konnte. Auf der Ausgabenseite waren alle Bereiche durch die enormen Nachtragskreditbegehren in der Höhe von 2,2 Mia betroffen [30].
Die neben der Finanzierungsseite auch die vermögensmässige Entwicklung berücksichtigende Erfolgsrechnung schloss mit dem höchsten jemals erzielten Aufwandüberschuss von 3122 Mio Fr. ab. Um diesen Betrag erhöht sich die Fehlbilanz des Bundes auf 20,594 Mia Fr. [31].
Dem Bundesrat gaben die Kreditnachträge zur Erfüllung seiner Aufgaben Anlass zu ernsthafter Besorgnis; insgesamt musste er dem Parlament Nachtragskredite in der Rekordhöhe von über 2,2 Mia Fr. zum Budget 1991 beantragen. Diese massive Kreditaufstockung..führte dazu, dass aus dem budgetierten Uberschuss von 73 Mio Fr. (laut Finanzrechnung) ein Defizit von 2 Mia Fr. entstand. Eine erste Tranche der Nachtragskredite in der Höhe von 1,1 Mia entfiel zu über 80% auf die Bereiche Landwirtschaft, 700-Jahr-Feier, Personalausgaben sowie auf die vom Parlament beschlossene Hilfsaktion zugunsten der von den wirtschaftlichen Boykottmassnahmen der UNO gegenüber dem Irak am stärksten betroffenen Länder [32].
Eine zweite Tranche von Nachtragskrediten, ebenfalls in der Höhe von über 1,1 Mia Fr., wurde wiederum an erster Stelle durch die Landwirtschaft beansprucht, aber auch die Bereiche Zinslast der steigenden Schulden, Asyl- und Sozialversicherungswesen, Exportrisikogarantie und Gewässerschutz erforderten zusätzliche Mittel. Das Parlament bewilligte auch diesen Nachtragskredit und nahm auf Antrag der Nationalratskommission lediglich im Bereich des Asylwesens eine Kürzung um 0,34 Mio Fr. vor [33].
 
[30] Botschaft zur Staatsrechnung 1991; Presse vom 13.2.92. Siehe dazu auch die Tabelle "Staatsrechnung 1991 und Voranschlag des Bundesrates für 1992".
[31] Botschaft zur Staatsrechnung 1991, S. 74 ff.; Presse vom 22.4.92.
[32] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 888 ff.; Amtl. Bull. StR, 1991, S. 540 ff.; BBl, 1991, II, S. 1565; NZZ, 2.5.91.
[33] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 2133 ff.; Amtl. Bull. StR, 1991, S. 983 f.; BBl, 1992, I, S. 26; Presse vom 31.10.91; NZZ, 28.11. und 3.12.91.