Année politique Suisse 1992 : Partis, associations et groupes d'interêt / Associations et autres groupes d'interêt
 
Andere Interessenorganisationen
Bei den Umweltschutzorganisationen löste der EWR-Vertrag sehr unterschiedliche Stellungnahmen aus. Es waren sich zwar alle einig, dass der EWR von der Schweiz eine Abschwächung gewisser Umweltschutzbestimmungen verlangt, und dass sowohl dieser Vertrag als auch die generelle Zielrichtung der EG-Politik ein weiteres Wirtschafts- und Verkehrswachstum begünstigen und entsprechend negative Konsequenzen für die Umwelt haben werden. Aufder anderen Seite wurde aber auch von vielen geltend gemacht, dass die Umweltzerstörung schlussendlich auf internationaler Ebene bekämpft werden muss, und deshalb ein aktives Mitmachen der Schweiz und der anderen umweltpolitisch fortschrittlichen Staaten der EFTA bei der europäischen Integration für die ökologische Situation des Kontinents positiv wäre. Der Bund für Naturschutz empfahl ein Nein zum EWR, der WWF, der VCS und die Naturfreunde enthielten sich der Stimme und die an Mitgliedern kleinste Organisation, die Schweizerische Gesellschaft für Umweltschutz, entschied sich für ein Ja [20].
In den Interessenorganisationen der Verkehrsteilnehmer sorgte die Volksabstimmung über die NEAT für einigen Konfliktstoff. Im ACS opponierten vor allem die Westschweizer Sektionen gegen dieses als zu teuer bezeichnete Bauwerk, das zu 25% aus Treibstoffzollgeldern finanziert werden soll. Angesichts dieser Stimmungslage beschlossen die Delegierten Stimmfreigabe. Auf gleiche Weise zog sich der Nutzfahrzeugverband ASTAG aus dem Dilemma. Beim Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) waren es vor allem die welschen Sektionen, welche sich gegen die fundamentalistischen Verkehrsgegner namentlich der Zürcher Sektion und gegen die direkt betroffenen Urner für die NEAT einsetzten. Mit einem recht deutlichen Ergebnis von 54:29 Stimmen behielten die Pragmatiker unter den Delegierten die Oberhand. Beim TCS bereitete der Entscheid zugunsten der Unterstützung der NEAT keine Probleme [21]. Der TCS entschied zudem mit einer deutlichen Mehrheit, das von der Auto-Partei, dem ACS, dem Centre patronal und der ASTAG lancierte Referendum gegen die Benzinzollerhöhung um 20 Rappen nicht zu unterstützen [22].
Unter dem Titel "Wohneigentum für alle" lancierte der Schweizerische Hauseigentümerverband erstmals in seiner Geschichte eine Volksinitiative. Diese verlangt namentlich eine Reduktion der Eigenmietwertbesteuerung und die steuerliche Begünstigung von Sparkapitalien, die für den Erwerb von selbstgenutztem Wohneigentum bestimmt sind [23]. Die Revision des bäuerlichen Bodenrechts lehnte der Hauseigentümerverband ab, unter anderem auch deshalb, weil seiner Ansicht nach das darin vorgesehene Vorkaufsrecht für Pächter ein gefährliches Präjudiz für die Beschränkung der freien Verfügung über das Grundeigentum darstellt [24].
Die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) konnte am 12. September in Anwesenheit des international bekannten Friedensforschers Johan Galtung ihr 10jähriges Bestehen feiern. Ihre erfolgreiche Kampagne für die Volksinitiative gegen die Beschaffung von neuen Kampfflugzeugen hatte sich auch sehr positiv auf den Mitgliederbestand ausgewirkt, der auf über 30 000 anstieg [25]. Auf ähnliche Weise profitierte die Aktion für eine unabhängige Schweiz (AUNS), welche den EWR-Vertrag vehement bekämpfte, von den Instrumenten der direkten Demokratie. Diese 1986 aus dem Abstimmungskomitee gegen den UNO-Beitritt hervorgegangene und heute von Nationalrat Blocher (svp, ZH) präsidierte Organisation konnte ihren Mitgliederbestand im Verlauf der Abstimmungskampagne gegen den EWR auf rund 16 000 verdoppeln [26].
 
[20] TA, 2.9.92; Bund, 25.9.92; WoZ, 13.11.92.
[21] ACS: NZZ und TA vom 13.6.92. ASTAG: NZZ und TA, 25.6.92. VCS: Presse vom 15.6.92; vgl. auch SPJ 1991, S. 359 f. TCS: NZZ, 20.6.92.
[22] Bund, 12.10.92 (TCS); TA, 26.10.92 (ACS); NZZ, 28.10.92.
[23] BZ, 27.4.92. Vgl. auch oben, Teil I, 6c (Wohnungs bau).
[24] NZZ, 29.6.92.
[25] NZZ, 11.9.92; TA, 12.9.92 (Interview mit A. Gross). Vgl. auch WoZ, 11.9.92.
[26] TA, 18.11.92 und 14.5.93 (Inserat der AUNS).