Année politique Suisse 1993 : Chronique générale / Finances publiques
Voranschlag 1994
Der Bundesrat unterbreitete das
mit 7,1 Mia Fr. höchste je registrierte Budgetdefizit der Finanzrechnung für 1994 den eidgenössischen Räten. In der Erfolgsrechnung sah das Budget einen Aufwandüberschuss von 6,3 Mia Fr. vor. Im Vergleich zum Vorjahr erwartete der Bundesrat ein Anwachsen der Ausgaben um 8,9%, während sich die Einnahmen um 1,3% verringern. Das budgetierte Defizit lag somit erstmals in der Nachkriegsgeschichte über den Investitionsausgaben des Bundes. Gründe für das enorme Auseinanderklaffen von Einnahmen und Ausgaben waren unter anderem in den stark angestiegenen Leistungen an die Arbeitslosenversicherung sowie im massiven, konjunkturbedingten Rückgang bei den Erträgen der Warenumsatzsteuer auszumachen
[36].
Die
Finanzkommission des Ständerates beschloss ein 5-Punkte-Programm zur Verringerung des Ausgabenüberschusses. Unter anderem sollte das Ausgabenwachstum unter Ausklammerung der Leistungen an die Arbeitslosenkasse und des Beschäftigungsprogramms im Bausektor auf das Wachstum des nominalen Bruttoinlandprodukts (BIP) von 3,5% gesenkt werden, was einen Abstrich von rund 700 Mio Fr. bedeuten würde. Diese kurz- und mittelfristigen Einsparungen sollten bei den Betriebsausgaben unter Einschluss des Personalbereichs realisiert werden, weil rund 85% der Bundesausgaben gesetzlich gebunden sind und folglich der Handlungsspielraum in anderen Bereichen sehr eng ist. Die Kommission behielt sich auch vor, dem Ständerat die Rückweisung des Budgets zu empfehlen, falls die angestrebten Einsparungen nicht gelingen sollten
[37]. Die Nationalratskommission ging noch weiter und verlangte Einsparungen in der Höhe von 900 Mio Fr. im Budget, was der Bundesrat jedoch nicht für realistisch hielt
[38].
Er schlug daraufhin Kürzungen von 624 Mio Fr. vor, korrigierte jedoch gleichzeitig die Einnahmenprognosen um rund 570 Mio Fr. nach unten.
Alle Departemente sowie die Bundeskanzlei waren von den Kürzungsvorschlägen betroffen, am stärksten das Finanzdepartement mit rund 177 Mio, gefolgt vom Militärdepartement mit 125 Mio Fr. Grosse Einsparungen nahm die Regierung aber auch beim Verkehr, bei der Entwicklungs- und Osteuropahilfe, bei Bildung und Forschung, Landwirtschaft sowie im Asylwesen vor. Die Reduktion des Teuerungsausgleichs des Bundespersonals von geschätzten 2,5 auf 1,7% mittels dringlichem Bundesbeschluss sollte Einsparungen von rund 200 Mio Fr. (inkl. Regiebetriebe) erbringen. Als grösster Posten unter den Sparmassnahmen war der reduzierte Teuerungsausgleich auch am stärksten umstritten
[39]. Die kleine Kammer akzeptierte daraufhin das revidierte Budget, welches noch ein Defizit von 7,03 Mia Fr. vorsah, mit 31 zu 2 Stimmen
[40]. Der Nationalrat verabschiedete das Budget mit einem Fehlbetrag von 6,96 Mia Fr. mit 130 zu 29 Stimmen bei sechs Enthaltungen
[41].
Im
Differenzbereinigungsverfahren hielt zuerst der Ständerat an 26 früheren Beschlüssen fest, schwenkte bei knapp zwanzig Detailfragen jedoch auf die Beschlüsse der grossen Kammer ein. Insbesondere beim Budgetposten Öffentlichkeitsarbeit des BUWAL sowie bei der Kürzung des Kredits für die Schweizerschulen im Ausland waren sich die beiden Räte uneinig. Das grosszügige Entgegenkommen des Ständerates wurde am Ende vom Nationalrat honoriert. Das bereinigte Budget sah mit 42,583 Mia Fr. einen Aufwandüberschuss von 6,97 Mia Fr. vor. Im Vergleich zum Vorjahresbudget stand der Ausgabenzuwachs von 7,2% einem Einnahmenrückgang von 2,8% gegenüber
[42].
Angesichts der prekären Finanzsituation präsentierte der Bundesrat ein
zweites Sparprogramm unter dem Titel Sanierungsmassnahmen 1993 des Bundeshaushaltes, welches eine Arbeitsgruppe, zusammengesetzt aus den kantonalen Finanzdirektoren und Vertretern der Finanzverwaltung, ausgearbeitet hatte. Dieses sah, in seiner überarbeiteten Fassung, bis 1997 jährliche Einsparungen von rund 1,5 Mia Fr. gegenüber dem geplanten Ausgabenwachstum vor. Ursprünglich vorgesehene Abstriche im Sozialversicherungsbereich reduzierte der Bundesrat nach heftiger Kritik in der Öffentlichkeit auf ein Minimum
[43]. Ohne Gegensteuer in der Ausgabenpolitik müssten andernfalls gemäss Finanzminister Stich in den Jahren 1995 bis 1997 Finanzierungslücken von 8 bis 10 Mia Fr. hingenommen werden. Die Gesundung der Bundesfinanzen müsse deshalb schrittweise erfolgen, wobei der strukturelle Teil der Fehlbeträge spürbar zu reduzieren sei. Das Sanierungsprogramm des Bundesrates sieht rund 20 Änderungen mittels eines Bundesgesetzes und eines Beschlusses vor sowie die Revision eines Verfassungsartikels. Auf Verfassungsstufe muss die Streichung der aus den Getreideimportzöllen gespiesenen Preisreduktion für Brot und Getreide erfolgen. Mittels eines Bundesgesetzes einerseits sollen elf gezielte referendumspflichtige Sparvorschläge in die Tat umgesetzt werden. Andererseits legte die Regierung dem Parlament einen Bundesbeschluss mit drei nicht referendumspflichtigen Vorschlägen vor. Diese Änderungen sollen Einsparungen bei den Subventionen im Gewässerschutz, bei den Gewässerkorrektionen und bei den Anlagen zur Sondermüllverbrennung bringen. Ebenso sollen durch die Aufhebung der freiwilligen AHV/IV-Versicherung für Auslandschweizer über 40 Mio Fr. eingespart werden. Weitere Einschränkungen beziehungsweise Streichungen betreffen unter anderem die Bereiche Invalidenversicherung, Investitions- resp. Subventionsbeiträge an die Landwirtschaft, Vergünstigungen beim Benzinzoll, Beiträge an Hochschulkantone, amtliche Vermessung sowie Umstrukturierungen bei den Zollkreisen. Trotz diesen Einsparungen von 750 Mio bis 3 Mia Fr. zwischen den Jahren 1994 und 1997 prognostizierte der Bundesrat noch jährliche Defizite von 2 bis 3 Mia Fr.
[44].
Parallel zum Budget 1994 berieten die Räte die Sanierungsmassnahmen. Der Nationalrat wies die Streichung der freiwilligen AHV/IV-Versicherungen für Auslandschweizer zurück. Im Bereich der Treibstoffzollrückerstattung stimmte er für den Antrag Marti (sp, GL), welcher eine Ausnahmeregelung für die konzessionierten Transportunternehmungen (KTU) verlangte. Die grosse Kammer überwies auch eine Motion des Ständerats zur Bremsung des Ausgabenwachstums mit 84 zu 34 Stimmen. Diese
Ausgabenbremse sieht vor, dass Bundesbeschlüsse, welche einmalige Ausgaben von 20 Mio Fr. oder wiederkehrende Zahlungen von 2 Mio Fr. zur Folge haben, nur in Kraft treten können, wenn mindestens 101 Nationalratsmitglieder zustimmen. Der Ständerat konnte die Sanierungsmassnahmen im Berichtsjahr noch nicht fertig behandeln
[45].
Für die Erarbeitung des Finanzplans 1995-1997 hatte der Bundesrat schon das zweite Sanierungsprogramm miteinbezogen, jedoch die Mehrerträge aus der Mehrwertsteuer noch nicht berücksichtigt. Dieser sieht Fehlbeträge zwischen 6,5 und 7,6 Mia Fr. vor.
Die erwartete massive und anhaltende Verschlechterung der Bundesfinanzlage bis 1997 wurde vom Bundesrat auf die rezessionsbedingt stark gesunkenen Einnahmen und weniger auf die nachlässige Ausgabendisziplin zurückgeführt. Die erwartete Staatsquote soll allerdings bis 1997 12,2% nicht überschreiten
[46].
[36] Botschaft zum Voranschlag 1994 und Bericht zum Finanzplan 1995-97; Hebdo, 2.9.93; Presse vom 22.10.93; NQ, 29.10.93.
[37] Presse vom 13.10.93.
[38] Presse vom 16.10. und 22.10.93.
[39] BBl, 1993, IV, S. 249 ff.; Presse vom 2.11.93 (Kürzungsvorschläge). Zum Teuerungsausgleich siehe oben, Teil I, 1c (Verwaltung).
[40] Amtl. Bull. StR, 1993, S. 805 ff. und 857.
[41] BBl, 1993, IV, S. 565; Amtl. Bull. NR, 1993, S. 2212 f., 2226 ff., 2254 ff. und 2378 ff.; Hebdo, 23.12.93.
[42] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 2400 f.; Amtl. Bull. StR, 1993, S. 1015 ff. und 1067 ff.; BBl, 1993, IV, S. 605 f. Vgl. auch wf, Dok., 15.11.93 und Lit. Witschard.
[43] NQ, 21.5.93; TA, 28.5. und 2.7.93.
[44] BBl, 1993, IV, S. 293 ff.; Presse vom 22.10.93.
[45] Amtl. Bull. NR, 1993, S. 2361 ff., 2386 ff., 2401 ff. und 2411 ff.
[46] Botschaft zum Voranschlag 1994 und Bericht zum Finanzplan 1995-1997, S. 105 ff. Siehe auch wf, Dok., 29.11.93.
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