Année politique Suisse 1993 : Chronique générale / Finances publiques
Direkte Steuern
Die
Volksinitiative zur Abschaffung der direkten Bundessteuer, welche im Februar 1992 von einem rechtsbürgerlichen Komitee lanciert worden war, kam im Berichtsjahr
zustande. Mit Abstand am meisten Unterschriften steuerte der Kanton Zürich bei, gefolgt vom Kanton Waadt
[16].
In Anlehnung an die Begehren des Initiativkomitees zur Aufhebung der direkten Bundessteuer forderte die Vereinigung privater Aktiengesellschaften (VPAG) Steuerentlastungen für die Unternehmen. In einem "Manifest zur Steuerreform" verlangte die Vereinigung, welche über 1400 Aktiengesellschaften vertritt, hauptsächlich drei steuerliche Massnahmen zur Erhaltung der Attraktivität des Werk- und Finanzplatzes Schweiz: Die Milderung oder Abschaffung der Doppelbesteuerung der Unternehmen in Form des Unternehmensgewinns und der Aktionärsdividende, eine Reduktion der Emissionsabgaben und eine Milderung der Erbschaftssteuern bei einer Unternehmensnachfolge
[17].
Das 1990 verabschiedete
Bundesgesetz zur Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) ist auf den ersten Januar des Berichtsjahres
in Kraft getreten. Den Kantonen bleibt eine Frist von acht Jahren, um die neuen Bestimmungen umzusetzen
[18]. Eine Motion der freisinnigen Fraktion ersuchte den Bundesrat, die Anpassungsfrist im StHG derart zu ändern, dass der Steueraufschub bei der Grundstückgewinnsteuer im Falle der Ersatzbeschaffung selbstgenutzten Wohneigentums spätestens auf den 1. Januar 1996 in Kraft tritt
[19].
Eine Untersuchung der eidgenössischen Steuerverwaltung, welche die Steuerbelastung im Jahre 1992 in 728 Gemeinden analysiert hatte, bestätigte die schon in früheren Jahren festgestellten
Belastungsunterschiede bei gewissen Kategorien von Steuersubjekten. Nach wie vor bleibt die Stadt Zug für diverse Steuerkategorien der attraktivste Ort, während Brienz und Lauterbrunnen im Berner Oberland, Trogen (AR), Silenen (UR) sowie Le Locle (NE) am schlechtesten abschneiden. Verheiratete Rentner mit einem Bruttoeinkommen von 50 000 Fr. werden in den Genfer Gemeinden Collonges und Cologny nur mit 2,4% belastet, während die Belastung in Brienz oder Lauterbrunnen mit 14,3% ihres Einkommens zu Buche schlägt
[20]. Im übrigen sank die durchschnittliche Steuerbelastung 1992 gegenüber dem Jahr 1990 in allen Einkommenskategorien, während in den meisten Kantonen und Städten die Defizite stark anwuchsen
[21].
Der Ständerat stimmte einer Motion Delalay (cvp, VS) für eine
Steueramnestie mit 22 zu 10 Stimmen zu. Zwei gleichlautende Standesinitiativen der Kantone Wallis und Jura wurden deshalb abgeschrieben. Die Befürworter versprechen sich von der Amnestie wie in den Jahren 1945 und 1969 mehrere Milliarden zusätzliche Steuereinnahmen. Auch die nationalrätliche Kommission für Rechtsfragen hat sich, allerdings nur ganz knapp, für die Steueramnestie ausgesprochen. Sie reichte aber auch eine Motion ein, die vom Bundesrat Vorschläge für eine wirksamere Bekämpfung der Steuerhinterziehung fordert
[22].
Im Streit zwischen Parlament und Regierung um die Interpretation der Besteuerung von
Kapitalerträgen aus Lebensversicherungen mit Einmaleinlage, welche im Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) geregelt ist, beharrte der Bundesrat in seiner Botschaft zur Änderung des DBG auf seiner bisherigen Auslegung. Demnach müssen die zwei entscheidenden Bedingungen, eine Versicherungsdauer von mindestens zehn Jahren und ein Mindestalter der versicherten Person von sechzig Jahren, kumulativ erfüllt sein, um von der Steuerbefreiung zu profitieren. Diese Bedingungen sollen garantieren, dass die Versicherungsleistung eindeutig der Altersvorsorge dient. Im übrigen müsse das Prinzip der Gleichbehandlung in bezug auf das Versicherungs- und das Banksparen gewährt werden. Der Nationalrat folgte der Argumentation von Regierung und Kommission und änderte das DBG — bevor es überhaupt in Kraft treten konnte — im Sinne der kumulativen Interpretation. Für die Übergangsregelung wurde der Antrag Strahm (sp, BE), welcher vorsah, dass alle vor Ende 1993 abgeschlossenen Verträge bis Ende 1995 steuerfrei aufgelöst werden können, mit grosser Mehrheit gutgeheissen
[23].
Der Nationalrat überwies mit knappem Mehr die im Oktober 1991 eingereichte Standesinitiative des Kantons Aargau zur Ergänzung des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer, welche verlangt, dass die von den Kantonen festgesetzten
Eigenmietwerte bei der Berechnung der direkten Bundessteuer zu übernehmen sind, soweit sie mindestens den halben Marktwert umfassen. Indem das Parlament bei der Beratung des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG) darauf verzichtete, die Festsetzung des Eigenmietwertes zum Marktwert vorzuschreiben, und stattdessen die Formel der "Berücksichtigung der ortsüblichen Verhältnisse" wählte, zielte es laut Begründung der Initianten auf die Übernahme der kantonalen,Eigenmietwerte ab. Ohne eine derartige Ubernahme würden sich in zahlreichen Kantonen zwei verschiedene Werte für die Berechnung der kantonalen und eidgenössischen Steuererklärung ergeben. Da aber die direkte Bundessteuer auch von den kantonalen Steuerverwaltungen veranlagt und bezogen wird, würde sich dadurch ein erheblicher Verwaltungsmehraufwand ergeben
[24]. Eine parlamentarische Initiative Aguet (sp, VD), welche auf die gleiche steuerliche Belastung von Eigenheimbesitzern und Mietern abzielte, lehnte die grosse Kammer ab
[25].
Die Grüne Partei verzichtete entgegen ihren früheren Ankündigungen darauf, eine Initiative zur
ökologischen Steuerreform zu lancieren. Das Projekt sah vor, die Lohnabzüge für alle Formen der Sozialver sicherungen schrittweise durch eine Energiesteuer zu ersetzen
[26].
Der Nationalrat hiess die 1992 eingereichte parlamentarische Initiative Reimann (svp, AG), welche eine
marktkonforme Verzinsung der Verrechnungssteuern verlangte, mit 79 zu 62 Stimmen gut. Demnach sollen natürlichen und juristischen Personen mit Wohn- resp. Geschäftssitz in der Schweiz im Kalenderjahr, in welchen ein Rückerstattungsantrag gestellt wurde, die Verrechnungssteuern auch marktgerecht verzinst werden. Der Bundeskasse würden dadurch Einnahmenausfälle in der Höhe von 150 bis 400 Mio Fr. entstehen. Eine Kommission erhielt den Auftrag, bis spätestens im Frühling 1995 einen Bericht und Antrag zu diesem Geschäft auszuarbeiten
[27]. Der Nationalrat überwies eine Motion seiner Kommission für Rechtsfragen, die den Bundesrat beauftragt, die Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität des schweizerischen Finanzplatzes im Bereich der Anlagefonds durch fiskalische Massnahmen zu stärken, nur als Postulat. Das Begehren, welches von links-grüner Seite angefochten wurde, schlug insbesondere eine EU-kompatible Ausgestaltung der Verrechnungssteuer vor
[28].
[16] BBl, 1993, IV, S. 272 ff.; Presse vom 4.8.93. Vgl. auch SPJ 1992, S. 137.
[18] NZZ, 29.1.93; vgl. auch SPJ 1990, S. 134 sowie Lit. Archiv.
[19] Verhandl. B.vers., 1993, V, S. 54.
[20] Presse vom 26.5.93. Vgl. auch wf, Dok., 6.9.93 und Lit. Eidg. Steuerverwaltung.
[22] Amtl. Bull. StR, 1993, S. 3 ff.; NZZ, 25.11.93 und Verhandl. B.vers., 1993, V, S. 60. (NR-Kommission). Eine im NR eingereichte Motion Dettling (fdp, SZ) formuliert dasselbe Begehren (Verhandl. B.vers., 1993, V, S. 77).
[23] BBl, 1993, I, S. 1196 ff.; Amtl. Bull. NR, 1993, S. 2437 ff. Vgl. auch wf, Dok., 14.6.93 und SPJ 1992, S. 138.
[24] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1354 ff. Vgl. auch SPJ 1992, S. 179 f.
[25] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 1351 ff.
[26] SGT, 16.7.93; WoZ, 3.9.93. Siehe auch wf, Dok., 23.8.93 und unten, Teil I, 6a (Politique énergétique).
[27] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 549 ff.
[28] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 2463 ff.
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