Année politique Suisse 1992 : Eléments du système politique / Problèmes politiques fondamentaux et conscience nationale / Grundsatzfragen
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Weltausstellungen
Der Schweizer Pavillon an der Weltausstellung 1992 in Sevilla, welcher unter anderem ein Kunstwerk von Ben Vautiers mit der Aufschrift "Suiza no existe" (Die Schweiz existiert nicht) zeigte, löste im Parlament eine Reihe von Vorstössen aus dem rechtsbürgerlichen und rechtsnationalistischen Lager – insbesondere Abgeordnete aus dem Kanton Aargau waren dabei vertreten – aus, in welchen der Bundesrat aufgefordert wurde, die Öffentlichkeit umfassend über die laut Interpellanten zum Teil schockierende Gestaltung des Schweizer Pavillons an der "Expo 92" in Sevilla zu informieren. Der Bundesrat wies in seiner Antwort darauf hin, dass schon die im Jahre 1990 vorgelegte und vom Parlament gutgeheissene Botschaft die Richtlinie enthalten hatte, die Schweiz auf eine unkonforme Art vorzustellen und den Schwerpunkt des Pavillons auf die Kultur zu legen. Anschliessend hatte der Bundesrat einen Vertrag mit der Gesellschaft Mustermesse Basel (neue Bezeichnung Messe Basel) als Generalunternehmerin zur Ausführung des Konzepts abgeschlossen. Diese wiederum überliess die künstlerische Ausgestaltung dem Musikprofessor Adolf Burkhardt, welcher unter anderem mit dem weltweit tätigen Ausstellungsmacher Harald Szeemann den Pavillon im Sinne einer kritischen und provokativen Kultur, geprägt von Antiklischees, gestaltete. Utopie, Visionen, aber auch Persiflage seien laut Bundesrat ebenfalls Elemente von Kulturschöpfung und -darstellung; die Auseinandersetzung mit derartiger Kultur sei konfliktträchtig, sie dürfe aber, wenn sie missverstanden wird, nicht einfach verteufelt werden. Als Mittel zu einem besseren Verständnis der verschiedenen Darstellungen schlug der Bundesrat eine vertiefte Erklärung und Begleitung im Pavillon vor [17].
Insgesamt war der Schweizer Pavillon mit dem vom Architekten Vincent Mangeat konzipierten Papierturm aus Recycling-Karton beim Publikum auf grosses Interesse gestossen. Auch das Rahmenprogramm, zu dem täglich vier Vorführungen im Theater gehörten, war ein Erfolg; nach Darstellung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stiess einzig die Literaturtagung auf wenig Gegenliebe. Die Besucherzahlen stiegen von zu Anfang 7000 Personen auf über 25 000 pro Tag; im Vergleich dazu erzielte der meistbesuchte spanische Pavillon einen Gesamttagesdurchschnitt von über 30 000 Besuchern. Die MUBA als Generalunternehmerin überzog allerdings den Kredit von insgesamt 27 Mio Fr. um 4,8 Mio, da die Bauteuerung höher als erwartet ausfiel und die Logiskosten für Personal und Künstler stark unterschätzt worden waren. Der Ständerat bewilligte mit 27 zu 3 Stimmen vorerst nur einen reduzierten Nachtragskredit von 3,428 Mio Fr. Nachdem der Nationalrat hingegen mit 73 zu 51 Stimmen den gesamten Nachtragskredit für die Weltausstellung gewährte, schwenkte der Ständerat auf den Beschluss des Nationalrats ein [18].
Auf Anfrage von Nationalrat Züger (sp, SZ), an wievielen der vier bis zum Jahr 2000 geplanten Weltausstellungen die Schweiz teilnehmen werde, antwortete Bundespräsident Felber, die Teilnahme der Schweiz sei vorerst nur für die Spezial-Weltausstellung in Taejon (Südkorea) vorgesehen, welche von August bis November 1993 stattfinden wird. Im übrigen handle es sich nur bei der geplanten Weltausstellung von Hannover im Jahre 2000 um eine grössenmässig mit der Expo Sevilla vergleichbare Ausstellung, alle andern seien sogenannte Spezial-Ausstellungen und mit weniger finanziellem Aufwand verbunden. Der Bundesrat hat für die Expo in Taejon einen Verpflichtungskredit von 3,6 Mio Fr. beantragt. Neben den wirtschaftlichen und touristischen Interessen, welche für eine Teilnahme an dieser Ausstellung sprechen, betonte der Bundesrat in seiner Botschaft auch die politische Öffnung Südkoreas und die Entspannungsbestrebungen mit Nordkorea, welche eine Unterstützung schweizerischerseits verdienten. Nachdem die Schweiz im übrigen 1990 an der Spezial-Weltausstellung in Osaka (Japan) teilgenommen hatte, wollte der Bundesrat vermeiden, durch einen Verzicht zum Vorwurf einer Benachteiligung Südkoreas gegenüber Japan Anlass zu bieten. Das Konzept für den schweizerischen Beitrag zur Spezial-Weltausstellung Taejon, deren Thema "Die Herausforderung neuer Entwicklungsmöglichkeiten" lautet, ist, im Gegensatz zu jenem der Expo 92 in Sevilla, auf traditionelle Art und Weise gestaltet worden. Praktisch diskussionslos hiess das Parlament den bundesrätlichen Entwurf gut [19].
 
[17] Amtl. Bull. NR, 1992, S. 883 ff. und 1285 f.; Amtl. Bull. StR, 1992, S. 480 ff.; Presse vom 10.6.92. Interview mit H. Szeemann in TA, 15.4.92.
[18] Allgemeines zum Schweizer Pavillon: TA, 5.10.92; Blick, 20.8.92. Nachtragskredit: Amtl. Bull. NR, 1992, S. 2467 ff.; Amtl. Bull. StR, 1992, S. 1087 ff. und 1256.
[19] BBl, 1992, V, S. 505 ff.; Amtl. Bull. NR, 1992, S. 1765 und 1781 f.; Amtl. Bull. StR, 1992, S. 1002 f.; BBl, 1992, VI, S. 144.