Année politique Suisse 1992 : Enseignement, culture et médias / Médias / Radio und Fernsehen
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Verordnung zum Radio- und Fernsehgesetz (RTVG)
Der Bundesrat hat die Verordnung zum RTVG, welches auf den 1. April in Kraft getreten ist, kurz vorher verabschiedet. Aufgrund dieses neuen Vollzugsinstruments (RTVV) kann das Schweizer Fernsehen statt wie bisher während 28 Minuten neu während 8% der täglichen Sendezeit, was ungefähr 50 Minuten entspricht, Werbung ausstrahlen. Diese Regelung wurde vom Bundesrat mit Rücksicht auf die Printmedien, welche durch die Einbussen der Inseratenerträge in Folge der Rezession ohnehin schon in Schwierigkeiten geraten sind, getroffen; in Angleichung an europäische Normen waren ursprünglich für die SRG ein Anteil von 15% Werbung vorgesehen [27].
Einige Sozial- und Präventivmediziner äusserten sich beunruhigt über die teilweise Liberalisierung der Werbung für Medikamente. Obwóhl das RTVG Werbung für Medikamente an Radio und Fernsehen verbietet, erlaubt die neue Verordnung Werbespots für sogenannte risikoarme, freiverkäufliche Medikamente [28]. Verkaufssendungen wie Teleshopping sind jetzt erlaubt, jedoch höchstens während einer Stunde pro Tag. Das bisher geltende Verbot der Sonntagswerbung wurde aufgehoben; ausgenommen davon sind nur sechs Feiertage. Neu ist auch die Zulassung des Sponsoring von Sendungen; dabei müssen die Sponsoren am Anfang und am Ende der Sendung als solche kenntlich gemacht werden. Alle bisherigen Veranstalter sollen in den Genuss der neuen Regelung kommen, müssen jedoch eine neue Konzession beantragen [29].
Der Bundesrat hat im übrigen gleichzeitig mit den auf den 1. Februar 1993 in Kraft tretenden Gebührenerhöhungen der vorzeitigen Einführung des Gebührensplittings zugestimmt; gemäss der neuen Verordnung sollen lokale Veranstalter einen Anteil der SRG-Gebühren in der Höhe von maximal einem Viertel ihrer Betriebskosten erhalten, sofern ihr Versorgungsgebiet weniger als 150 000 Einwohner ab 15 Jahren zählt und damit keine ausreichenden Finanzierungsmöglichkeiten vorhanden sind; gleichzeitig muss das Programm einen hohen Anteil von Eigenleistungen aufweisen und von besonderem öffentlichem Interesse sein [30].
Im Rahmen der Anpassung des neuen RTVG an die Erfordernisse des EWR-Vertrages (Eurolex-Vorlage) wurden nur wenige Anderungen eher formalen Charakters vorgenommen, weil dieses Gesetz schon eurokompatibel gestaltet worden war. Die wichtigste – infolge der Ablehnung des EWR-Vertrags aber nicht in Kraft getretene – Neuerung hätte in der Möglichkeit bestanden, eine Veranstalter-Konzession auch Bewerbern erteilen zu können, die von Personen aus EWR-Staaten beherrscht werden [31].
Das EVED bewilligte die Einspeisung von 16 digitalen Radioprogrammen und vier neuen Satellitenfernsehprogrammen (je ein luxemburgisches, türkisches und britisch-arabisches Programm sowie den niederländischen Informatiksender " Computer Europe Channel") in die Kabelnetze. Mit Inkrafttreten des neuen RTVG ab dem 1. April wurde die Bewilligungspflicht für die Einspeisung von ausländischen Satellitenprogrammen in Kabelnetze abgeschafft [32].
 
[27] Schätzungen gehen davon aus, dass die TV-Werbung zusätzlich 20 Mio Fr. an Werbegeldern vom Print-Bereich abzweigen wird; siehe dazu LNN, 14.8.92.
[28] LNN, 18.4.92. Vgl. auch die im Dezember 1991 eingereichte Interpellation Zwygart (evp, BE) in Verbandl. B. vers., 1992, VI, S. 131. Siehe auch oben. Teil I, 7b (Gesundheitspolitik).
[29] 1992. S. 601 ff. und 680 ff.; Presse vom 17.3.92. Vgl. SPJ 1991,S. 286 f. Auf europäischer Ebene hat das Fernsehen erstmalig die Printmedien an Inserateeinnahmen übertroffen. Anteile der elektronischen Medien an der gesamten Werbung im europäischen Vergleich: Deutschland 16%, Frankreich 33%, Italien 55% (JdG, 3.2.92). Zum Sponsoring siehe auch wf, Radio-TV-Spiegel, 1992, Nr. 14 und 42.
[30] NZZ und SGT, 19.1 1.92.
[31] Amtl. Bull. NR, 1992, S. 1972 ff., 2218 ff. und 2229; Amtl. Bull. StR, 1992, S. 658 f., 1070 und 1077.
[32] BBl, 1992, II, S. 619 f.; SGT, 18.3.92.