Année politique Suisse 1993 : Economie / Crédit et monnaie
Banken
Die gesamte Bilanzsumme der in der Statistik der Nationalbank erfassten Banken stieg wieder stärker an und lag zu Jahresende um 6% über dem Vorjahreswert. Die anhaltende Rezession führte zu einer praktischen Stagnation bei den Kreditvergaben (+1%), während der Zufluss an Publikumsgeldern stärker zunahm
[6].
Der
Konzentrationsprozess im Bankensektor setzte sich auch im Berichtsjahr fort. Herausragendes Ereignis in diesem Bereich war die Übernahme der in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckenden fünftgrössten Bank, der Schweizerischen Volksbank, durch die Holdinggesellschaft der Kreditanstalt, der CS Holding. Gegen Jahresende übernahm der Schweizerische Bankverein die zweitgrösste Regionalbank der Schweiz, die Seeland Bank, welche vor zwei Jahren aus dem Zusammenschluss von acht kleineren Banken entstanden war
[7]. Die drittgrösste Regionalbank, die Banque Vaudoise de Crédit, steckte in ernsthaften wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Sie konnte nur dank Hilfsaktionen verschiedener Banken unter Mitwirkung des Kantons Waadt vor dem Zusammenbruch gerettet werden; später wurde sie von der Waadtländer Kantonalbank übernommen
[8].
Die Diskussion um die
Stellung der Kantonalbanken, welche im Vorjahr so richtig eingesetzt hatte, zeigte erste gesetzgeberische Auswirkungen. Im Rahmen der im Berichtsjahr noch nicht fertig beratenen Revision des Bankengesetzes (siehe unten), beschloss das Parlament, dass sich Kantonalbanken einer externen Revision unterziehen müssen und sie sich der Aufsicht der eidgenössischen Bankenkommission unterstellen können
[9].
Die im Rahmen der Eurolex beschlossene Revision des Bankengesetzes wurde vom Bundesrat in Rahmen der
Swisslex erneut vorgelegt. Insbesondere ging es dabei um die Erleichterung der Gründung ausländischerBankfilialen in der Schweiz und um die Übertragung der Bankenaufsicht an die Behörden des Stammsitzes dieser Filialen. Eine weitere wesentliche Neuerung betraf die Gleichstellung von Ausländern und Schweizern bei Bankgründungen und -übernahmen. Diese Öffnung soll allerdings nur gegenüber Staaten vorgenommen werden, die Gegenrecht gewähren
[10].
Während der Vorberatung durch die ständerätliche Kommission wurde von der Bankiervereinigung und der Bankenkommission angeregt, dass im Rahmen dieser Revision
auch die Kantonalbanken der Aufsicht durch die Bankenkommission zu unterstellen seien. In einer kurzen Vernehmlassung sprachen sich nur die SP, die GPS und der LdU für eine obligatorische Unterstellung aus; die bürgerlichen Parteien und die Mehrheit der Kantonalbanken waren aus föderalistischen Gründen dagegen. Das EFD schlug schliesslich eine fakultative Unterstellung vor und beantragte zudem die Aufnahme der von der Bankenkommission gewünschten Bestimmung, dass auch die Kantonalbanken die Revision durch eine externe Stelle durchführen lassen müssen
[11].
Im Ständerat machte Kommissionssprecher Jagmetti (fdp, ZH) darauf aufmerksam, dass eine Harmonisierung des schweizerischen Bankenrechts mit den Vorschriften der EU vor allem im Hinblick auf die Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz im internationalen Wettbewerb erforderlich sei. In bezug auf die ausländischen Bankniederlassungen stimmte der Rat den Regierungsanträgen zu. Er übertrug aber die Kompetenz zum Abschluss von bilateralen Abkommen über die Bankenaufsicht durch ausländische Organe und den Informationsaustausch zwischen den Aufsichtsbehörden vom Bundesrat auf das Parlament.
Der Rat beschloss im weiteren, dass sich in Zukunft auch die Kantonalbanken der Prüfung durch eine externe Revisionsstelle werden unterziehen müssen, und dass die Kantone die bankengesetzliche Aufsicht über ihre Kantonalbanken vollumfänglich an die Eidgenössische Bankenkommission übertragen können. Mit knappem Mehr nahm der Rat dann einen Antrag Zimmerli (svp, BE) an, der zulassen wollte, dass Kantonalbanken auch dann zu dieser Kategorie gehören, wenn die Staatsgarantie sich nur noch auf einen Teil der Bankgeschäfte (Sparhefte und Kassenobligationen) erstreckt. Damit sollte gemäss dem Antragsteller die Voraussetzung für eine schrittweise Privatisierung der Kantonalbanken geschaffen werden
[12].
Diese letzte Bestimmung fand im
Nationalrat keine Unterstützung. Er strich sie mit der Begründung, dass die Zukunft der Kantonalbanken und die damit verbundene Gesetzgebung grundsätzlich überdacht werden müssen. Sonst schloss er sich weitgehend dem Ständerat an. Abweichend von der kleinen Kammer stimmte er allerdings einem Antrag Poncet (lp, GE) zu, der vorsieht, dass die von Aufsichtsbehörden auf dem Amtsweg erhaltenen Informationen nur dann an ausländische Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet werden dürfen, wenn ein internationales Rechtshilfeverfahren rechtsgültig abgeschlossen worden ist. Dieser Beschluss stiess vor allem bei der SP auf heftigen Widerstand. Ihre Vertreter warfen der bürgerlichen Mehrheit vor, damit die Einrichtung von Banken, welche für kriminelle Organisationen arbeiten, zu erleichtern. Von Seiten der Nationalbank wurde der Beschluss ebenfalls kritisiert, da er einen Rückschritt hinter bestehende Regelungen darstelle und längerfristig das Ansehen des Finanzplatzes Schweiz gefährden würde
[13].
Die grosse Bedeutung der Arbeit der
Eidgenössischen Bankenkommission für das Funktionieren, aber auch für das Ansehen des Finanz- und Bankenplatzes Schweiz veranlasste Ständerat Zimmerli (svp, BE), mit einer parlamentarischen Initiative eine
politische Oberaufsicht über dieses Gremium zu fordern. Dabei sollte die Unabhängigkeit der Bankenkommission von Regierung und Nationalbank erhalten bleiben. Das Aufsichtsorgan, welches Zimmerli aus Vertretern der beiden Parlamentskammern bilden möchte, hätte die Arbeit der Bankenkommission zu begleiten und nötigenfalls auch politisch zu stützen. Gegen den Antrag ihrer WAK gab die kleine Kammer der Initiative Folge
[14].
Im
Nationalrat, der sich als Erstrat mit der
Totalrevision des Gesetzes über Anlagefonds befasste, war Eintreten auf die Vorlage unbestritten. In der Detailberatung wurden einige teils redaktionelle, teils technische Anderungen am Entwurf des Bundesrates vorgenommen
[15]. Im Anschluss an diese Beratungen stimmte der Nationalrat mit knappem Mehr einer von der SP und der GP bekämpften Motion seiner Kommission zu, welche verlangt, dass die Attraktivität der Schweiz als Standort für Anlagefonds auch mit fiskalischen Massnahmen zu fördern sei. Insbesondere sei die Verrechnungssteuer an die viel tieferen resp. nicht vorhandenen Quellensteuern in den Staaten der EU anzupassen
[16].
Zur Geldwäscherei und zu den ergänzenden Massnahmen zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens siehe oben, Teil I, 1b (Strafrecht).
[6] SNB, Geschäftsbericht, 86/1993, S. 46 ff.
[7] Volksbank: Presse vom 7.1., 8.1. und 10.2.93. Zur Geschichte dieser ursprünglich als Genossenschaft organisierten Bank siehe H.C. Peyer in NZZ, 9.2.93. Seeland Bank: Bund und NZZ, 16.11. und 24.12.93. Zum Konzentrationsprozess vgl. auch NZZ, 9.3.93 sowie Presse vom 7.4., 26.6. und 22.7.93.
[8] Presse vom 9.11.-15.11.93 und 7.12.93.
[9] SNB, Geschäftsbericht, 86/1993, S. 50. Siehe dazu auch SPJ 1992, S. 118 sowie unten, Teil II, 2d. Vgl. aus der Sicht der Kantonalbanken auch C. Mati in Die Volkswirtschaft, 66/1993, Nr. 5, S. 31 ff. Vgl. auch Lit. Gerber.
[10] BBl, 1993, I, S. 876 ff. Vgl. SPJ 1992, S. 119.
[11] BBl, 1994, I, S. 85 ff.; BZ, 25.4.93; BaZ, 8.6.93; Bund, 3.7.93. Vgl. dazu auch Amtl. Bull. NR, 1993, S. 655 sowie SNB, Geschäftsbericht, 86/1993, S. 51 f.
[12] Amtl. Bull. StR, 1993, S. 762 ff. Der Antrag Zimmerlis entsprach in seinen Zielen einer vom bernischen Grossen Rat im September verabschiedeten Motion für eine Standesinitiative (Bund, 4.6., 7.9. und 8.10.93).
[13] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 2491 ff.; BaZ, 22.12.93.
[14] Amtl. Bull. StR, 1993, S. 194 ff. Zur neuen Gesetzgebung über den Konsumkredit siehe oben, Teil I, 4a (Konsumentenschutz).
[15] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 2449 ff. Vgl. SPJ 1992, S. 119.
[16] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 2463 ff.
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